Die Segel von Tau-Ceti
Bildschirm. Dort, etwas außerhalb der Bildschirmmitte, lag ein rotierender Zylinder. Erst beim Blick auf die kleinen Schiffe, die ein Ende umschwärmten, wurde die Größenordnung des Dings offenbar.
Elysium Station war eins der ältesten Weltraumhabitate der Menschheit. Es war als Machbarkeitsstudie für die erste Lagrange-Kolonie gebaut worden, und die Station blickte auf eine bewegte Geschichte zurück. An diesem Ort hatte die Vertragsunterzeichnung für die Beendigung des Mars-Aufstands stattgefunden, und er hatte als Ausgangspunkt für ein Dutzend Forschungsreisen zu den äußeren Planeten des Sonnensystems gedient. Eine dieser Reisen war die unter einem unglücklichen Stern stehende Brandenburg-Cheng-Expedition zu den Monden des Saturns gewesen. Und nun würde die Station wieder Geschichte schreiben — heute sollte sie nämlich der Ort sein, an dem die ersten außerirdischen Besucher der Menschheit willkommen geheißen wurden.
Die Station war im Lauf der Jahre erweitert und stark modifiziert worden. Der ursprünglich massive Zylinder war beim letzten Umbau in ein Hohlrohr verwandelt worden. Ein Dutzend Decks zogen sich wie Galerien um einen axialen Durchgang mit einem Durchmesser von zweihundert Metern im Durchmesser. Ganze Wälder von Kommunikationsantennen sprossen aus beiden Enden der Station, während das Innere aufgeräumt war. In diesem langen Tunnel wurden die Fernraumschiffe beim Be- und Entladen vertäut. Kleinere Schiffe wie die Austria und die Hyper-Jets der Erde wurden in den Hangarbuchten abgestellt, die in die Innenwand des Zylinders integriert waren. Größere Schiffe wurden um die Längsachse gedreht, bis sie mit der Station synchronisiert waren, und dann an der Drehachse vertäut.
Garth flog das Schiff während des Landeanflugs manuell. Alle paar Minuten zündete er die Steuertriebwerke, um die Abdrift zu korrigieren. Langsam näherten sie sich dem offenen Schlund der Station. Tory bemerkte Sterne auf dem Boden des tiefen Schachts, dem sie entgegenfielen.
Die Lichtverhältnisse um das Schiff änderten sich, als sie aus dem Sonnenlicht in den Schatten wechselten. Das Innere des Zylinders war flächendeckend beleuchtet. Ein paar Lichter waren große Strahler, die auf sie gerichtet wurden, um den Stationscontrollern eine klare Sicht zu ermöglichen. Eine Batterie farbiger Laser am anderen Rand der Station gewährleistete wie eine Landebahnbefeuerung eine Ausrichtung an der Stationsachse. Vorne unter ihnen klaffte eine offene Luke mit einer intensiven Hintergrundbeleuchtung. Sie wurde von kleineren erleuchteten Öffnungen flankiert — Fenster, durch die sie etliche kleine Gestalten erkannte, die die Hälse reckten, um einen Blick auf die Austria zu erhaschen.
Garth betätigte die Steuerung ein letztes Mal. Quittiert wurde das von einem Rülpser der Triebwerke. Dann folgte eine schnelle Drehung, und die Austria rotierte langsam um ihre Achse. Die Sterne auf dem Boden des Schachts führten einen gemächlichen Reigen um ihren Bug auf, während die bewegte Wand über ihnen langsamer wurde. Nach einer Minute waren es nur noch die Sterne, die rotierten — und die umgebende Station schien dazuliegen wie ein Fels in der Brandung. Tory verspürte vorübergehend ein Gefühl des Unbehagens, als die Flüssigkeit in den horizontalen Bogengängen im Ohr unter den neuen Kräften sich einzupegeln versuchte, die auf sie wirkten. Garth ließ den Steuerknüppel los und betrachtete für eine Weile die Befeuerungslaser. Zufrieden meldete er den Stationscontrollern ihre Ankunft.
Eine Sekunde später schlängelten sich drei Leitungen von der Innenwand der Station zu ihnen herauf. Sie dockten mit einem dumpfen Schlag an verschiedenen Stellen am Rumpf der Austria an und spannten sich dann, als drei computergesteuerte Winden die überschüssige Länge aufnahmen. Nach ein paar Sekunden bewegte sich das Schiff aus seiner Position zur offenen Luke.
Die Lichtverhältnisse änderten sich wieder, als sie in die Andockbucht einflogen. Das Schiff schlingerte ein letztes Mal, als die Landeteller auf dem Deck aufsetzten. Zwei der Windenkabel lösten sich und verschwanden schnell nach oben durch die offene Luke, die sich dann schloss. Für eine Weile herrschte Stille. Dann wurde die Austria von den Windgeräuschen eines mittleren Orkans umtost, als wieder Luft in die Bucht einströmte. Nach einer halben Minute erstarben die Windgeräusche wieder.
Garth stieß einen vernehmlichen Seufzer aus und machte dann eine allgemeine
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