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Die Segel von Tau-Ceti

Die Segel von Tau-Ceti

Titel: Die Segel von Tau-Ceti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McCollum
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halbmondförmige Scheiben ausgerichtet. Bei voller Vergrößerung waren Erde und Luna wie zwei Murmeln im Schatten. Auf der Nachtseite der Erde funkelten lauter winzige Diamanten - die Lichter von Megastädten. Auch drei Jahrhunderte, nachdem die Rasse sich erstmals von ihrer Heimatwelt gelöst hatte, lebten fünfündneunzig Prozent der Menschheit noch immer unter ihrem blauen Himmel mit den weißen Wolken. Die meisten Menschen waren nie höher aufgestiegen als bis zum Scheitelpunkt der Flugbahn einer suborbitalen Raumfähre. Und die meisten würden auch nie höher kommen.
    Der Anblick der Heimat löste eine Flutwelle von Emotionen aus. Es war normal, dass Reisende nach einer langen Abwesenheit beim ersten Anblick der Heimat eine starke Sehnsucht verspürten. Garth verspürte diese auch — und noch mehr. In diese Sehnsucht mischten sich freudige Erregung und eine gewisse Schwermut. Die Freude war ganz natürlich: Sie waren am Leben und die Mission ein Erfolg. Mehr als einmal hatte er in Bezug auf beide Punkte seine Zweifel gehabt.
    Die Schwermut war auch erklärlich. Die kleine Familie, zu der sie in diesen letzten Monaten zusammengewachsen waren, würde bald wieder getrennt werden. Jedes Mitglied der Expedition würde eigene Wege gehen. Tory, Kit und Eli würden zweifellos den Alien-Abschätzungs-Arbeitsgruppen zugeteilt, während er zur Flotte zurückkehren würde. Mit dieser Mission als dickem Pluspunkt in der Personalakte standen seine Chancen gut, dass er das Kommando über einen Kreuzer erhalten würde.
    Und das Gefühl, das er verspürte, war ein endgültiges. Ein Teil seines Lebens war zu Ende — unwiederbringlich verloren. Da war es nur natürlich, das man am Ende einer langen Fahrt ein leichtes »Tief« hatte; aber es war mehr als das. Das war nicht nur das Ende einer Mission, sondern eines ganzen Zeitalters. Nie wieder würde die Menschheit beim Blick in den Nachthimmel glauben, die Lichter dort oben erhellten eine lebensfeindliche Einöde. Künftig würde jeder, der den Kopf in den Nacken legte und die Sterne betrachtete, sich fragen, ob sein Blick von anderen Augen erwidert wurde. Es gab mehr Sterne am Himmel als alle Sandkörner und Staubteilchen auf der Erde und dem Mars zusammen. Und wenn die Wahrscheinlichkeit von Leben im Weltall noch so gering war: bei Abermilliarden Sternen musste es Einsprengsel von ein paar Tausend raumfahrenden Kulturen geben. Die Phelaner waren die ersten; und sie würden ohne Zweifel nicht die letzten sein.
    Allerdings hatte seine Melancholie noch eine persönliche Ursache. Das Ende der Reise bedeutete zugleich auch die Trennung von Tory. Er hatte in seiner bisherigen Raumfahrer-Laufbahn mehr als nur ein paar Romanzen gehabt, und sie hatten auch immer freundschaftlich geendet. Zu Hause angekommen, packten die Partner ihre Taschen, küssten sich ein letztes Mal leidenschaftlich und nahmen dann den nächsten Auftrag in Angriff. Jedoch vermochte Garth sich inzwischen auch vorzustellen, eine feste Beziehung mit Tory einzugehen. Es war ihm so ernst damit, dass er sogar schon von einem Ehevertrag gesprochen hatte. Zu seiner Überraschung und seinem Leidwesen hatte sie ihm aber einen Korb gegeben. Die Gründe für ihre Ablehnung waren jedoch immer vager geworden, je mehr er in sie drang.
    Von der ganzen Gruppe schien Tory durch den Kontakt mit den Außerirdischen am meisten verändert. Sie hatte nachdenklich gewirkt, sich zurückgezogen und war seit dem Verlassen des Sternenschiffs ständig mit irgendetwas beschäftigt. Er hatte versucht, ihre Stimmung aufzuhellen — mit mäßigem Erfolg. Selbst in den paar Nächten, in denen sie noch den Weg zu seiner Kabine gefunden hatte, war sie ihm wie eine Fremde erschienen.
    Und Garth war auch nicht der Einzige gewesen, dem diese Persönlichkeitsveränderung aufgefallen war. Kit erklärte sie mit den Spätfolgen der Synchronisationspanne. Eli vermochte zwar nicht mit einer Diagnose aufzuwarten, aber er hatte sich als einfühlsamer Zuhörer versucht — eine Rolle, für die es ihm freilich an Talent mangelte. Nichts schien zu helfen. Was auch immer der Grund war, Garth hoffte, dass die Rückkehr in die menschliche Gesellschaft sie kurieren würde.
    Während er abwesend auf die blauweiße Welt auf dem Bildschirm schaute, hörte er plötzlich ein leises Geräusch hinter sich. Das Schiff verzögerte zurzeit mit einem halben Standard-g. Er identifizierte das Geräusch als das leise Patschen bloßer Füße auf den Sprossen der Leiter, die vom

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