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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Beerenbüschen hindurch, hinter dem eine weite Ebene lag, eingetaucht in mattes Silber und Schwarz. Es sah aus, wie er sich das Land der Toten vorgestellt hatte, was im Augenblick jedoch kein guter Gedanke war.
    Neben einer einzelnen Birke blieb er stehen und wartete. »Es tut mir Leid. Mir ist nicht mehr bewusst gewesen, dass es so weit ist. Aber sobald wir einmal die Waffen haben und wieder beim Feuer angelangt sind, können wir uns für den Rest des Tages ausruhen.«
    Longinus atmete schwer, als er schließlich Valerius erreichte, und hielt sich seine schmerzende Seite. Er grinste ein wenig verkrampft. »Entschuldige dich nicht. Schließlich sollte ich mich in einem vernünftigen Trainingszustand befinden, sobald wir wieder kämpfen.« Er schloss die Augen und lehnte sich gegen die Birke. »Ich gehe doch wohl recht in der Annahme, dass es wieder zu einem Kampf kommen wird?«
    Valerius hatte seine Aufmerksamkeit allein auf den Hund gerichtet. Dieser war bereits vorausgelaufen und einen Pfad hinabgewandert, der von einem anderen Mond beschienen wurde, als jenem, der die Nacht erhellte. Ohne genauer darüber nachzudenken erwiderte er: »So scheint es. Denn wenn wir Klingen brauchen, dann wohl, um zu kämpfen. Zwar nicht heute Nacht, aber bald.« Das zarte Beben unter seinen Füßen nahm einen gleichmäßigeren Rhythmus an und war nun noch deutlicher zu spüren. Valerius löste sich von der Birke und folgte dem Hund, zunächst nach links hinüber und dann zwischen zwei Findlingen hindurch.
    Doch Longinus hakte nach: »Haben deine Götter dir denn auch schon verraten, auf wessen Seite wir stehen werden?«
    »Noch nicht. Haben deine es dir schon gesagt?«
    »Wohl kaum.« Longinus stieß ein knappes, bellendes Lachen aus, das ihm offenbar Schmerzen bereitete. »Meine sind bereits viel zu sehr damit beschäftigt, mich am Leben zu erhalten. Da kann ich sie nicht auch noch mit so unwichtigen Detailfragen belästigen, wie etwa, auf wessen Seite eines mir völlig fremden Krieges ich später wohl noch werde kämpfen müssen.« Er kämpfte sich bis zu den Felsbrocken vor. »Wir sollten besser wieder rennen. Es dauert nicht mehr allzu lange, und die Dämmerung zieht wieder herauf, und ich habe wahrlich keinerlei Bedürfnis danach herauszufinden, was wohl passiert, wenn wir bis Tagesanbruch nicht wieder zurück am Feuer sind.«
    »Ich denke, wir sind bereits am Ziel. Komm und sieh selbst.«
    Hätten der Hund und das leise Trommeln der Götter ihn nicht geführt, hätte Valerius den Grabhügel wohl nie gefunden. Selbst nun, da er nurmehr eine Speerlänge vom Eingang entfernt stand, war er sich noch nicht ganz sicher, was genau es eigentlich war, das ihn hierher geführt hatte. Außer dass er plötzlich Stimmen hören konnte, die aber weder in seinen Ohren erschallten, noch in seinem Kopf, sondern die sich in den weit entlegenen Winkeln seiner Seele zu verbergen schienen. Sie waren zornig, obgleich nicht auf ihn; aber vielleicht war ihm der Zorn der Toten auch bloß schon so vertraut, dass er bereits unempfindlich geworden war gegen die von diesem Zorn ausgehende Gefahr. Er neigte den Kopf, versuchte, auf das zu lauschen, was hinter dem lärmenden Durcheinander lag.
    Nun hatte Longinus ihn eingeholt, bedauerte dies jedoch sogleich. »Gütige Götter, Valerius...« Der Thraker hatte seine Schmerzen augenscheinlich völlig vergessen. Stattdessen griff er nach dem Heft der Waffe, welche er an seiner Seite trug - eine gute und solide römische Kavallerieklinge, nur dass gegen die bereits Verstorbenen selbst diese keinerlei Macht mehr besaß. Longinus musterte den Grabhügel sowie dessen Öffnung. »Der ist aber ziemlich klein«, bemerkte er ermattet.
    Obwohl ihm ganz und gar nicht danach war, lachte Valerius plötzlich. »Die Toten brauchen nicht sonderlich viel Platz.«
    »Und auch kein Licht, wie mir scheint. Hast du irgendwelches Zündmaterial mitgebracht?«
    »Das habe ich.« Seit seiner Zeit in der Höhle des Gottes Mithras trug Valerius stets die erforderlichen Utensilien mit sich, um Licht machen zu können; etwas Zunder und eine Kerze sowie ein kurzes Stück von einem etwas kräftigeren Zweig, den er zuvor in eine Mischung aus Kiefernharz und Schafsfett getaucht hatte und der somit länger und mit einer größeren Flamme brannte als die Kerze. Diesen Zweig entzündete er nun und trug ihn - in einem Akt des Vertrauens - in seiner Schwerthand vor sich her. »Ich würde dich zwar auf keinen Fall dazu zwingen, aber ich denke, du

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