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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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hiermit die von mir geschmiedete Klinge, damit du sie an dich nimmst und sie bewahrst, so lange, bis ich dich auffordere, sie an einen anderen weiterzureichen.
    » Aber was ist mit den anderen? Nicht alle fünf Klingen hast du selbst geschmiedet.«
    Nein, doch auch sie sind gute Klingen. Nimm sie. Sie werden gebraucht werden in dem Krieg, der nun heraufzieht. Viel zu wenige sind noch übrig von denen, die das Wohlwollen der Toten in sich tragen.
    » Valerius, wir sollten...« Longinus, obwohl er lebte, schien weniger greifbar als die Toten.
    Der Geist war nunmehr der Mittelpunkt der Erde, allmächtig und allwissend, ganz so, wie Eburovic einst auch dem Kind namens Bán erschienen war, welches heranwuchs, um zu Valerius zu werden. Der Geist entbot Valerius jenen Gruß, den ein Krieger dem anderen entbot, und dann den Gruß des Kriegers gegenüber dem Träumer. Mit der linken Hand bildete er den Halbmond Nemains, welcher zugleich die Hörner des Stieres darstellen könnte. Bitte, bat der Geist Valerius aufrichtig. Ich erbitte dies von dir als derjenige, der dein Vater war, in allem, nur nicht dem Blute nach. Nicht nur dein Leben hängt davon ab.
    Kein Geist hatte Valerius jemals um etwas gebeten. Man hatte ihn bedroht, ihn niedergeschrien, hatte ihm den Tod versprochen sowie, später und im Land jenseits des Lebens, die ewig währende Rache jener anderen Seelen, die ihn verfolgten, doch noch niemals zuvor hatte irgendeiner von ihnen Valerius um einen Gefallen gebeten.
    Die Neuartigkeit dieser Bitte sowie die damit einhergehende, plötzliche Klarheit, als ob gleichsam mit dem Sonnenaufgang auch ein Nebel sich endlich lichtete, versetzten Valerius geradezu einen Schock; dieses eine Mal in seinem Leben begriff er genau, was er zu tun hatte - und er hatte auch die Kraft dazu, es zu tun.
    »Longinus«, sagte er, »wenn du mir auch nur ein bisschen vertraust, dann hilf mir jetzt, die Klingen hinauszutragen. Such dir die aus, die dir am besten gefällt, außer der einen hier, und behalte sie. Die anderen werden wir in unseren Reisesäcken verstauen. Tu es jetzt und ohne nachzudenken. Oder, wenn du unbedingt denken musst, dann denk an das Krähenpferd und was für ein Gefühl es war, es zu reiten, aber denk nicht an die Schatten, sie würden dich ins Verderben stürzen. Denk an das Krähenpferd, denk daran, wie es sich anfühlt, wenn es ungezügelt dahergaloppiert... Sehr gut, gut gemacht! Und jetzt folg mir wieder nach draußen. Wenn du rennen kannst, werden wir rennen. Wenn nicht, werden wir eben gehen. Solange wir nur vor Tagesanbruch wieder beim Feuer ankommen, sind wir in Sicherheit.
    »Ich kann rennen.« Longinus war direkt hinter ihm. »Du würdest nicht glauben, wie schnell ich rennen kann.«

XXXIV
     
    Über das Gelände des Pferdemarktes der Eceni hallte jener typische Lärm, der beim Austreiben von Metall erklingt. Und er ließ erahnen, wie spät es bereits war.
    Mangels einer besseren Beschäftigung, um die Wartezeit zu überbrücken, hämmerte Breaca in der neuen Schmiede, welche die Bärinnenkrieger neben dem Großen Versammlungshaus errichtet hatten, gerade den Griffzapfen einer Schwertklinge aus.
    Der Tag war frostig und schien von einer eigenartigen Spannung erfüllt. Ein scharfer Wind blies Wolken in der Form von Reihern über den Himmel; in den Bäumen hinter der Schmiede keckerte eine Drossel, nicht ganz im Rhythmus mit Breacas Hammer; und über die Lichtung kam eine Gruppe von sechs weiteren Kriegern herauf, gekleidet in Umhänge nach der Art der Eceni, leuchtend blau und geschmückt mit ihrem Stammesabzeichen, dem Fuchs, der die Säume und die Ränder der Ärmel umlief.
    Während die Arbeit an dem Griffzapfen ihren Fortgang nahm, wurden die sechs Reisenden von den an diesem Tag mit dem Empfang der Neuankömmlinge betrauten Bärinnenkriegern begrüßt. Man half ihnen, sich in dem Großen Rundhaus einzurichten, zeigte ihnen, was an Essen, Waffen und Rüstungen verfügbar war, und im Gegenzug dazu präsentierten die sechs Krieger wiederum, was sie auf ihren Lastpferden hertransportiert hatten, und das war wahrhaftig erstaunlich; denn für ein Volk, das den Winter über stetig Hunger litt, hatten die neu hinzugekommenen Krieger mehr mitgebracht, als sich auch nur irgendjemand aus Breacas Gruppe hätte träumen lassen. Im Verlauf jenes halben Monats, der seit dem Einsetzen der Schneeschmelze verstrichen war, waren die Vorratslager mit dem Getreide, dem getrockneten Fleisch und den Hafermehlkuchen, die für

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