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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Stimme und mit dem Tonfall einer Erwachsenen. Die Fackel in ihrer Hand flammte noch ein letztes Mal auf, dann erlosch sie. Fleckige Schatten huschten über die Wände.
    Airmids Stimme erklang: »Breaca, Eburovics Schwert muss als Erstes versteckt werden. Übergib es jetzt der Dunkelheit.«
    Breaca zog die Klinge ihres Vaters aus deren Futteral aus Bärenfell. Hell schimmernd wie ein Fisch lag sie im Licht der Fackeln auf ihrer Hand. Das wellenförmige Muster in dem Metall war bereits sieben Generationen alt, und noch immer konnte man die Kerbe in der Schneide erkennen, die entstanden war, als Breacas Urgroßvater in einem Kampf um die Grenzen der Territorien gegen den weißhaarigen Ersten Krieger der Coritani gekämpft hatte. Die Dellen von der Schlacht, in der ihr Vater gegen Amminios gekämpft hatte und in der er schließlich auch gefallen war, waren dagegen noch neuer. Breaca selbst hatte ihm damals das Schwert aus der toten Hand genommen, und sie hatte es seitdem bereits mehrere Male nachgeschliffen, hatte es jedoch stets vermieden, dabei auch die Rillen und Gebrauchsspuren auf der Klinge glatt zu schleifen.
    In der Höhle der Träumerin der Ahnen hatte ihr Vater durch den Fluss zu ihr gesprochen; allerdings hatte sie ihn dabei nicht sehen können. Hier jedoch, als sie mit seiner Klinge in den Händen dastand, wurde er für sie mit einem Mal auf eine Art und Weise zur Wirklichkeit, wie es die hier anwesenden Grabgeister niemals werden konnten.
    Breaca? Seine Stimme klang jetzt wesentlich voller als das Mal davor in der Ahnenhöhle. Übergib meine Klinge den Steinen der Vergangenheit.
    Und er war nicht allein. Hinter ihm hatten sich auch alle anderen von Breacas Ahnen versammelt: Großväter und Großmütter, Krieger und Waffenschmiede, Jäger und Geschirrmacher, einfach alle, die diese Klinge jemals mit Ehre geführt hatten, kamen nun hereingeströmt - und sie alle drängten sich auf dem gleichen Fleck, auf dem auch Eburovic stand. Vielstimmig erklang es aus seinem Mund: Übergib die Klinge der Dunkelheit.
    Zwar hatte auch Airmid ihr das bereits gesagt, doch da hatte Breaca noch nicht so ganz verstanden, was eigentlich von ihr verlangt wurde. Hier jedoch, nahe den Wänden, konnte Breaca mit einem Mal das in Schulterhöhe in die Steinwand gehauene Sims erkennen, das so breit war, dass es ein Kriegsschwert der alten Machart aufnehmen konnte.
    Es schien, als ob die Geister der Ahnen in diesem Augenblick Breacas Hände führten. Breaca spürte, wie sich ihre Arme ganz ohne Kraftanstrengung von selbst hoben und wie sie geradezu mechanisch das Schwert auf dem kleinen Vorsprung ablegte. Es passte in die Vertiefung im Fels wie in eine Scheide, und die unruhig flackernden Flammen der Fackeln ließen die Klinge lebendig werden. Blauschwarzes Metall kräuselte sich im Schein des Feuers wie Wasser, so dass zum ersten Mal, seit Breaca das Schwert abgelegt hatte, die in Bronze gehauene, ihre Jungen säugende Bärin auf dem Knauf der Waffe wie aus einem nächtlichen See zu trinken schien.
    Breaca hatte ganz vergessen, dass sie nicht allein war. Hinter ihr schnappte Cunomar plötzlich hörbar nach Luft. Ardacos, der älter war und sich daher besser beherrschen konnte, flüsterte zwischen zusammengebissenen Zähnen den ersten der geheimen Namen seines Gottes und sagte dann laut: »Ich wusste ja gar nicht, dass dein Vater einer von uns war.«
    Eburovic war wieder verschwunden, oder vielleicht war er auch einfach mit dem Schwert und dem schwarzen Licht verschmolzen, welches die Waffe nun mit seinem schützenden Schleier überzog. Jedenfalls konnte Breaca, die den Blick nicht einen Moment abgewandt hatte von der Stelle, wo gerade eben noch die Waffe gelegen hatte, sie jetzt nicht mehr sehen - ihren Vater nicht und auch nicht das Schwert. Wenn sie es nicht selbst dorthin gelegt hätte, würde sie nun denken, die Wand wäre eine einzige glatte Fläche.
    Wie aus weiter Ferne hörte sie sich selbst sagen: »Auch er wusste das nicht. Der Bär war lediglich sein Traumsymbol, aber nicht sein Gott. Aber er hätte sich geehrt gefühlt, wenn er wüsste, dass du ihn nun als einen der deinen anerkennst.«
    Ein Arm streifte an der Seite von Breacas Tunika entlang. Graines Hand schmiegte sich in die von Breaca, und Graines Stimme, in der der Strom der Gezeiten und das Echo des Ozeans miteinander zu verschmelzen schienen, sagte: »Dort ist es in Sicherheit. Die Geister der Toten werden es bewachen, bis die Zeit gekommen ist, da die Menschen es

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