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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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Antwort auf diese Frage. Er brauchte sie nur zu sehen, schon hellte sich der Tag für ihn auf, schmeckte er alles intensiver, pochte sein Blut schwerer.
    Sie war sein Antrieb, jeden Augenblick bis zur Neige auszuschöpfen.
    An einem mit grauer Asche überzogenen Felsbrocken lehnend, sah Cheftu sie näher kommen. Ohne aus dem Tritt zu kommen, wischte sie mit einem Arm über ihre Stirn. Ihre Tunika war kurz, so dass er beobachten konnte, wie sich die Muskeln in ihren Schenkeln an- und entspannten. Ihre Brüste waren bedeckt, doch die Kluft zwischen beiden wurde von Schweiß verdunkelt, und Cheftus Hände zuckten vor Verlangen, sie zu berühren.
    Chloe ahnte, dass er da war, noch ehe sie ihn sehen konnte. Die Frage war, war es nur ihre Einbildung, die ihn dort hingestellt hatte? Oder war es tatsächlich Cheftu in Fleisch und Blut? Sie hob den Kopf und sah ihn. Aztlantisch mit seinem verlängerten Haar und dem komplizierten Schurz, das schon, doch seine Augen waren wie geschmolzenes Gold und voller Liebe.
    Sie trat in seine offenen Arme und spürte, wie die Hitze seiner satinweichen Haut, das Klopfen seines Herzens, sein Duft sie einhüllten. Ihr Zorn schmolz dahin, vertrieben von Freude.
    So sollte es sein!
    Dieses Gefühl von Heimkehr, vermischt mit Geborgenheit und Erregung.
    »Ich liebe dich«, flüsterte Cheftu, und Chloe schoss das Blut durch die Adern.
    »Ich will dich einfach nur halten.«
    Der Duft von zerquetschtem Thymian, Rosmarin, Basilikum, Ysop, Lavendel und Salbei umgab sie, während sie sich hoch über dem Meer und dem in der Ferne glitzernden Aztlan niederließen. Der Augenblick war so perfekt, dass sie nichts sagen wollte, aus Angst, ihn dadurch zu zerstören.
    »Der Berg wartet«, sagte Cheftu schließlich, worauf sie Hand in Hand weitergingen.
    Phoebus erhob sich und nahm die Zügel der vielen Opfertiere, die Apis, dem Erdrüttler, dargeboten werden sollten. Vor ihm erhob sich der Bergkegel. Niko und Eumelos warteten neben dem Tragsessel. Um ihn herum schwärmte die Leibwache des Hreesos aus, und der Minos besprenkelte seine Schulter mit dem Blut Apis’. Nach einem tiefen Atemzug machte sich Phoebus an den kurzen Aufstieg. Die Tiere waren nervös und zerrten an ihren Stricken, doch Phoebus zog sie grimmig vorwärts. Kein Rauch, keine Aschewolken. Ihnen drohte keine Gefahr.
    Er war eins mit Apis; der Gott würde ihn nicht abweisen.
    Knapp hinter ihm wartend, sahen seine Leibwächter zu. Das also bedeutet es, ein Gott zu sein, dachte Phoebus. Am Rande der Nüstern des Stieres zu spazieren und keine Zerstörung zu fürchten. Über eine Kette kleinerer Felsen kletternd, zog Phoebus die inzwischen laut protestierenden Tiere weiter aufwärts.
    Er erstarrte.
    Krion ruhte nicht mehr. Wann war das geschehen?
    Der Krater klaffte auf wie ein schwarzer Schlund. Die Haare auf Phoebus’ Armen stellten sich auf, und er schauderte im kalten Wind, seinem Umhang zum Trotz. Gaswolken pufften aus dem Loch hoch, und Phoebus konnte in das brodelnde Herz des Berges blicken, ein böses rotes Gleißen wie von Blut im Leib der Erde. Um den Rand des Loches herum hatten sich gelbe Kristalle gebildet, und oben sickerte schwarzes Blut heraus. Der Boden unter seinen Füßen war heiß.
    Das Gefühl der Gottgleichheit war wie weggeblasen. Er war nichts als ein Mensch und der Gnade dieser zornigen Erde ausgeliefert.
    Er sah nach hinten auf den Minos, der ihm bedeutete, weiterzugehen. Phoebus musste die Tiere bis in den feurigen Schlund hinabbringen. Bedächtig einen Weg über den heißen Boden und um die Felsbrocken herum suchend, stieg Phoebus abwärts. Die Luft war ruhig und heiß. Es stank, und Phoebus ging schneller. Angst wallte in ihm auf, und er begann zu rennen. Schiebend und ziehend bugsierte er die Tiere bis an die Absenkung. Ihre Klageschreie zerrissen die Luft, und Phoebus blieb gerade lang genug stehen, um das Ende des Seiles unter einem Felsen festzuklemmen.
    Ohne auch nur einen Gedanken an seine Würde oder gar die drohende Gefahr zu verschwenden, hetzte Phoebus die Kraterwand hinauf. Um ihn herum regneten kleine Steine herab, und er spürte aus unversehens aufreißenden Taschen im Boden neue Hitze aufsteigen. Er war eben über die schmale Kraterkante geklettert, als ein Donner ihn einknicken ließ und auf den Boden schleuderte.
    Phoebus rappelte sich auf und rannte los, unter dem umherfliegenden Geröll geduckt, während ein dröhnendes Grollen die Luft zerriss. Ein Schlag in die Knie schickte ihn zu Boden. Wieder

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