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Die Sehnsucht der Falter

Die Sehnsucht der Falter

Titel: Die Sehnsucht der Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Klein
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an den Fenstern hindurchsausen und spricht mit ihnen wie mit Kindern. Sie halten inne, um ihrer Stimme zu lauschen.
     
    Der große Gott Pan: »Sie sehen mich hier neben sich stehen, Sie hören meine Stimme. Aber ich sage Ihnen, all das – ja, alles, von dem Stern, der uns eben noch beschienen hat, bis zu der festen Erde unter unseren Füßen –, ich sage Ihnen, all dies sind nur Träume und Schatten: die Schatten, welche die wahre Welt vor unseren Augen verbergen – seltsam mag es sein, doch es ist wahr, und die Alten wussten, was es heißt, den Schleier zu lüften. Sie nannten es: den Gott Pan erblicken.«
    Was geschieht, wenn jemand den Schleier lüftet? Liegt dahinter gleich der nächste Schleier?
19. Oktober
    Mr. Davies hat die Nase voll von Claire. Das spüre ich. Er ruft sie fast nie auf und schaut immer so gequält, wenn sie sich nach dem Unterricht vor seinem Pult aufbaut. Sie denkt sich alle möglichen Entschuldigungen aus, damit sie noch bleiben und mit ihm reden kann. Zuerst fand ich es komisch, doch inzwischen tut er mir Leid. Er weiß nicht, was er mit ihr anfangen soll. Er ist nicht der Typ, der ihr eine Abfuhr erteilen würde. Heute hat er zu ihr gesagt, sie müssten sich mal unterhalten. Er hat sich für morgen mit ihr verabredet. Sie kam durch den Übergang gerannt, um es mir zu erzählen. Sie hatte wohl vergessen, dass sie sauer auf mich war.
    »Ich glaube, er mag mich«, sagte sie atemlos. »Das erkenne ich an seinem Blick. Beim Hinausgehen hat er mich an der Schulter gestreift, und ich konnte seinen Körper riechen. Das hat mich richtig angemacht.«
    Vermutlich stand sie ihm im Weg.
    Ich weiß nicht, warum ich sie je gemocht habe. Wenn sie herausfindet, was er ihr zu sagen hat, wird sie wieder wütend auf mich sein.
20. Oktober
    Es lief, wie ich es vorhergesagt hatte. Unmittelbar vor der Ruhezeit platzte Claire in mein Zimmer und brüllte unter Tränen: »Was hast du Mr. Davies über mich erzählt?«
    Ihr Gesicht war knallrot, das feuchte Haar fiel ihr in die tränennassen Augen. Ich sagte, ihr Name sei kein einziges Mal gefallen, doch sie glaubte mir natürlich nicht.
    »Warum meint er dann, ich interessierte mich zu sehr für sein Privatleben, wie er es ausgedrückt hat?«
    »Ach komm«, sagte ich. »Das sieht doch ein Blinder.«
    »Aber du sitzt ständig an seinem Pult und himmelst ihn an, und dir wirft er nichts vor«, schrie Claire. »Du siehst aus, als wolltest du auf ihn draufklettern, hockst auf der Stuhlkante und beugst dich –«
    »Das hat nichts zu bedeuten. Und das weiß er auch. Wir reden über Bücher.«
    »Ich kann auch mit ihm über Bücher reden«, sagte sie.
    »Tatsächlich?«
    »Ich glaube dir kein Wort«, kreischte sie. »Du hetzt Mr. Davies gegen mich auf. Niemand außer dir soll mit ihm reden. Gib zu, du willst ihn ganz für dich allein.«
    »Ich gebe gar nichts zu«, entgegnete ich.
    »Du bist so besitzergreifend. Genau wie mit Lucy. Du kannst es nicht ertragen, dass sie außer dir noch Freundinnen hat. Das weiß doch jeder. Du hältst ständig nach ihr Ausschau.«
    Das reichte. Wenn sie nicht auf der Stelle mein Zimmer verließ, würde ich Mrs. Halton rufen. Ich hatte Angst, ich könnte sie schlagen. Sie knallte die Tür so laut zu, dass Mrs. Halton ohnehin erschien. Ihre Stimmte dröhnte durch den ganzen Flur. »Mädchen, Mädchen, sofort aufhören.« Mit Claire spreche ich nie wieder. Ich habe keine Ahnung, wie sie das mit Lucy gemeint hat. Ich wünschte, Lucy würde kommen, dann könnte ich ihr alles erzählen. Dann könnte ich über Claire lachen. Ich glaube, Lucy hat heute Nachmittag ein Hockeyspiel. Ich muss bis nach dem Abendessen warten.
Nach dem Abendessen
    Lucys Reaktion überraschte mich. Eigentlich wollte sie gar nichts über Claire hören. Ich nahm sie im Aufenthaltsraum beiseite, um ihr von heute Nachmittag zu erzählen. Ich merkte, dass sie nur aus Höflichkeit zuhörte.
    »Ich kann verstehen, warum Claire so wütend war«, meinte Lucy, als ich fertig war.
    »Aber sie kann doch nicht mir die Schuld geben«, sagte ich. »Ich habe gar nichts damit zu tun.«
    »Mr. Davies hat sie gekränkt.«
    »Das hat sie auch verdient. Sie benimmt sich völlig idiotisch. Mr. Davies tut mir Leid.«
    Verärgert ließ ich sie stehen. Es hatte keinen Sinn, diese Unterhaltung fortzusetzen und auch noch mit Lucy zu streiten. Sie ging sofort zu Ernessa, die allein dasaß und anscheinend auf Lucy gewartet hatte. Ich sah, wie Ernessa eine Zigarette aus ihrem Päckchen

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