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Die Sehnsucht der Konkubine

Die Sehnsucht der Konkubine

Titel: Die Sehnsucht der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Furnivall
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davonstiehlst. Du musst jetzt gehen, bevor es Zeit für das Abendessen ist, das für uns geplant ist.«
    Wieder nickte Biao. Seine schwarzen Augen glänzten. »Die Bärtigen sind so langsam im Denken wie Würmer. Das wird kein Problem sein.«
    »Danke, mein Freund. Xie xie. «
    Einen Moment lang lauschten sie dem Wasserrauschen.
    »Ist es für dieses fanqui- Mädchen?«, fragte Biao schließlich. »Die, mit der du getanzt hast?«
    Chang überraschte es, dass Biao ihm diese Frage stellte, doch er nickte.
    Sein Begleiter holte tief Luft. »Genosse Chang«, murmelte er. »Darf ich meiner bescheidenen Meinung Ausdruck verleihen, dass es nicht klug ist, solche Risiken für einen ausländischen Teufel einzugehen. Sie ist es sicher nicht wert …«
    Chang erstarrte. Es war nur ein kurzes Anspannen seiner Muskeln, nicht mehr. Doch es genügte.
    Biao senkte den Kopf. »Verzeih mir meine wertlose Zunge. Nie weiß sie, wann sie besser schweigen sollte.«
    »Das war immer schon so«, erwiderte Chang lachend. »Du hast dich nicht verändert.«
    »Natürlich befolge ich mit Freuden alle Aufgaben, die der Freund meines Herzens mir aufträgt.«
    »Ich danke dir, Hu Biao.«
    »Es ist nur, dass ich …« Er hielt inne, den Kopf nach wie vor gesenkt.
    »Was ist?«, fragte Chang.
    »Meine Zunge hat keine Ohren, um zu lauschen oder zu lernen.«
    »Sag, was du sagen möchtest.«
    Hu Biao hob den Blick. Seine Augen mit den schweren Lidern und den langen Wimpern erinnerten Chang deutlich an Biaos Vater, Hu Tai-wai, den Mann, dem er so viel verdankte; den Mann, der in jeder Hinsicht sein Vater war, ohne mit ihm blutsverwandt zu sein. Eine Welle der Zuneigung zu seinem jungen Gefährten durchströmte ihn.
    »Spuck’s aus, Biao, oder ich werde mich gezwungen sehen, dir meine Faust in die Kehle zu rammen und es selbst herauszuholen, so wie deine Mutter bei einer trächtigen Hündin die Welpen holt.«
    Er lachte und sah, wie Biao tief Luft holte, gefolgt von einem schwachen Schauder der Erleichterung, und Chang kam zum ersten Mal der Gedanke, sein Freund aus Kindertagen könnte ihn ebenso mit Furcht betrachten wie mit Liebe. Das machte ihn traurig. Hatte der Krieg ihn in jemanden verwandelt, den er nicht mehr wiedererkannte? Hatte er das Beste von sich auf den Schlachtfeldern Chinas zurückgelassen?
    »Biao, lass mich deine Ratschläge hören.«
    »Die Götter haben gut auf dich aufgepasst, Chang An Lo. Führe sie nicht in Versuchung, dich im Stich zu lassen, nur weil du ihre Aufmerksamkeit gegen die einer langnasigen ausländischen Teufelin eingetauscht hast.«
    »Ich habe ihnen schon viel versprochen. Ich habe es geschworen, beim stolzen Namen meiner Ahnen.«
    »Nein, mein Genosse. Die Götter sind flatterhaft. Bleib bei deinesgleichen. Komm nach China zurück und heirate meine Schwester Si-qi. Du weißt, wie sehr sie dich liebt.«
    Chang lächelte. »Die schöne Si-qi besitzt mein wertloses Herz und das von vielen anderen noch dazu. Ich werde immer ihr süßes Gesicht und ihren klugen Kopf lieben.«
    »Dann heirate sie.«
    »Ich kann nicht.«
    »Es ist das, was mein Vater und meine Mutter sich mit ihrem letzten Atemzug wünschen würden.«
    »Ach, Biao, das ist grausam. Du weißt, dass ich ihnen nichts abschlagen kann.«
    Lange Zeit schauten sich die beiden Männer in die Augen, nur das Wasserrauschen ringsum war zu hören. Es war Hu Biao, der als Erster den Blick abwandte.
    »Was brauchst du, Chang An Lo?«
    »Ich brauche ein Zimmer.«
    Spät am Abend kehrte Edik zurück. Er sah sehr zufrieden mit sich selbst aus, warf sich in die magere Brust, und Lydia schloss ihn in ihre Arme, noch bevor er Einwände erheben konnte. Er reichte ihr schnell die Nachricht, als müsste er noch woanders hin, und dann waren er und der Welpe wieder verschwunden.
    Auf dem Zettel stand eine Adresse nebst Wegbeschreibung. Die Beschreibung war mit der Hand gezeichnet, und Lydia stellte sich vor, wie Chang in seinem Hotelzimmer gesessen und sorgfältig alles aufgemalt hatte, damit sie den Weg auch wirklich fand. Weder ein Liebste Lydia noch eine Unterschrift waren hinzugefügt. Nichts, durch das man ihnen auf die Spur kommen konnte.
    Nur vier kurze Worte ganz unten auf dem Zettel. Du bist mein Leben.
    Lydia wartete, bis sie Liew und Elena schnarchen hörte, ein Schnarchen, das nach dem Leeren von Malofejews Wodkaflasche noch intensiver geworden war, und schlüpfte erst dann aus dem Bett.
    In dem Zimmer war es finster. Der Nachthimmel draußen war stockdunkel, kein

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