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Die Sehnsucht der Konkubine

Die Sehnsucht der Konkubine

Titel: Die Sehnsucht der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Furnivall
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Schnauze mit einem schmutzigen Lappen zugebunden, und es lag seitlich auf einem kleinen, behelfsmäßig zusammengezimmerten Schlitten. Das Tier sah vor Angst wie gelähmt aus, die blassblauen Augen rollten wild in den Höhlen. Der Junge schien nicht älter als acht oder neun Jahre alt zu sein und blinzelte ihr mit den Augen eines ungezähmten kleinen Wesens entgegen.
    »Wo hast du denn das Schweinchen her?«
    »Das gehört meinem Großvater«, flunkerte der Junge und trottete davon, wobei er den Schlitten holpernd über die Rillen in der Eisoberfläche zog.
    »Warte mal!«
    Lydia zog einen von Antoninas Rubelscheinen aus der Tasche. Auf der Stelle war das Interesse des Jungen geweckt. Zwar kehrte er ihr den Rücken zu, doch das Geld schien er zu wittern.
    »Ich suche …«
    »Ich weiß schon. Einen Jungen namens Edik.«
    »Woher weißt du das?«
    Er starrte sie an, als wäre sie schwachsinnig. »Weil du schon den ganzen Abend hier herumrennst und nach ihm fragst.«
    »Wer hat dir das gesagt?«
    »Jeder sagt das.« Doch die Antwort kam nicht von dem Jungen, sondern von irgendwo hinter ihr.
    Sie fuhr herum. Ein Mann stand direkt hinter ihr, ein großer, aufragender Schatten. Wie er so nahe an sie herankommen konnte, ohne ein Geräusch zu machen, konnte sie sich nicht vorstellen. Er musste die leisen Pfoten einer Katze haben. Obwohl er breite, fleischige Schultern besaß, verströmte er mit seinen braunen Locken eine Aura jungenhafter Freundlichkeit. Seinen Gesichtsausdruck konnte Lydia in der Dunkelheit nicht gut erkennen, trotzdem hatte sie das deutliche Gefühl, dass er nicht freundlich gesinnt war. Sie wich einen Schritt zurück.
    »Dobry wetscher« , sagte sie. »Guten Abend. Ich suche nach Alexej Serow.«
    Erst in diesem Moment sah sie die Tätowierung auf seiner Stirn.
    »Du bist mein Sohn, Alexej.«
    »Du bist mein Vater, Maxim.«
    »Ich drücke dich an mein Herz.«
    »Es ist mir eine Ehre.«
    Maxim Woschtschinski drückte Alexej an seine Brust und tätschelte zufrieden seinen Rücken, als wollte er seinen Worten Nachdruck verleihen.
    »Du bist mein Sohn«, sagte er noch einmal und hielt Alexej ein Stück von sich weg, musterte seine neue Errungenschaft mit Stolz. »Du trägst mein Hemd, du benutzt mein Bad und meinen Rasierapparat, wie ein Sohn es tun sollte.«
    »Danke, Maxim. Spassibo .«
    »Du siehst jetzt viel besser aus, sauber und frisch. Ein gut aussehender Russe hat sich unter all dem Dreck und den Bartstoppeln versteckt.«
    »Ich fühle mich auch besser.«
    » Da . Das ist gut.«
    Alexej half Maxim dabei, sich in dem schwarzen Lehnsessel neben dem Bett niederzulassen, und legte ihm eine Decke über. Die Decke war aus feinstem grünem Samt mit herrlichen Stickereien an den Kanten. War sie gekauft? Oder gestohlen? Als sich Alexej in dem Schlafzimmer mit den vielen ausgestopften Vögeln in ihren Käfigen umschaute, ertappte er sich bei demselben Gedanken. Gekauft oder gestohlen? Aber spielte das überhaupt eine Rolle?
    Ach, verflucht seien diese Leute, dachte er. Schon jetzt haben sie sich in mein Denken eingeschlichen. Natürlich macht es einen Unterschied. Vergiss das nicht.
    Wenn das der Preis war, den er zu zahlen hatte, dann würde er ihn eben bezahlen. Aber er würde sich nicht an der Nase herumführen lassen. Er hatte den ganzen Abend Maxims Geschichten gelauscht, außergewöhnlichen Erzählungen von seinen Beutezügen in Gefängnissen und Lagern, wo er sich geweigert hatte, sich den Wärtern unterzuordnen, Geschichten von den Schlägen, die er bekommen hatte, und von dem Geld, das er beim Kartenspielen gewonnen oder unter Matratzen gestohlen hatte. Maxim hatte ihm von der Macht berichtet, die er innerhalb der Gefängnisse und jetzt auf den Straßen Moskaus erlangt hatte, und zwar allein durch seine Willenskraft. Er mochte ein skrupelloser Mann sein, doch er war auch verdammt noch mal einer, den man gernhaben konnte. Er brachte Alexej zum Lachen, während sie bei Zigaretten und französischem Weinbrand miteinander plauderten.
    Aber vergiss nicht. Vergiss es nie.
    »Also«, sagte Alexej und blies eine ganze Reihe von Rauchringen in die Luft. Er würde sein Anliegen ganz beiläufig klingen lassen. Fast unwichtig. »Du hast mich zu einem wor gemacht, zu einem von euch. Keinem vollen Mitglied der wory w sakone , der Diebe im Gesetz, das habe ich verstanden. Das wird noch dauern, und du sagst, ich muss mich erst noch beweisen, bevor ich angenommen werden kann. Doch du hast mich auserwählt. Du hast mir

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