Die Sehnsucht der Konkubine
bevor ich sie verderbe.«
»Ich bleibe hier.«
»Ach so, verstehe. Hier also willst du mir in die Arme fallen, und ich soll dir im Gegenzug ein paar nette Gefängnisnamen ins Ohr flüstern.«
»Etwas in der Art, ja.«
»Das hätte ich mir denken können.«
»Du bist schuld daran, dass ich mich billig fühle.«
»Meine schöne Lydia, du wirst nie billig sein, da bin ich mir ganz sicher. Bei dir wird der Preis immer hoch sein.«
Sie schluckte und musste das Gefühl niederkämpfen, der Situation nicht gewachsen zu sein. Als könnte sie jeden Moment in diesem seltsamen wässrigen Licht ertrinken.
»Es ist kein hoher Preis«, beharrte sie. »Der Name eines Gefängnisses und die Adresse. Ein Kinderspiel für dich.«
Er ließ seinen Blick genüsslich über sie wandern, von den abgewetzten Schuhen über die schmalen Hüften bis hoch zu den Brüsten, dem Hals und schließlich ihrem Gesicht, als wollte er einschätzen, wie viel sie wert war. Ihre Wangen begannen zu brennen.
Er lächelte. Es war ein seltsam schiefes Lächeln. »Du bist ganz besonders begehrenswert, wenn du so errötest, Lydia. Wusstest du das?«
»Bist du in der Stimmung für ein Spielchen, Dmitri?«
Und wieder war er für eine Überraschung gut, denn jedes Mal, wenn sie versuchte, die Kontrolle zu übernehmen, wich er ihr aus. Er zog ein silbernes Zigarettenetui aus der Innentasche seiner Jacke, nahm eine Zigarette heraus und warf ihr das Etui zu. Sie fing es auf.
»Benutze das, Lydia. Kauf dir deine Information selber. Ich habe nicht die Absicht, mir meine zukünftige Karriere im Kreml zu verderben, bloß weil ich einem schönen Mädchen nichts abschlagen kann. Nicht einmal einem mit dem Gesicht eines Engels und den Augen einer Tigerin, das bereit ist, mir das Herz aus der Brust zu reißen, wenn ich nicht tue, was es von mir verlangt.«
Lydia war verblüfft. Am liebsten hätte sie das Silberetui fallen lassen, aber ihre Finger wollten es nicht loslassen. Sie sah, wie er sich mit ruhiger Hand seine Zigarette anzündete.
»So«, sagte er und stieß eine graue Rauchwolke durch die Nasenflügel aus. »Was würdest du tun, wenn du die Adresse dieses Gefängnisses kennen würdest? An Jens Friis schreiben? Hallo, wie geht es dir? Ich habe viel Spaß hier in Moskau. Ist es das, was du vorhast?«
»Natürlich nicht.«
»Was dann?«
»Das ist meine Sache.«
Sie starrten sich an. Plötzlich feindselig.
»Briefe oder sonstige Kontaktaufnahmen sind nicht erlaubt«, sagte er. »Das solltest du wissen.«
»Ich hab nicht daran gedacht, eine Postkarte zu schicken.«
»Nein.« Er nickte nachdenklich. »Das hätte ich mir denken können.«
Das war es. Ihr Herz schlug wie ein Hammer gegen ihre Rippen. Sie machte einen weiteren Schritt vorwärts. Sie standen jetzt ganz nah beieinander, so nah, dass sie den würzigen Duft seines Haaröls wahrnahm und die winzige Pockennarbe an seinem Kinn sah. Er stand reglos da, die Zigarette lässig zwischen den Fingern, ließ sie dabei jedoch nicht aus den grauen Augen.
Sie streckte die Hand aus, nahm die Zigarette und drückte sie in einem Aschenbecher auf dem nächststehenden Tisch aus. Dann hob sie seine Hand an und legte sie auf ihr heftig pochendes Herz. Sein Mund wurde weich. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, schlang die Arme um seinen Hals und zog seinen Kopf zu sich herunter, bis ihre Lippen sich trafen. Zuerst reagierte er nicht, blieb steif und zögernd, und sie fürchtete schon, alles vermasselt zu haben. Doch kaum lehnte sie sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen ihn und ließ die Hitze ihres Körpers über ihn hinwegschwappen, ging abrupt eine Veränderung in ihm vor. Seine Zunge glitt in ihren Mund, seine Hände zerrten an ihrer Bluse, und ein Geräusch wie das Stöhnen eines Betrunkenen entrang sich seinen Lippen. Jetzt hatte er sie. Genau das, was er wollte.
Lydia hielt die Augen offen. Zwang sich dazu, ihn anzuschauen, während seine Hand unter ihren Rockbund schlüpfte.
»Ach, na das ist ja eine nette Party hier. Kann man mitmachen, oder ist sie privat?«
Lydia erstarrte, Dmitri machte sich los. Er atmete schwer aus.
»Hallo, Antonina«, sagte er mit einem sorglosen Lächeln. »Lydia bringt mir gerade die Kunst des Pokerns bei.«
»Mit hohem Einsatz, stimmt’s?«
»Sehr hoch.«
Antoninas Fingerspitzen strichen über ihre langen weißen Handschuhe, auf und ab, wieder und wieder. »Lydia, dein Bruder möchte dich sprechen.«
Lydia spürte eine Regung in ihrem Unterleib, als würde sich dort
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