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Die Sehnsucht der Konkubine

Die Sehnsucht der Konkubine

Titel: Die Sehnsucht der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Furnivall
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Reisfeld ist oder der elegant bemalte Fingernagel, der ihr aus Versehen ins Essen gefallen ist, während sie für ihn kochte.«
    Hu Tai-wai grinste und unterzog Chang einer langen, liebevollen Musterung, wobei ihm sowohl der Zustand seiner Kleidung als auch die Stille in seinen Augen nicht entgingen. »Und was weißt du schon von Ehefrauen, mein Freund?«
    »Nichts, wofür den Göttern gedankt sei.«
    Doch seine Stimme musste ihn irgendwie verraten haben, denn der Schuster lachte nicht. Eine Weile sprach keiner von ihnen, doch es war ein angenehmes Schweigen, das zwischen ihnen herrschte, während sie beide der Nadel zusahen, die in das Leder hineinflitzte und wieder hinaus, als wäre Leben in ihr. Eine Frau mit Pockennarben schlurfte auf der Straße an ihnen vorbei, ein Joch auf den Schultern balancierend, das ihr mit seinem Gewicht tief ins Fleisch schnitt. In beiden Eimern, die an den Enden des Jochs baumelten, wanden sich schwarze Ferkelchen, die so durchdringend quiekten, als hätte jemand den Göttern auf die Füße getreten. Die Hitze und der Lärm machten Chang schwer zu schaffen.
    »Die Stadt hat sich erholt?«
    Hu Tai-wai wandte den Kopf und schaute ihn aufmerksam an. »Von der Ehre des Besuches Mao Tse-tungs, meinst du? Hast du den toten Soldaten gesehen?«
    Chang nickte.
    Hu Tai-wai seufzte, und Chang spürte das ganze Gewicht dieses Seufzens. »Es gab noch mehr davon.« Der Schuhmacher blickte in die Richtung des Holzrahmens, an dem man den Soldaten aufgehängt hatte. Nur eine leuchtend bunt geschmückte Teestube verbarg den Ort des Grauens vor ihren Blicken. »Wir haben sie heruntergenommen, aber einer musste hängen bleiben.«
    »Eine Warnung an andere Soldaten, die mit dem Gedanken spielen, aus der Roten Armee zu desertieren. Ja, Mao Tse-tung besteht darauf. Aber es ist eine Armee aus Bauern, die an dem Glauben festhalten, Mao würde ihnen eine Neuverteilung des Landes in China bringen. Das ist der Grund, warum sie für ihn kämpfen. Sie sehnen sich danach, die Felder zu besitzen, auf denen sie arbeiten, Felder, die sie dann ihren Kindern und Kindeskindern weitervererben wollen. Wenn sie dann entdecken, dass unser großer und weiser Führer mehr an Macht interessiert ist als an den Menschen, versuchen sie in ihre Dörfer zurückzukehren, um ihre Ernte einzubringen, aber …« Chang biss sich auf die Zunge. Sollte sein Herz doch in aller Stille bluten. »War er lange hier?«
    Obwohl er saß, machte der Schuhmacher über der Lederarbeit auf seinem Schoß eine tiefe Verbeugung. »Ja. Mao war lange genug hier.«
    Chang blickte in das plötzlich argwöhnische Gesicht und murmelte: »Erzähl mir davon, mein Freund.«
    Hu Tai-wai nahm seine Stickarbeit wieder auf. Gerade gestaltete er sorgfältig die Umrisse des zuckenden Schwanzes von dem sterbenden Affen. »Er blieb einen ganzen Monat hier.« Er hatte die Stimme gesenkt. »Eine Abteilung seiner Armee schlug draußen auf den Terrassen ihr Lager auf und verdarb unsere Ernte, doch die Männer hatten nichts zu tun, während es sich ihr Führer im besten Haus der Stadt gut gehen ließ, weshalb sie maotai tranken und beschwipst durch die Straßen torkelten. Sie erschreckten die Mädchen und nahmen sich aus den Läden, was sie wollten.«
    Chang pfiff durch die Zähne. »Mao Tse-tung war Schullehrer. Er ist kein Mann des Militärs und weiß nicht, wie man eine Armee unter Kontrolle hält.«
    »Nein, anders als Tschu. Mit Tschu an der Spitze war die Armee diszipliniert.«
    »Aber Mao hat Tschu seine Armee gestohlen. Er hat ihn gedemütigt und das Kommunistische Hauptquartier in Shanghai angelogen. Du musst zugeben, alter Schuhmacher, dass unser Führer schlau ist. Seine Gier nach Macht ist so groß und seine Wege so gewunden, dass er China wirklich noch erobern könnte.«
    Hu Tai-wai grunzte.
    »War seine neueste Gattin, Gui-yuan, bei ihm?«, wollte Chang wissen.
    »Ja, das war sie. So zart wie eine Morgenblume. Zusammen haben sie das schönste und größte Haus in Zhandu für sich beansprucht, jeden Tag im Bett verbracht, geschmortes Rind verspeist und Milch getrunken.« Hu Tai-wai riss voller Verachtung seinen Faden ab. »Welcher Mensch, der noch recht bei Trost ist, trinkt denn Milch? Milch ist nur für Säuglinge.«
    Chang lächelte. »Im Westen trinkt, glaube ich, jeder Milch.«
    »Dann sind sie dort noch kränker im Kopf, als ich dachte.«
    Chang gluckste. »Sie sagen, es sei gut für einen.« Einen Moment lang glaubte er eine Tasse an seinen Lippen zu

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