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Die Sehnsucht der Konkubine

Die Sehnsucht der Konkubine

Titel: Die Sehnsucht der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Furnivall
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diesem verschlafenen sowjetrussischen Städtchen geworden?«
    Er streifte mit den Lippen die weiche Kurve ihrer Wangenknochen und fragte sich, wie viel von dem hier an irgendeine Stelle weitergegeben würde, aber er konnte einfach nicht den Mund halten.
    »Das ist ganz simpel. Ich habe entdeckt, dass ich eine Halbschwester habe.« Er blickte tief in Antoninas dunkle, ernste Augen und wollte sie nicht anlügen, wollte die Schatten auf ihrem hübschen Gesicht nicht noch vertiefen. Dennoch tat er genau das. »Ich war das bürgerliche Leben satt. Zu der Zeit zog ich sowieso schon ernsthaft in Erwägung, endgültig nach Russland zurückzukehren.«
    »Wieso?«
    »Weil ich Teil dieser großen Sache sein wollte, die hier im Gange ist. Dass wir eine ganz neue Nation erschaffen, unsere Ideale verwirklichen und aus einer materialistischen Gesellschaft eine idealistische entstehen lassen.«
    Sie ließ ihren schlanken Körper aus seinen Armen gleiten und legte sich auf das Kissen zurück, streckte die langen Beine aus und strich mit den behandschuhten Händen darüber, als gehörten sie jemand anderem. Da war etwas unbewusst Sinnliches an diesen langsamen, an ein Ritual gemahnenden Bewegungen.
    »Und dann seid ihr zusammen hierhergekommen«, sagte sie, ohne ihn anzusehen. »Du und deine Lydia, um diesen Jens Friis zu finden.«
    »Ja.«
    »Er ist nicht mehr im Lager von Trowitsk, weißt du.«
    »Bist du da sicher? War es das, was du Lydia sagen wolltest?«
    »Ja.«
    »Wo ist er dann jetzt?«
    »Moskau.«
    »Verdammt!«
    Moskau. Dann hatte dieser verfluchte Kosak also Recht gehabt.
    Sie schaute ihn ernst an. »Dann hast du ja die Information, die du haben wolltest. Wirst du mich jetzt verlassen?«
    »Antonina«, sagte er neckend. »Wo sonst soll ich ein Bad und eine Rasur herkriegen? Natürlich bleibe ich.«
    Sie lachte erfreut und fuhr mit der große Zehe seinen Arm hoch und durch seinen Bart.
    Ihre Haut schmeckte nach Oliven. Nach warmem Sonnenlicht auf einem Glas gutem französischen Burgunder, nach einem Teller dicker, reifer Oliven. Sie schmeckte nach Zivilisation. Das war es, was Alexej vermisst hatte. Er war es bis tief in seine Seele leid, all das Grau und den Dreck und dieses Leben, das nur aufs Pragmatische reduziert war. Er wollte Oliven.
    Er küsste Antoninas Hals und spürte das leise Pochen ihres Pulses, während er mit der Zunge die zarte Linie ihres Schlüsselbeines nachfuhr, hörte, wie sie erregt den Atem anhielt. Wie ein Kind, wenn es zum ersten Mal den Christbaum sieht. Auch sein Atem ging schneller, während er mit der Hand ganz gemächlich über ihren nackten Schenkel fuhr, ihre schmale Taille streichelte und mit den Fingerspitzen ihre Brüste und die Kuhle dazwischen erkundete. Sie stöhnte und murmelte etwas Unhörbares, schloss die Augen, öffnete die Lippen zu einem genießerischen Lächeln. Er berührte ihre Zähne mit der Zungenspitze.
    »Ist das gefährlich?«, murmelte er.
    »Natürlich ist es das. Deshalb bist du hier.«
    »Und du?« Er küsste ihre Augenlider. »Bist du ebenfalls deshalb hier?«
    »Ich bin hier, weil …«
    Plötzlich war ihre Anspannung greifbar. Zögernd hob sie die Augenlider, und er konnte ihr in die Augen schauen. Sie waren dunkel und verwirrt. Ganz langsam füllten sie sich mit Tränen.
    » O Antonina, was ist?«
    Sanft nahm er sie in die Arme und wiegte sie an seiner Brust, während er in die Kissen zurücksank und ihren zitternden Körper an sich drückte. Er kannte diese Frau gar nicht, noch wusste er, was sie so quälte. Aber er wusste, dass er sie nicht gehen lassen wollte. Wäre er mit jemandem verheiratet gewesen, der jeden Tag verhungernde Männer in die Kälte hinausschickte, damit sie Karren zogen wie Sklaven oder mit bloßen Händen Kohle schürften, hätte wohl auch er nach Wegen gesucht, seinen Schmerz zu lindern. Vielleicht hätte auch er ellbogenlange Handschuhe im Bett getragen wie sie. Ganz langsam sog er ihr Parfüm ein und spürte eine Verbundenheit mit Antonina, mit der er nicht gerechnet hatte. Er legte den Kopf an den ihren, wiegte sie in seinen Armen, spürte, wie ihre Wärme auf ihn überging.
    Wie kann auch nur einer von uns in die Zukunft schauen?
    »Kolja.«
    Der blonde Lastwagenfahrer hob den Kopf über einer Ausgabe der Prawda und betrachtete Alexej mit Interesse. Es waren Augen, die ihre Umwelt offenbar immer mit Interesse betrachteten.
    »Was kann ich für dich tun?« Er warf die Zeitung ins Führerhaus seines Lastwagens und sah Alexej auf sich

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