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Die Sehnsucht der Krähentochter

Die Sehnsucht der Krähentochter

Titel: Die Sehnsucht der Krähentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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rekrutieren. Mit den ersten davon schlug er bereits den Weg nach
Westen ein. Ich sollte nachkommen.«
    »Worum sorgte sich dein
Auftraggeber?«
    »Um sein Leben, seine
Familie, seinen Besitz. Und so war er auf der Suche nach jemandem, der verrückt
genug war, für ihn einen weiten Weg auf sich zu nehmen und ein großes Wagnis
einzugehen.«
    »Jemanden wie dich.«
    Nils Norby lächelte.
»Hineingeschlittert, wie du es so schön nanntest. Ich wusste nicht, was ich tun
sollte. Ich war am Ende. Nicht nur aufgrund der Verletzungen, die mir Kugel und
Degen der Spanier zufügten, sondern weil es mir nicht gelungen war, dich zu
beschützen. Das einzige Ziel, das ich mir in vielen Jahren setzte, hatte ich
nicht erreicht. Denn auch ich war überzeugt davon, dass du tot sein musstest.
Und ich wollte es nicht wahrhaben. Übrigens auch, weil ich dir unbedingt noch
etwas sagen wollte. Die ganze Zeit schon. Ohne dass ich jedoch irgendwie den
richtigen Moment dafür finden konnte.«
    »Und
was war das?«
    Sein
Lächeln erhielt etwas Ausweichendes. »Heute erscheint es mir nicht mehr wichtig
zu sein. Bloß eine Kleinigkeit, unbedeutend. Und so blieb ich ohne dich zurück.
Die Spanier nahmen an, dass ich nicht mehr am Leben war. Oder es reichte ihnen
aus, mich außer Gefecht gesetzt zu haben. Ihnen ging es ja um dich. Verwundet
schleppte ich mich in die Stadt. Anständige Leute fanden mich und halfen mir.
Und bald ging die Nachricht durch die Straßen Ippenheims, dass vier Spanier
eine junge schöne Frau mit blondem Haar und einen unbekannten Mann in den Tod
gehetzt hätten. Da war mir klar, dass ich nie wieder etwas zu dir sagen würde.
Ich kurierte meine Verletzungen aus und hielt mich zurück: Niemanden klärte ich
darüber auf, dass zumindest der Mann mit dem Leben davon gekommen war.«
    »So
haben wir also beide das gleiche angenommen: dass der jeweils andere tot wäre.«
    »Ja, womit wir
unweigerlich wieder bei dir wären, Bernina.« Der Klang seiner Stimme war
begleitet worden von einigen Windböen, die gegen den Zeltstoff prallten. Noch
immer hörten sie gedämpft, wie sich die Männer im Schein der Feuer unterhielten.
»Wie kam es, dass du zu einem Soldaten wurdest?«
    Nach wie vor hatte
Bernina nicht entschieden, wie sie das Ganze erklären sollte. Und noch ehe sie
einen Laut hervorbringen konnte, stellte ihr Norby die nächste Frage. »Hat es
etwas mit deinem Mann zu tun?«
    Beinahe noch verblüffter
als bei dem Kuss traf ihn ihr Blick. »Wie kommst du darauf?«
    Eine vage Geste seiner
Rechten. »Du hast mir über deine Mutter, niemals jedoch über deinen Mann
berichtet. Dabei hörte ich in Teichdorf, dass er ganz plötzlich verschwunden
wäre.« Norby schien in ihrem Gesicht zu forschen. »Ich habe öfter daran denken
müssen. Und auch jetzt fiel es mir wieder ein.«
    Bernina wunderte sich
insgeheim über sein Gespür. Anselmo war tatsächlich nie ein Thema zwischen
ihnen gewesen.
    »Du willst nicht darüber
reden?«, fragte er nach.
    »Doch«, erwiderte sie
spontan. In kurzen Worten schilderte sie ihm, wie sie zufällig einen Hinweis
darauf erhielt, dass Anselmo sich in der Gewalt von einer Gruppe mysteriöser,
gefährlicher Männer befinden würde – Spaniern, die angeblich den Weg in ihre
Heimat eingeschlagen hätten. »Den Weg nach Valencia«, setzte Bernina hinzu.
    In
Norbys Auge war ein kurzes Aufflackern. Er erfasste sofort den Hintergrund
dessen, was sie getan hatte, und pfiff durch die geschlossenen Lippen. »Du hast
erfahren, dass auch meine kleine, merkwürdige Streitmacht dieses Ziel hatte und
bist …« Leise ließ er die Worte verklingen.
    Sie sah ihn nur an. Eine
Bestätigung wäre auch nicht nötig gewesen.
    »Deswegen also dieser
Aufzug? Deswegen all die Strapazen und der Aufbruch in ein fernes Land?«
    »Nun hältst du mich
gewiss für närrisch, für übergeschnappt«, meinte sie mit abwartendem Ton.
    »Vielleicht.« Auf seiner
Stirn bildeten sich Falten. »Vielleicht halte ich dich aber auch für eine Frau,
in der viel Liebe steckt.«
    »Wahrscheinlich habe ich
mich an etwas geklammert, das es gar nicht gibt. Etwas, das ich einfach hören
wollte. Die Worte jagten durch meinen Kopf. Gefangener, Spanien, Valencia. Und
dann war da diese Armee … Ich weiß nicht, welcher Teufel mich ritt, aber …«
Diesmal beendete sie den Satz nicht.
    Der Hauptmann lachte.
Allerdings alles andere als spöttisch. Eher anerkennend. »Als ich dich zum
ersten Mal sah, war mir bereits klar, dass du anders bist als andere

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