Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)
und Mordens ihn nur machen konnten. Mit hasserfüllten Augen starrte er auf Traian herab und fletschte trotzig die hässlichen gezackten Zähne. Allein die Tatsache, dass er außerstande gewesen war, sich dem Befehl des uralten Vampirjägers zu widersetzen, ließ ihn rasen vor Zorn.
Traian zögerte. Im Laufe der Jahrhunderte einer Existenz als Untoter hatte sich der Vampir verändert, aber dennoch hatte er etwas an sich, das Traian bekannt vorkam. War es möglich, dass dieser Meistervampir Vadim Malinov war? Ein Jäger aus einer der mächtigsten karpatianischen Familien? Es war schwer zu sagen, doch falls es so war, würde er einen so starken und gefährlichen Feind abgeben, wie den Karpatianern noch nie einer begegnet war. Malinovs Familie war bekannt für ihre taktischen und strategischen Befähigungen, und ihre kriegerischen Fähigkeiten waren legendär.
Mehr als jeden anderen hasste der Meistervampir jedoch den Jäger, dem er wochenlang zugesetzt hatte und den er nicht hatte töten können – nicht einmal mithilfe einer kleinen Armee an seiner Seite. Außer sich vor Wut, dass Traian auch diesmal wieder den Sieg errungen hatte, warf der Meistervampir den Kopf zurück und stieß ein markerschütterndes Geheul aus.
Gleichzeitig ertönte ein immer lauter werdendes Geräusch in Traians Kopf, ein Gegenbefehl, zu töten und zu vernichten. Jede Zelle in Traians Körper reagierte, und plötzlich war er kaum mehr als ein Nervenbündel, wie gelähmt und gezwungen, hier draußen im Freien zu stehen, ohne Deckung und dem Meistervampir schutzlos ausgeliefert.
Ich bin dein Meister. Das Echo hallte in Traians Muskeln, seinem Gewebe und in jedem einzelnen seiner Organe wider.
Nein! Joies Flüstern war ein sanfter, liebevoller Gegenpol zu dem bösartigen, unheilvollen Befehl des Vampirs. Er hat dein Blut genommen und benutzt das jetzt als Waffe gegen dich. Hör nicht auf ihn. Er hat keine Macht über dich. Über keinen von uns. Es ist mir egal, wie stark er ist, Traian, oder was er ist. Wir sind stärker. Er kann dich durch eure Blutsverbindung aufspüren, doch er kann dich nicht beherrschen.
Ein Teil von Traian erkannte, dass sie bei ihm war, in seinem Geist, und seine Erinnerungen danach durchsuchte, was dieser Vampir und sein Rudel ihm während jener Tage der Gefangenschaft in der Eishöhle angetan hatten. Es war eine unvorstellbare Qual gewesen, ertragen zu müssen, dass dieser Meistervampir das Blut aus seinen Adern trank und ihn in jedem seiner wachen Momente verhöhnte, doch immer nur als schattenhafte Gestalt, um noch viel gefährlicher und mächtiger auf ihn zu wirken.
Du dummes Frauenzimmer! Ich beherrsche seinen Geist . Nachdem der Meistervampir ihre Blutsbande benutzt hatte, um den geschwächten Jäger im Zaum zu halten, hatte er natürlich nicht die Absicht, seinen Vorteil aufzugeben. Er ist meine Marionette, und bald werden es auch all die anderen sein. Er kann mir nichts anhaben, doch ich kann ihn überall aufspüren. Und durch ihn kann ich auch dich und deine jämmerliche Familie finden. Schließt euch mir an! Eines Tages werde ich nicht nur über die Karpatianer, sondern auch über die Menschen herrschen. Wenn ihr euch mir nicht anschließt, werdet ihr vor mir niederknien, und ich werde kein Erbarmen mit dir oder den Deinen haben.
Joie lachte, und dieser wunderbare Laut, der wie eine frische Brise war, nahm Traian die Furcht aus dem Herzen und verschaffte ihm einen klaren Kopf. Der Dumme hier bist du. Für mich gibt es nur einen. Wir werden dich vernichten, weil du nichts als eine verfaulte, leere Hülle bist. Der einzige Weg, wie du es geschafft hast, Traian auch nur für einen kurzen Moment zu fesseln, war durch seine Wunden. Er ist viel zu tapfer und stark für deinesgleichen, und deshalb hat er dir auch befehlen können, dich zu zeigen, während du ihn durch nichts dazu bringen kannst, sich dir zu beugen und für dich zu sterben. Ich wäre lieber tot, als auch nur eine Minute mit dir zu verbringen.
Dann sei es so.
Traian spürte, wie sich die Wut des Ungeheuers in seinem Kopf und seinen Adern entlud, als brächte sie sein Blut zum Kochen, doch er war zumindest frei von dieser fürchterlichen Lähmung. Er klatschte in die Hände, spreizte weit die Finger und streckte die Arme nach dem Vampir aus, der sich schon in Dunst auflöste. Die Luft knisterte von Elektrizität, und Blitze zuckten auf und schossen in alle Richtungen über den dunklen Himmel.
Der wütende Vampir schrie einmal auf, und ein
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