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Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)

Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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Du kannst alles und bist überragend gut in allem. Du kannst keine Stimmen hören. Du bist der gefestigtste Mensch, den ich kenne. Ein bisschen durchgeknallt, weil du diese Art von Unternehmungen liebst, doch immer noch sehr … umsichtig und überlegt.«
    Joie blickte lächelnd zu ihrer Schwester auf. »Ich höre definitiv eine Stimme. Im Moment sagt er mir gerade, wir sollten von hier verschwinden. Er sagt, es sei gefährlich und dass wir uns alle in Todesgefahr bringen. Genau dieses Wort hat er gebraucht, ein Wort, das ich selbst niemals benutze. Glaubt ihr, dass ich eine gespaltene Persönlichkeit bin? Ich habe immer männliche Tätigkeiten vorgezogen und bin stets ein richtiger Wildfang gewesen. Vielleicht ist das ja bloß meine männliche Seite, die hervorkommt. Und nur, damit ihr wisst, wie verkorkst mein Kopf tatsächlich ist – dieser Mann ist sexier, als ich es bin.«
    »Vielleicht rät dir deine Intuition, diesen Abstieg nicht zu machen, Joie«, warnte Jubal. »Wir haben die Sache auch nicht ausreichend vorbereitet.«
    »Ich habe keine andere Wahl«, erwiderte Joie traurig. »Diesmal nicht. Wir haben die Ausrüstung und den nötigen Proviant. Wir sind alle warm genug angezogen. Ich kann mich abseilen und mich dort unten umsehen. Wenn ich in zwei Stunden nicht zurück bin, könnt ihr Hilfe holen.«
    »Du hast mich nicht ausreden lassen. Falls dieser Mann nicht real ist, sollten wir es herausfinden, und sollte er es sein, dann müssen wir ihm helfen, wenn er verletzt ist. Außerdem sind wir eine Familie, und wie Dad immer sagt: ›Wer A sagt, muss auch B sagen‹.«
    Gabrielle schüttelte den Kopf. »Wir gehen alle hinunter. Wir bleiben zusammen, Joie. Wenn du es tun musst, tun wir es zusammen, wie immer.«
    »Dann sollten wir aufhören zu reden und uns in Bewegung setzen«, warf Jubal entschieden ein.
    Joie würde es sich nicht anders überlegen. Was immer sie in diesen dunklen Abgrund trieb, war zu stark, um dagegen anzukämpfen. Und das Grauen in ihm nahm sogar noch zu, als Jubal in das dunkle Loch hinunterblickte. Etwas Übles, Böses lauerte in der Nähe, und er hatte das Gefühl, dass sie schon sehr bald damit konfrontiert werden würden.

Kapitel drei
    J oie, das ist nicht von dieser Welt«, sagte Jubal mit leiser, ehrfürchtiger Stimme, als er sich einmal um sich selbst drehte und den Lichtstrahl seiner Lampe über die Wände der Kammer gleiten ließ. Der Abstieg war gut über hundert Meter lang gewesen. »So etwas habe ich noch nie gesehen. Was für eine Entdeckung! Die Eisformationen sind unglaublich. Ich schwöre, dass ich sogar an mehreren Stellen eine Goldader gesehen habe. Und es gibt noch so viele Kammern und Gänge zu erforschen!«
    Das jahrhundertelang verborgene unterirdische Areal war atemberaubend. Trotz der Dringlichkeit, die Joie empfand, erlaubte sie sich einen kurzen Moment des Staunens, als sie sich umblickte und die verschlungenen Gänge und Tunnel, die mit edelsteinartigen Kristallen gesäumten dunklen Teiche und das Netzwerk schmaler Felsspalten und Grotten sah. Der Gang mündete in eine vollständige unterirdische Welt. Wenn sie nicht diesen seltsamen Spalt entdeckt hätten, der ihnen den Zugang ermöglicht hatte, hätten sie diese funkelnde Welt tief unter der Erde nie gesehen.
    Eiskugeln und Eiszapfen, die in allen Schattierungen von Blau glitzerten, bedeckten die Decke und die Wände, und steile Hänge und breite Felszungen prägten diese prachtvolle Galerie. In dieser subterranen Welt gab es Gipfel und Felsspitzen, das Eis formte Berge und Täler, Grate und Klammen. Unterirdische Flüsse waren zu Eis erstarrt, nachdem sie Tunnel und Kanäle aus dem Fels herausgewaschen hatten. »Fenster«, gaben den Blick auf Gletschermühlen tief unter ihnen frei.
    Gabrielle bewegte sich vorsichtig um eine Eisskulptur herum, die sich wie eine Flammensäule aus dem Erdboden erhob. »Seht euch das an! Wenn ich es von diesem Winkel aus beleuchte, könnte ich schwören, dass das Ding voller Edelsteine ist. Es glitzert wie ein geschliffener Diamant, spiegelt aber das Licht wider, als wäre es rot wie ein Rubin.«
    Eine Bewegung erregte ihre Aufmerksamkeit, und Gabrielle wandte den Kopf, um Joie zu beobachten, die das Gletschereis untersuchte, aus dem die Galerie bestand. »Sei vorsichtig, Joie, denn ich vermute, dass eine Menge uns bisher noch unbekannter Viren von Insekten und möglicherweise auch von Pilzen in Höhlen wie dieser vorkommen. Diese Mikroorganismen existieren ohne Licht und mit

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