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Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Titel: Die Sehnsucht der Smaragdlilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Mccabe
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waren braun und verdorrt, die Bäume kahl, die Brunnen versiegt. Doch Marguerite konnte genau sehen, dass der Garten im Sommer außerordentlich schön sein würde, ein einziges Schwelgen in Rosen, Lilien, Veilchen, Goldlack, duftenden Kräutern und grünen Weinranken über den niedrigen Geländern und Spalieren.
    Auch jetzt konnte man den Garten kaum leblos nennen, denn Menschen schlenderten über die weißen Kieswege, und ihre höfischen Gewänder waren von solch strahlender Farbenfreude, wie eine Blume sie sich nur wünschen konnte. Waren es Engländer, Franzosen, Spanier? Von ihrem Beobachtungsplatz aus konnte Marguerite es nicht erkennen. Aber bald genug würde sie es wissen.

4. KAPITEL
    Und hier, Master Ostrowski, seht Ihr des Königs neu gebautes Haus für Festlichkeiten. Und dort, am anderen Ende des Turnierplatzes, das Theater“, sagte Sir Henry Guildford, der Master of the Revels des Königs, und wedelte mit der Hand in Richtung eines niedrigen Holzgebäudes, während sie durch den Garten spazierten. Selbst zu dieser späten Stunde – die Sonne ging am Ende des ersten Tages dieses wichtigen Treffens gerade unter – eilten Arbeiter hin und her, hämmerten, sägten und kümmerten sich in dem neuen Gebäude um die letzten Details.
    „Hier werden die geplanten Festzüge und Maskenbälle stattfinden“, erklärte Sir Henry und führte Nikolai zum Theater. Sie kamen an einer Gruppe von Dienern vorbei, die zwei hoch aufragende Sträucher schleppten, einen Weißdorn und einen Maulbeerbaum. „Der König liebt auch spontane Vorführungen. Doch ganz gleich, wie gut ich und meine Untergebenen auch alles zu organisieren versuchen, man weiß nie, wann so etwas passiert.“
    Die mit einem Mal zusammengepressten Lippen im runden Gesicht Guildfords waren das einzige Anzeichen der Verärgerung, die solche „spontanen“ Vorführungen hervorriefen. Die Aufgabe des Master of the Revels war es, alle Vergnügungen bei Hofe zu überwachen, ja sogar Buch zu führen über die verwendeten Kostüme und Requisiten und sich um die Besetzung der verschiedenen Rollen zu kümmern. Das war sicher nicht leicht, wenn ausgerechnet die Person, die von diesen sorgfältig vorbereiteten Darbietungen beeindruckt werden sollte, das Vorhaben immer wieder untergrub.
    Für Nikolai war es eine harte Zeit gewesen, als er noch seine eigene kleine Truppe fahrender Spielleute hatte zusammenhalten müssen. Er beneidete Sir Henry nicht um die Aufgabe, einen ganzen Hof hüten zu müssen. „Es muss schön sein, einen eigenen Ort für diese große Aufgabe zur Verfügung zu haben, Sir Henry“, sagte Nikolai und deutete mit dem Kopf zu dem neuen Theater hinüber.
    „Es ist nicht nur mein Ort, Master Ostrowski. Wir müssen es mit den Minnesängern des Königs und den dazugehörigen Musikanten teilen“, antwortete Sir Henry. „Doch es gibt einen Raum, wo wir unsere Requisiten aufbewahren können, was ein Segen ist. Gewöhnlich müssen sie aus großer Entfernung herbeigeholt werden.“
    Nikolais Kulissen waren oft in einem bemalten Wagen verstaut gewesen, und verborgen unter Masken und Schellen hatten oft noch gefährlichere Dinge gelegen, Dinge für – diskrete Aufgaben. Aber er nickte nur verständnisvoll.
    „Wir freuen uns, Euch hier willkommen heißen zu können, Master Ostrowski“, fuhr Sir Henry fort. Der leichte Ton, in dem er sprach, verriet keinerlei Neugier, was Nikolai, ein Schauspieler und obendrein auch noch ein Russe, wohl in der spanischen Delegation verloren hatte. „Hilfe bei unseren Vergnügungen wird immer sehr gerne angenommen. Señor Mendoza erzählte uns, dass Ihr viel Erfahrung mit italienischen Festumzügen habt. Alles Italienische ist zurzeit sehr in Mode, müsst Ihr wissen.“
    „Das stimmt, ich kam erst kürzlich aus Venedig“, antwortete Nikolai.
    „Ach ja, die Venezianer. Sie lieben ihre Maskeraden und Feste, nicht wahr? Ausgezeichnet, ausgezeichnet! Ich bin ein sehr beschäftigter Mann, und wenn ich meine Assistenten nicht jeden Augenblick überwache, bringen die meisten dieser Tunichtgute nichts zustande.“
    „Ich schätze mich glücklich, Euch zu unterstützen, wo ich kann, Sir Henry.“ Nikolais Erfahrung nach waren es oft die Schauspieler bei Hofe – die professionellen wie auch die Höflinge, die oft aushalfen und Rollen übernahmen –, die die meisten Geheimnisse kannten und von verborgenen Plänen und Wünschen Kenntnis hatten. Wenn es ihm möglich war, das zu tun, was er am besten konnte, nämlich an einer

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