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Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Titel: Die Sehnsucht der Smaragdlilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Mccabe
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von ihren eigenen Gedanken ablenkte. „Madame Boleyn ist in der Tat reizend.“
    „Wie ich hörte, wuchs sie in Frankreich auf“, meinte der Comte und führte Marguerite den Spazierweg entlang. Pater Pierre folgte ihnen schweigend wie immer. Das Rascheln seines Gewands war das einzige Zeichen seiner Anwesenheit. „Steht sie denn uns und unserer Sache freundlich gegenüber?“
    „Das kann ich nicht sagen“, antwortete Marguerite. „Ich habe mich nicht mit ihr unterhalten. Aber bestimmt wird sie nicht die Freundin eines Verbündeten der Königin sein.“
    „Wie wahr. Vielleicht sollte ich Claudine bitten, mit ihr ins Gespräch zu kommen und sie zum Essen und oder zum Kartenspielen einzuladen.“
    Marguerite bezweifelte, ob Claudines kalte Art die fröhliche, geistreiche Mistress Boleyn dazu bringen würde, Sympathien für die französische Delegation zu entwickeln. „Wenn man ihr das Gefühl geben könnte, wichtig zu sein …“
    „… und wie eine Königin behandelt zu werden?“, ergänzte der Comte. „Das ist sinnvoll. Wie ich hörte, hatten die Boleyns immer den Drang nach Höherem. Pater Pierre glaubt, dass es von Seiten des Königs nur eine Verblendung ist, eine vorübergehende Zuneigung wie bei Mary Boleyn oder Madame Blount. Was meint Ihr, Madame Dumas?“
    Marguerite dachte daran, wie König Henry Anne beim Tanz im Festsaal angesehen hatte, an die ehrfurchtsvolle Art, wie er ihre Hand genommen hatte. „Natürlich kenne ich nicht die Gedanken des englischen Königs.“
    „Aber sicher wisst Ihr etwas über das Benehmen verliebter Männer.“
    Marguerite lächelte bitter. „Ein wenig vielleicht. Und ich würde sagen, dass der König auf gewisse Weise in Anne Boleyn verliebt ist. Sie spielt sehr geschickt mit ihm und scheint eine Menge Einfluss zu haben.“
    Der Comte nickte. Sie hatten die wartende Barke erreicht. „Wenn ich morgen zurückkehre, werde ich Claudine sagen, sie soll Madame Boleyn einladen, mit uns zu speisen. Würdet Ihr uns Gesellschaft leisten, Madame Dumas?“
    „Gewiss. Gottes Segen für Eure Reise, Monsieur le Comte.“
    Marguerite stand am Ufer und schaute zu, wie das Schiff auf den Fluss hinausglitt und als kleiner Punkt am Horizont verschwand. Sie stellte sich vor, sie würde über das Wasser davonsegeln, kleiner und kleiner werden, bis sie, Marguerite, nicht länger existierte, bis sie sich in etwas völlig anderes verwandelt hätte. In einen Vogel vielleicht, der immer höher in den Himmel aufstieg oder in einen Fisch, der in den Tiefen des Wassers tauchte.
    Der Wind wurde stärker und ließ sie frösteln. Sie wandte sich vom Fluss und von ihren Fantasien ab und eilte zurück in den Schutz des Palastes. Sie wusste nicht, wohin sie gehen, noch, was sie tun sollte.
    Sie fühlte sich verloren.
    Dann fiel ihr Blick auf das Theater, dessen Türen halb offen standen. Nikolai war nicht beim Tennisspiel gewesen. Vielleicht würde er hier sein in seinem Übungsraum. In diesem sicheren Hafen, den sie immer wieder aufsuchte.
    Beim Gedanken an ihn wurde ihr auf eine seltsame Weise das Herz leicht. Wenn sie klug war, würde sie das Theater meiden, würde in ihr eigenes Zimmer zurückkehren, ihre Dolche schärfen und neue Pläne schmieden. Doch ihre Schritte trugen sie wie von selbst zum Theater. Zuerst langsam und zögernd, dann schneller und schneller, bis sie schließlich fast rannte.
    Sie schlüpfte durch die Tür und hielt einen Moment inne, um Atem zu schöpfen. Der Chor der Königlichen Kapelle probte gerade, und die wunderschönen Stimmen erhoben sich süß und jubilierend wie ein Engelschor.
    Doch Marguerite war nicht dazu in der Lage, die Darbietung zu genießen. Alles, was sie fühlte, war eine kalte, Übelkeit erregende Vorahnung in der Magengrube.
    Sie ging weiter, bis sie den Eingang zu Nikolais Raum erreicht hatte. Sie beugte sich vor und legte vorsichtig ein Ohr an die Tür. Aber sie hörte nichts außer dem Rauschen ihres eigenen Bluts in den Ohren.
    Bevor sie noch zu sich kommen und fliehen konnte, trat sie rasch hinein. Er war tatsächlich da. Gerade bemalte er eine dünne Holzwand, die Teil eines halb fertigen Schlosses war, mit grüner Farbe. Er trug ein altes, dünnes Hemd, dessen Bänder gelöst waren, hatte die Haare zurückgebunden und war mit Farbe bekleckert.
    Beim Knarren der Tür schaute er sich um. Ein Lächeln spielte um seine Lippen, als er Marguerite entdeckte. „Marguerite! Was machst du denn hier?“
    Sie öffnete den Mund, um zu antworten, doch sie

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