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Die Sehnsucht des Dämons (German Edition)

Die Sehnsucht des Dämons (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht des Dämons (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Chong
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würde sie nie vergessen, auch wenn sie sich noch so bemühte.
    Als sie in ihrem Schlafzimmer war, ließ sie sich aufs Bett fallen und war doch zu erschöpft zum Schlafen. Außerdem fühlte sich das Bett zu groß und zu leer an. Sie strich mit der Hand über die weiche Decke und über die Stelle, wo eigentlich Julian liegen sollte. Gäbe es doch nur eine Möglichkeit, Himmel und Hölle miteinander zu verbinden! Doch es war eine tiefe Schlucht, die sie voneinander trennte. Gut und Böse. Engel und Dämon. Und dass eine solche Liebe nicht vorgesehen war.
    Julian erwachte mit hämmernden Kopfschmerzen. Leidvoll quälte er sich aus dem Bett. Die unzähligen Gläser Gin Tonic bescherten ihm einen üblen Brechreiz.
    „Was hilft am besten gegen einen Kater?“, murmelte er und dachte kurz an eine Spezialmischung – Gin, Tabasco und ein Ring frische Chili. Widerlich, aber wirksam. Aber dazu musste er nach unten an die Bar gehen und die Zutaten zusammensuchen oder den Room Service anrufen … Zur Hölle damit! Warum nicht Feuer mit Feuer bekämpfen? Er nahm sich eine Flasche Gin und machte sich auf den Weg aufs Dach.
    Der Gin half tatsächlich gegen den Kater und versetzte ihn in ein Hochgefühl, das den Trennungsschmerz von Serena betäubte. Auf dem Dach stieg Julian in den Hubschrauber und flog los in Richtung Wüste. In einem selbstmörderischen Tempo preschte er seinem vermeintlichen Ziel entgegen. Er wollte abstürzen. Er wollte, dass sein Leichnam in der Wüste verrottete. Doch leider war Selbstmord keine Lösung. Sein Körper würde sich einfach regenerieren und ihn wieder dorthin zurückbefördern, von wo er gerade zu fliehen versuchte. Oder er würde in die Unterwelt zurückkehren, wo unablässig die Höllenfeuer brannten. Als Dämon war es nicht so leicht, von der Bildfläche zu verschwinden. Da war immer die endlose Hölle der eigenen Existenz.
    Doch Julian war kein Feigling, und Selbstmord war eine Lösung für Feiglinge. Aber er war so müde. Erschöpft vom Leben. Erschöpft von all den Versuchungen, vom endlos lockenden Laster. Seine Lebensfreude war gemeinsam mit Serena verschwunden.
    Stundenlang flog er umher. Nahm die Route, die er mit ihr geflogen war an dem Tag, als sie fast gestorben wäre. Landete auf demselben Felsplateau, wo sie gepicknickt hatten. Wo er ihr das Leben zurückgegeben hatte, wenige Schritte entfernt vom Hubschrauber. Sie hatte im Dreck gelegen und um ihr Leben gekämpft. Serena war eine Kämpferin. Sie kämpfte bis zum Ende. Sie gab nicht auf. Er versuchte, sie sich vorzustellen, wieder in Los Angeles, wie sie zu Hause saß oder in ihrem Yogastudio war.
    Während er umherflog, starrte Julian die verschiedenfarbigen Gesteinsschichten an. Er blickte hinunter in den Bright Angel Canyon. Was er einst als schön empfunden hatte, war ohne sie nichts. Er hatte recht gehabt mit dem, was er über Keats gesagt hatte. Schönheit war nicht immer Wahrheit. Schönheit konnte auch böse sein und leer.
    Sein strahlender Engel hatte ihn verlassen. Weil er sie dazu gezwungen hatte. Ihr ging es besser ohne ihn.
    Als sein Trunkenheitsgefühl abebbte, nahm er die Flasche Gin vom Passagiersitz, setzte sie an und ließ die Flüssigkeit in seine Kehle rinnen.
    Ob Serena an ihn dachte? Wenn ja, an was würde sie sich erinnern? Wahrscheinlich nur an das Schlimmste. Dass er sie zu der Reise nach Las Vegas genötigt hatte. Dass er sie Luciana ausgeliefert und den beinahe tödlichen Schlangenbiss zu verantworten hatte. Dass er sie beim Poker als Spieleinsatz benutzt und sie beinahe verloren hatte. Dass er mit ihr geschlafen und sie danach davongejagt hatte wie einen One-Night-Stand.
    Sicher käme ihr nicht in den Sinn, dass er sich in sie verliebt hatte. Dass sie ihm mehr bedeutete als jedes Lebewesen und alles andere, was ihm in den zweihundert Jahren seiner Existenz jemals begegnet war.
    Denn das wusste sie ja gar nicht.
    Zur selben Zeit, als Julian seinen Kummer im Gin ertränkte, griff Nick zu einem ähnlichen Mittel, um seinen Schmerz zu betäuben – Tabletten. Er erinnerte sich nicht daran, Corbin oder Luciana angerufen zu haben, aber am Samstagnachmittag standen die beiden plötzlich vor seiner Haustür in Beverly Hills.
    „Wir sind nur deinetwegen den ganzen Weg von Las Vegas gekommen, mein Freund“, sagte Corbin, während er und Luciana an ihm vorbeispazierten und es sich in seinem Wohnzimmer gemütlich machten. „Wir wussten, dass du jetzt Beistand brauchst.“
    „Ihr seid wirklich wahre Freunde.“

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