Die Sehnsucht des Dämons (German Edition)
war nicht möglich, das Leiden zu beenden, indem man einfach daran glaubte, es würde enden. Oder war das denkbar? Und wenn ja, an was genau sollte, er glauben? Dass er es wert war, errettet zu werden? Dass etwas Gutes in ihm erwuchs, wenn er anderen zu Hilfe kam? Die Vorstellung allein war lächerlich. Unmöglich.
Er hörte Flügel rascheln. Erzengel. Julian hatte ihn noch nie gesehen, doch nun erkannte er ihn. In diesem feuchten und dunklen Zimmer strahlte der Engel in seiner Herrlichkeit. Auch Serena schien heller zu strahlen. Sie war nicht länger der ängstliche frischgebackene Engel. Sie hatte das Fliegen gelernt.
18. KAPITEL
Z urück auf der Erde. Zurück in der Sicherheit von Serenas gemütlicher Wohnung. Zurück in etwas, das Julian seit Jahrhunderten nicht mehr erlebt hatte. Frieden.
„Was bin ich denn jetzt, wenn ich kein Dämon mehr bin?“, fragte Julian den Erzengel Gabriel, als sie zurückgekehrt waren.
Der Erzengel lächelte wohlwollend. Er strahlte heller als die Sonne, die durch die Wohnzimmerfenster hereinschien. „Du hast es vielleicht nie wahrhaben wollen, aber deine wahre Natur ist die eines Engels. Denn Dämonen sind nichts anderes als gefallene Engel. Jeder, auch der Letzte von euch, kann Erlösung erfahren.“
„Aber ich weiß nicht mehr, wie man … gut ist.“ Bedrückt dachte Julian an seine Vergangenheit, an all die Verfehlungen und Versuchungen. An seine Sünden.
„Serena wird dich leiten. Und du hast sie bereits einmal beschützt. Von nun an wird das deine Aufgabe sein. Von jetzt an seid ihr einander Schutzengel. Du sollst auch wissen, dass deine Mutter immer über dich wacht“, fügte der Erzengel hinzu. „Und auch dein Vater wird eines Tages den Weg zurück zur Erkenntnis finden und sich auf die wahre Natur seiner Seele besinnen. Ihr werdet alle wieder vereint sein. Das verspreche ich dir.“
Eine Welle der Erleichterung wogte über Julian hinweg. Selbst als er in der Verdammnis schmorte, hatte ein Teil von ihm immer gewusst, dass seine Mutter über ihn wachte. Er war nie wirklich allein gewesen.
„Und was ist mit meinem Vater?“, wollte Serena wissen. Sie sah so besorgt aus, wie Julian sie noch nie gesehen hatte. „Ich sah ihn in der Hölle. Corbin behauptete … er sagte, mein Vater hätte einen Pakt mit ihm geschlossen.“
„Das wird alles beizeiten offenbart werden, mein Kind“, gab der Erzengel zur Antwort.
„Ich werde dir helfen, die Wahrheit herauszufinden“, gelobte Julian. „Es muss eine Möglichkeit geben, zu erfahren, was deinem Vater wirklich zugestoßen ist. Corbin kann man nicht trauen. Er ist ein Lügner.“
„Ich weiß.“
„Aber du musst mir auch helfen.“
„Womit?“
„Ich werde endlich das Leben führen, das ich schon vor zweihundert Jahren führen wollte. Ich werde meine Kraft von nun an für das Gute verwenden, nicht für das Böse. Die Gewinne aus meinen Klubs werde ich in Projekte für Hilfsbedürftige fließen lassen. Ich werde von nun an Freude in das Leben der Menschen bringen statt Leid.“
Julian war selbst überrascht, wie schnell sich seine Umkehr vollzogen hatte und wie leicht es ihm fiel. Harry hatte er dazu auserkoren, die Klubs ihrer neuen Bestimmung entsprechend umzustrukturieren. Das umbenannte Angel’s Ecstasy fuhr großartige Gewinne ein. Und auch sein neuer Klub in Las Vegas war von Anfang an ein Riesenerfolg, obwohl er gleich nach der ersten Eröffnung wegen der nötigen Umstrukturierung noch einmal für eine Woche geschlossen werden musste.
Am Abend der zweiten Eröffnung standen Julian und Serena gemeinsam im oberen Stockwerk und blickten auf die Tanzfläche, wo die Massen in freudiger Unbekümmertheit tanzten. „Genau so soll es sein“, rief er ihr über die dröhnende Musik hinweg zu. „Keine Gewalt, keine Drogen, keine Prostitution.“
Sie bewegte sich neben ihm im Rhythmus der Musik, ihr Haar glänzte im Discolicht. „Sondern purer Spaß. Und da dürfen sogar Engel mitmachen“, erwiderte sie ebenfalls rufend und schlang ihre Arme um ihn, um mit ihm zu tanzen.
Er wusste nicht, was die Zukunft ihnen bringen würde. Er wusste nicht, ob er die Erwartungen erfüllen konnte, die sie an ihn stellte und die er an sich selbst stellte. Er wusste nicht, ob er für den Rest seines Lebens tatsächlich allen Versuchungen widerstehen konnte. Er wusste nur, dass er für immer mit Serena zusammenbleiben wollte.
Er nahm ihre Hand und führte sie nach unten auf die Tanzfläche. Sie bewegten sich gemeinsam zum
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