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Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition)

Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Drake
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diesem düsteren Mann alleingelassen hatte. Sein Verhältnis zu seinem Vater war zwiespältig gewesen. Einerseits hatte er in kindlicher Weise an ihm gehangen und hätte alles getan, um seine Anerkennung zu erhalten. Andererseits hatte er als Kind eine große Scheu vor diesem grausamen Mann gehabt, obwohl Daugherty seinen Sohn niemals misshandelt hatte.
    Charles hatte nur ein einziges Mal eine Ohrfeige bekommen, die ihn halb bewusstlos zu Boden geworfen hatte. Das war am Tag des Begräbnisses seiner Mutter gewesen. James Daugherty hatte sie dem indischen Ritual entsprechend verbrennen lassen, und Charles hatte sich losgerissen, um zu dem in den Flammen liegenden, sich aufbäumenden Körper zu laufen, vor Angst, seine Mutter könnte noch leben. Da hatte James ihn zurückgeholt und ihm eine Ohrfeige gegeben. Und dann hatte plötzlich Harding vor ihm gestanden und hatte Daugherty mit einem Blick gemessen, den Charles niemals vergessen würde. Harding hatte Charles auf die Arme genommen und ins Haus getragen. Der Junge hätte schwören können, Tränen in seinen Augen zu sehen.
    Charles verließ das Zimmer, ohne erneut abzusperren oder die Läden zu schließen, und schlenderte durch den Gang in die ehemaligen Gemächer seiner Mutter. Es war alles sauber, sah aber unbewohnt aus, kalt. Die Möbel waren kostbar, auch die Bettlaken aus reiner Seide, ebenso wie die ehemals gelben, mit Blumenmotiven bestickten Vorhänge vor den Fenstern, die schon lange von der Sonne ausgebleicht waren. Wie in jedem anderen Raum waren die Fenster von geschnitzten Holzgittern verschlossen, um die Hitze des Tages abzuhalten. Über einem Diwan befand sich ein großer Fächer, der von einem Diener über einen Flaschenzug in Bewegung gehalten werden konnte. Sein Vater hatte alles Persönliche aus diesem Raum entfernen lassen, als Charles’ Mutter starb. Es war, als hätte sie nie gelebt.
    Er ging in sein Zimmer, ließ sich auf das Bett fallen, stopfte sich Kissen in den Rücken und zog einen Brief aus seiner Jackentasche. Als sein Verwalter ihm seine Post bei der Ankunft übergeben hatte, hatte Charles sie schnell durchgesehen, aber nur diesen einen Brief mitgenommen. Er stammte von Harriet Dorley. Sein Blick glitt über die runde, energische Schrift, die so lebhaft war wie sie selbst.
    Der Brief war lang und ausführlich, die Gedanken sprunghaft, genau so, wie sie redete, wenn sie nervös war. Sie plapperte dann drauflos, und es war kaum möglich, sie zu unterbrechen. Sie schrieb ihm, dass sie die in Boston lebende Base ihres Vaters, Vanessa McRawley, besuchen wolle. Charles’ Nackenhaare stellten sich auf. McRawley, Finnegan, O’Connor, das waren Namen, die er nach Möglichkeit am liebsten aus seinem Gedächtnis gestrichen hätte.
    Ärgerlich überflog er den Brief und warf ihn dann zu Boden. Harriet hatte ihn vor drei Wochen geschrieben und war inzwischen schon abgereist. Das war verdammt unangenehm. Diese Leute hatten damals – nicht ganz freiwillig – herausgefunden, wer hinter dem Namen El Capitano steckte, und würden Harriet sehr schnell über ihn aufklären. Charles fluchte herzhaft.
    Und dann noch dieser vermaledeite Abschiedskuss, der selbst jetzt, nach Wochen, noch das heftige Verlangen auslöste, ihn ausgiebig zu wiederholen. Bei dem Gedanken an Harriets weiche Lippen und ihren biegsamen Körper, an die Leidenschaft, mit der sie sich an ihn geschmiegt und seinen Kuss erwidert hatte, wurde seine Kehle eng und sein Mund trocken. Von anderen, übermäßigen, körperlichen Reaktionen ganz abgesehen.
    Er beugte sich hinunter und hob den Brief auf, studierte ihn nun genauer und versuchte, zwischen den Zeilen zu lesen. Aus ihrem Geplapper ging nicht eindeutig hervor, weshalb sie wirklich abgereist war. Abenteuerlust? Das behauptete sie jedenfalls wiederholt. Dazwischen gab es einige kryptische Andeutungen über gewisse Ereignisse in ihrer Vergangenheit, die sie zurücklassen wollte. Meinte sie diesen verdammten Inder, der ihr wieder nachgestellt hatte? Ertrug sie es nicht, in seiner Nähe zu leben und zu wissen, dass er einen ganzen Harem hatte? Oder war Sullivan wieder aufdringlich geworden, trotz seiner deutlichen Warnungen?
    Schritte näherten sich, dann ertönte ein energisches Pochen an der Tür. Auf seinen Ruf hin trat Harding ein.
    Charles legte den Brief zur Seite und sah seinem Vertrauten entgegen. »Etwas Interessantes?« Harding hatte seine eigene Art und Weise, sich auf dem Laufenden zu halten. Die Sea Snake hatte kaum im

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