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Die Sehnsucht Meines Bruders

Die Sehnsucht Meines Bruders

Titel: Die Sehnsucht Meines Bruders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Waters
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sickerte durch meine Adern, doch mein Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Würde er uns tatsächlich umbringen? Wahrscheinlich schon. Wie er es vorhin so schön dämlich ausgedrückt hatte: Leben lassen konnte er uns wohl nicht. Aber selbst wenn er den Überlebenden tatsächlich verschonte, wie konnte er nur annehmen, einer von uns könnte den anderen umbringen, nur um selbst weiter zu leben? Er schloss von seinem kranken Hirn auf unseres. Sollte er mich doch erschießen! Ich würde meine Seele jedenfalls nicht mit einem Mord belasten.
    Langsam hob er das Gewehr an seine Schulter. „Na wird’s bald?“, schrie er uns an. „Messer habt ihr doch, oder?“
    Er wartete eine Weile und als wir uns nicht rührten, lachte er bloß. „Also gut, wie ihr wollt. Ich habe eine andere Idee. Wie wäre es, wenn ihr mir hier eine kleine Vorstellung gebt? Hey du!“ Er nickte zu mir herüber. „Findest du nicht, dass dein Kumpel da eine kleine Schönheit ist? Hättest du nicht Lust, ihn ein wenig zu ficken? Ihm seinen kleinen Arsch aufzureißen? Für eine solche Show würde es sich schon lohnen, dich hinterher freizulassen.“
    Wir würdigten ihn keiner Antwort. James stand wie immer lässig da, sein Gesicht ernst aber entspannt.
    „Na los, macht schon, ich werde euren geschätzten Weibern zu Hause nichts davon verraten.“ Er lachte grausig, schien aber schnell die Geduld zu verlieren, denn sein Gesicht wurde knallrot vor Wut. „Nun mach schon, du Scheißkerl“, schrie er mir zu und drückte im selben Moment den Abzug seiner Waffe.
    Ein stechender Schmerz durchzuckte meine Wade. Der Schlag riss mich um, doch ich rappelte mich sofort wieder hoch. Adrenalin schoss durch meine Adern, ich spürte kaum etwas von der Wunde. Ungerührt blieb ich stehen und starrte diesem Monster fest in die Augen. Ein kalter Fatalismus bemächtigte sich meiner.
    James spannte seinen Körper und sah aus, als könne er sich nicht entscheiden, ob er mir beispringen oder sich auf den Schützen werfen wollte. Ich warf ihm einen warnenden Blick zu, denn jetzt nahm der Kerl ihn ins Visier. Schnell bemühte ich mich, die Aufmerksamkeit des Anführers wieder von James abzulenken, sonst würde er ihn erschießen, das sah man ihm an.
    „Du Schwein!“, schrie ich aus Leibeskräften. „Bist wohl zu feige, mit uns zu kämpfen, was? Willst du uns hier völlig wehrlos abkn...“ Ich kam nicht weiter. Der nächste Schuss fiel und zerfetzte mir das Fleisch unter der rechten Schulter. Die Wucht war so groß, dass ich rücklings zu Boden geschleudert wurde.
    Er wollte uns erst richtig leiden sehen, bevor er uns tötete. Mit aller Willensstärke, die ich besaß, kämpfte ich gegen die aufsteigende Bewusstlosigkeit an und richtete meinen Oberkörper über die unverletzte Seite wieder halb auf, um zu sehen, was jetzt vor sich ging.
    Er hatte das Gewehr für einen Augenblick vom Anschlag genommen und lachte sich schief. Er wusste natürlich genau, wie weit er gehen konnte. Die Entfernung zu ihm war zu groß, um sich schnell genug auf ihn werfen zu können, bevor er das Gewehr wieder schussbereit hatte. Leider bestand auch keine Chance, verletzt wie ich war, meine Waffe aus dem Beinhalfter zu ziehen, bevor er uns wieder seine geschätzte Aufmerksamkeit widmete.
    „Schön nicht? Ach ... tut das weh, mein Kleiner?“ Er konnte kaum sprechen vor Lachen.
Weder James noch ich konnten der Situation etwas Komisches abgewinnen.
„Was mache ich denn jetzt am besten?“ Er spreizte ein Bein ab, stützte den Ellenbogen in die Hüfte und legte in einer übertriebenen Geste des Nachdenkens einen Finger an die Lippen. „Soll ich dich zuerst ganz alle machen, oder soll ich erst ein paar Verzierungen an diesem schönen Knaben dort anbringen?“
Mein Herz sank, er würde uns wirklich beide umbringen. Das waren sie also, die letzten Minuten vor dem Tod. Es war erst ein paar Tage her, dass ich darüber nachgedacht hatte. Ich wandte mich James zu, wollte ihn noch einmal sehen, bevor ich starb.
Er blickte in Richtung des Schützen äußerlich völlig ungerührt, immer noch der mutige Samurai. Der Schuss knallte, doch James blieb unverletzt. Ungläubig starrte ich ihn an. Auch ich hatte weder eine neue Wunde noch war ich tot. Tote können nichts mehr sehen, sagte ich mir – und ich sah James genau, sah wie sich seine Züge in grenzenloser Erleichterung erhellten.
Erleichterung ...? Ich wandte den Kopf. Der Kerl, der mich gerade noch hatte erschießen wollen, lag jetzt selbst am Boden. Blut

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