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Die Seidenbaronin (German Edition)

Die Seidenbaronin (German Edition)

Titel: Die Seidenbaronin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rauen
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Die von ihr erzwungene Ehe zwischen Thomas und Catherine, die kleine List, mit der sie Kronwyler die Färberei abspenstig gemacht hatte, und dass sie ihrem Vater im Augenblick seines Todes die Vergebung verweigert hatte. Dann der Ehebruch mit Christian, heimlich in einer Fischerkate am Meer. Und nicht zuletzt das Allerschlimmste: die Unverfrorenheit, dem eigenen Gatten das Kind eines anderen unterzuschieben. Jetzt musste sie dafür bezahlen. Gott würde so viel Sünde nicht ungesühnt lassen.
    Von unerträglichen Schmerzenswellen geplagt, wälzte Paulina sich im Bett hin und her. In ihrem Delirium geisterte eine schreckliche Vorstellung durch ihre Sinne: Das Kind würde nicht lebend zur Welt kommen. Und sie würde gleich mit ihm sterben.
    Als sie meinte, es nicht mehr aushalten zu können und gleich über die Schwelle des Todes zu treten, fühlte sie eine kühle Hand auf ihrer feuchten Stirn.
    «Die Hebamme kommt gleich», sagte Catherine von weit her. «Es wird alles gut.»
    In halber Bewusstlosigkeit sah Paulina mit verschleiertem Blick, wie eine dicke Frau das Zimmer betrat.
    «Das wurde aber höchste Zeit», drang die Stimme der Hebamme zu ihr. Sie fühlte sich mit kräftigen Griffen gepackt und auf einen Tisch gehoben.
    «Das Kind soll nicht sterben», flüsterte sie und krümmte sich unter der nächsten Wehe zusammen.
    «Reden Sie keinen Unsinn!», blaffte die Hebamme dicht über ihr. «Hier wird niemand sterben. Und wenn’s so wäre, hätten Sie es nicht besser verdient, meine Teure! Sie können mir lange erzählen, dass das Kind erst in zwei Monaten hätte zur Welt kommen sollen! Das Kleine ist völlig ausgereift, wenn Sie wissen, was ich meine.» Sie zögerte. «Und wenn ich mich nicht irre … ach, du liebe Güte … na, das wird nicht einfach … kein Wunder, dass die Gnädige so ein Theater macht!»
    Dann wurde Paulina von der Urgewalt erfasst, die das neue Leben seinen Wurzeln entreißt. Sie glaubte zwar vor Schmerzen zu vergehen, aber sie starb nicht, und als sie den ersten Schrei ihres Kindes hörte und Catherine ihr die feuchten Haarsträhnen aus der schweißnassen Stirn strich, erschien ein schwaches Lächeln auf ihren Lippen.
    Sie hatte es geschafft! Eine unwiderstehliche Müdigkeit überkam Paulina, und sie ließ sich erschöpft zurückfallen.
    «Glauben Sie nicht, dass es schon vorbei ist!», kündigte die Hebamme ihr da mit drohender Stimme an. «Kommen Sie, meine Liebe, stellen Sie sich nicht so an, den Rest schaffen Sie auch noch!»
    Und während Catherine einen entsetzten Aufschrei tat, spürte Paulina erstaunt, dass eine erneute Welle des Schmerzes durch ihren Körper ging. Sie hatte doch gewusst, dass irgendetwas nicht stimmte! Verzweifelt griff sie nach Catherines Hand und klammerte sich daran fest.
    «Sie werden für meine Kinder sorgen, wenn ich sterbe, nicht wahr?», stieß sie unter größter Anstrengung hervor.
    «Sie müssen schon ein bisschen mithelfen, sonst wird das nichts!», fuhr die Hebamme mit barscher Stimme dazwischen.
    Paulina hob den Kopf und sah verschwommen, dass die Frau mit puterrotem, fratzenhaft verzerrtem Gesicht an ihr herumhantierte. Was machte die Alte da?
    «Pressen Sie endlich, Sie dummes Ding!», keuchte die Hebamme.
    Noch einmal nahm Paulina all ihre Kraft zusammen, unfähig zu verstehen, was mit ihr geschah.
    «Es kommt!», hörte sie die Hebamme rufen.
    «Aber da ist ja noch eines!», kreischte Catherine im selben Augenblick.
    Nach dem letzten Aufbäumen empfand Paulina plötzlich eine große Entspannung. Was auch immer passiert war – es schien wirklich vorbei zu sein. Vorsichtig öffnete sie die Augen.
    «Ein Junge und ein Mädchen», stellte die Hebamme in zufriedenem Tonfall fest und wischte sich den Schweiß von der Stirn. «Na, das war vielleicht eine Überraschung.»
    Paulina sah schemenhaft, dass ihre Umgebung in eifrige Geschäftigkeit verfiel. Die Hebamme und die Magd beugten sich über zwei kleine, quäkende Bündel. Inzwischen streute die Gehilfin der Hebamme Kräuter in eine Wanne mit kochendem Wasser. Ein wohltuender Geruch erfüllte den Raum. Paulina wurde in ihr Bett zurückgebracht und auf weiche, dicke Kissen gebettet.
    Die Hebamme tätschelte ihr den Arm. «Nun schlafen Sie erst einmal, meine Liebe! Das war ein gehöriges Stück Arbeit.»
    «Ich möchte meine Kinder sehen», verlangte Paulina mit schwacher Stimme.
    «Das ist mal wieder typisch! Sie stellt bereits Forderungen!», brummte die Hebamme, ließ sich aber dann doch dazu

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