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Die Seidenbaronin (German Edition)

Die Seidenbaronin (German Edition)

Titel: Die Seidenbaronin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rauen
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regungsloser Miene verschlang Napoleon das Essen und verlangte danach, sofort die Besichtigung der Fabriken fortzusetzen.
    «Sie verstehen Ihr Geschäft, von Ostry», sagte er zum Abschied zu Pierre. «Ich schätze es, wenn meine Beamten die nötigen Erkundigungen einziehen. Wer hätte gedacht, dass ich in Crefeld ein Gericht aus den Cevennen zu essen bekomme.» Und mit einem Seitenblick auf Paulina fügte er hinzu: «Ich hoffe nur, dass Sie aus den Cevennen nicht auch den Drang zum Aufbegehren mitgenommen haben.»
    Pierre beeilte sich, ihn darüber aufzuklären, dass seine Gattin aus Mecklenburg stamme und die Menschen dort sehr friedliebend seien, doch der Kaiser preschte bereits aus dem Haus.
    Nachdem Napoleon auch die anderen Fabriken besichtigt hatte und mit dem Gemeinderat zusammengekommen war, zog er sich in sein Quartier im Hause von der Leyen zurück. Die Straßen rund um das Stadtschloss wurden abgesperrt, und ab neun Uhr abends musste auf Napoleons Befehl hin alles in der Stadt still sein. Als die erstaunten Crefelder Bürger fragten, was denn mit den Festlichkeiten zu Ehren des Kaisers sei, hieß es, dieser sei bereits zu Bett gegangen.
    Pierre kehrte höchst zufrieden ins Palais Ostry zurück. Von tausend Fragen seiner Familie bestürmt, schilderte er in allen Einzelheiten die Ereignisse dieses denkwürdigen Tages.
    «Hat dem Kaiser das Fest bei von der Leyens gefallen?», wollte Sybilla wissen.
    Pierre schmunzelte. «Tja, das war so eine Sache. Als wir zum Palais der von der Leyens gingen, in dem der Bürgermeister ein Souper hatte vorbereiten lassen, erklärte Napoleon, dass er nur essen würde, was seine eigenen Köche zubereitet hätten. Außerdem habe er noch zu arbeiten und wolle sich lieber zurückziehen. Kurzum – von der Leyen blieb auf seinem Essen sitzen, und wir wurden alle fortgeschickt!»
    «Hat Sie das nicht betrübt?», fragte Catherine mitleidig.
    «Aber woher! Ich kann mir nichts Langweiligeres vorstellen als ein Souper beim Bürgermeister. Außerdem kann ich mich nicht beschweren – bei mir hat der Kaiser das Essen nicht ausgeschlagen!»
    Nachdem die neugierigen Gemüter befriedigt waren, nahm Pierre seine Gattin in einem stillen Moment beiseite.
    «Können Sie sich vorstellen, meine Liebe, was Terbrüggen mit den französischen Beamten zu schaffen hat?»
    «Wie meinen Sie das?», fragte Paulina beunruhigt.
    «Nun, als wir vom Rathaus zum Palais der von der Leyens zurückkehrten, sah ich Terbrüggen im vertraulichen Gespräch mit zwei französischen Beamten. Ist er nicht gerade erst aus dem Bergischen nach Crefeld gekommen? Wie hat er dann so schnell diese Verbindungen knüpfen können? Es handelt sich immerhin um Herren aus dem Umfeld des Kaisers.»
    «Diese Frage ist durchaus berechtigt. Zumal das Haus der von der Leyens rundherum abgesperrt war.»
    «Soll ich Terbrüggen darauf ansprechen?», fragte Pierre.
    «Nein. Wir sollten derzeit nichts unternehmen, das Terbrüggen verärgern und somit unsere Samtlieferung in Gefahr bringen könnte.»
    Pierre nickte. «Also gut. Lassen wir es dabei bewenden. Vielleicht hat es auch nichts zu bedeuten.»
    Der Tag neigte sich dem Ende zu in der festlich erleuchteten Stadt, über der eine geradezu gespenstische Ruhe lag. Die braven Bürger gingen mit der Gewissheit zu Bett, den Kaiser in ihren Mauern zu beherbergen. So manch einer träumte von tapferen Husaren, einer geheimnisumwobenen Dame von den Antillen und einer prachtvollen, achtspännigen Kutsche, aus der Seine Majestät der Kaiser erhaben winkte …
    Als die Crefelder am nächsten Morgen aufstanden, war der Zauber vorbei. Kaiser Napoleon war bereits um fünf Uhr früh weitergezogen.

Kapitel 42
    Paris, Oktober 1804
    Ein hysterisches Frauenlachen hallte durch das Palais.
    Paulina, die eben von einer Ausfahrt zurückgekehrt war und sich auf dem Weg zu ihrem Zimmer befand, blieb stehen.
    Das Lachen ging in ein Crescendo von unverständlich gekreischten Worten über. Langsam folgte Paulina dem Gang, aus dem das Schreien kam. Es klang allmählich zu einem Schluchzen ab. Im Hintergrund war eine männliche Stimme zu hören. Paulina sah, dass am Ende des Flurs eine Tür spaltbreit offen stand, und schlich näher heran.
    «Wie sind Sie nur in Ihre Position gelangt?», rief eine Frau mit erstickter Stimme. «Ich kann nicht glauben, dass bei einem Staatsbeamten ein derart unsittliches Verhalten geduldet wird.»
    «Ihnen steht es schlecht an, von unsittlichem Verhalten zu reden!»
    Es war Pierre,

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