Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seidenbaronin (German Edition)

Die Seidenbaronin (German Edition)

Titel: Die Seidenbaronin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rauen
Vom Netzwerk:
zwischen Prinz Georg und Therese nicht zustimmt», war hinter einer offenen Tür eine tiefe männliche Stimme zu vernehmen.
    Paulina blieb stehen und horchte neugierig. Sie hatte in dem Sprechenden Herzog Max, den Hausherrn, erkannt.
    «Wissen Sie etwas, das ich nicht weiß?», ertönte Prinzessin Georges pfälzische Mundart. «Ich bin jedenfalls mit meinem Latein am Ende. Warum äußert Sophie Charlotte sich nicht? Seit Wochen warten wir auf Nachrichten aus England. Karl und ich glaubten immer, sie begrüße es, eine Verwandte als ihre Nachfolgerin auf dem englischen Thron zu sehen.»
    Eine Weile war es still, dann sagte Herzog Max: «Ich will ganz ehrlich sein, liebste Schwiegermutter. Die Geschichten, die man sich über den englischen Thronfolger erzählt, sind nicht gerade erfreulich.»
    «Könnten Sie etwas deutlicher werden?», bat Prinzessin George.
    «Nun, Prinz Georg ist aufständisch, hat einen äußerst verschwenderischen Lebensstil und neigt zur Spielsucht. Er ist in ganz England bekannt für seine Affären mit Damen aus höchst zweifelhaften Verhältnissen. Wünschen Sie ernsthaft, dass Therese einen solchen Mann heiratet?»
    «Immerhin würde sie Königin von England werden», erwiderte Prinzessin George.
    «Und sie würde kreuzunglücklich werden! Gestehen Sie dem armen Mädchen doch zu, dass es wenigstens ein Mindestmaß an Zuneigung für den Ehemann empfindet, den man ihm aussucht.»
    «Meinen Sie, dass mir wohl bei dem Gedanken ist, meine Enkelin mit einem Mann zu verheiraten, der einen derartigen Ruf genießt? Aber ich fürchte, ich habe keine andere Wahl.»
    «Was ist nun eigentlich mit dem Prinzen von Thurn und Taxis?», fragte Herzog Max. «Er soll ja geradezu unsterblich verliebt in Therese sein.»
    «Dieser Sohn des Postmeisters?», rief die Landgräfin verächtlich. «Immerhin hat er Geld, aber ich würde meine Enkelin lieber auf Ruhm als auf Gold gebettet sehen.»
    «Nun, dann lassen Sie doch Thereses Vater mit der englischen Königin verhandeln! Immerhin ist er Sophie Charlottes Bruder. Man muss die Sache geschickt einfädeln. Am besten bittet Karl die Königin um ihre Zustimmung für eine Heirat mit Thurn und Taxis und erwähnt bei dieser Gelegenheit ganz nebenbei, dass Therese auch für eine Verbindung mit dem Thronfolger zur Verfügung stünde. Er soll seinen engen Vertrauten und guten Kenner des englischen Hofes, Herrn von Barthold, mitnehmen. Der Graf ist als hervorragender Diplomat bekannt.»
    Eine Zeitlang war es still. Dann erklang Prinzessin Georges Stimme: «Je länger ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir Ihre Idee, mein lieber Max. Ja, Karl soll mit seiner Schwester reden. Schließlich ist er selbst der größte Verfechter dieser Heirat.»
    Paulina hatte genug gehört. Thereses Vater würde mit der englischen Königin sprechen. Und Prinzessin George würde schon dafür sorgen, dass diese Hochzeit zustande kam.
    Leise schlich Paulina sich davon und fand bald den Weg in den Garten. Sie musste an die Beschreibung denken, die Herzog Max von dem englischen Thronfolger gegeben hatte. Ob Therese wusste, was Prinz Georg für ein Mensch war? Würde die Aussicht, Königin von England zu werden, seine schlechten Eigenschaften aufwiegen?
    Falls ich jemals heiraten sollte, nahm Paulina sich vor, werde ich nur einen Mann zum Gatten nehmen, der nach meinem Geschmack ist.

    Ein Diener führte Paulina durch die verwinkelten Gassen von Straßburg zu einem schmalen Haus mit spitzem Dach, das eingepfercht zwischen zwei ebenso bescheidenen Bauten lag. Es hatte auf den drei Stockwerken nur je zwei kleine Fenster, und die rückseitige Hauswand musste am Fluss liegen.
    Der alte Herr, der die Tür öffnete, wies den Diener an, nach Ablauf von zwei Stunden wiederzukommen, um das gnädige Fräulein abzuholen. Dann brachte er Paulina in einen winzigen, mit altmodischen Möbeln und allerlei Nippes vollgestopften Salon und bat sie, dort zu warten. Die Gräfin Bahro befinde sich noch auf ihrem alltäglichen Spaziergang mit ihrer Freundin, Madame de Longeaux, werde aber bald zurückerwartet.
    «Hat der junge Graf die Damen begleitet?», fragte Paulina.
    Der alte Mann sah sie an, als sei ihre Frage der Gipfel der Unverschämtheit. «Der gnädige Herr begleitet die Damen nie!»
    Paulina hörte ihn die knarrende Treppe hinaufsteigen. Dann war es still im Haus. Sie schaute sich neugierig um. In was für einer armseligen Unterkunft ihre Großtante abgestiegen war!
    Aus dem Nebenzimmer war plötzlich ein

Weitere Kostenlose Bücher