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Die Seidenbaronin (German Edition)

Die Seidenbaronin (German Edition)

Titel: Die Seidenbaronin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rauen
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vertreibt», fuhr die Gräfin Bahro fort. «Da würde auch alle Diplomatie nichts nutzen. Therese kann sich diesbezüglich keine Extravaganzen leisten. Verstehst du, warum ich so in Sorge bin?»
    «Ja», antwortete Paulina aus vollem Herzen. «Ja, das verstehe ich allerdings.»
    Es wurde höchste Zeit, dass sie nach Braunshardt fuhr und dafür sorgte, dass ihre Freundin Therese die mecklenburgischen braunen Augen so schnell wie möglich vergaß.

    Vom Begräbnis ihrer Mutter behielt Paulina nur den Moment in Erinnerung, als sie vor dem offenen Sarg stand. Sophie von Gralitz hatte im Tod ihre Schönheit wiedererlangt, die sie im Laufe der jahrelangen Krankheit verloren hatte. Ihr wundervolles blondes Haar lag in duftigen Locken um ihren Kopf. Paulina bemerkte den großen Frieden, der über dem bleichen Gesicht ihrer Mutter lag, senkte den Kopf und faltete die Hände.
    «Danke, lieber Gott, dass du sie erlöst hast», betete sie leise.
    Sie verbrachte ein paar letzte Stunden auf Schloss Allenhofen im Kreise ihrer Familie. Ihr Onkel Georg war eifrig bemüht, der mit kritischem Blick umherschreitenden Gräfin Bahro aus dem Weg zu gehen. Seine Gemahlin, eine mütterliche, gutherzige Frau mit rundem Gesicht und ausladenden Brüsten, versuchte erfolglos, die Schar ihrer Kinder zu bändigen.
    Die Gräfin blieb nicht einmal bis zum Abend. Mit einem Ausdruck tiefster Missbilligung ging sie nach Sophies Begräbnis durch das ehemals glanzvolle Haus ihrer Eltern. Dann befahl sie ihrem Kutscher, sofort anzuspannen, um noch zur selben Stunde nach Darmstadt zurückzufahren.
    «Ich habe Anweisung gegeben, dass man dich gleich morgen früh nach Schloss Braunshardt bringt», sagte sie zum Abschied zu Paulina. «Des Weiteren habe ich einen Boten zu deinem Vater nach Schloss Erldyk an den Niederrhein geschickt, um ihn vom Tod deiner Mutter in Kenntnis zu setzen. Sobald ich Nachricht von ihm habe, werde ich es dich wissen lassen.»
    Nachdem die Gräfin fort war, streifte Paulina wie verloren durch das Haus. Sie war als Kind während der Sommermonate auf Gut Allenhofen gewesen und hatte sich hier sehr wohl gefühlt. Wie hatte sie ihre Vettern und Basen um deren freies und ungezwungenes Leben beneidet! Sie hatte sich den Kindern nur zu gerne angeschlossen und in Allenhofen die wenigen glücklichen Stunden ihrer Kindheit verbracht.
    Bevor am nächsten Morgen ihre Kutsche nach Braunshardt abfuhr, ging Paulina noch einmal zum Grab ihrer Mutter.
    Es war ein strahlend schöner Apriltag. Über den Wiesen und Feldern lag noch Raureif, der in der Sonne glänzte. Während Paulina den Weg zum Friedhof entlangwanderte und sich dabei nach dem Schloss umblickte, das aus der Entfernung nichts von seinem verfallenen Zustand ahnen ließ, kam doch noch ein wenig vom alten Zauber der Allenhofener Sommer zurück.
    Schließlich erreichte Paulina den frisch aufgeschütteten Erdhügel, in dem Sophie von Gralitz ihre letzte Ruhestätte gefunden hatte. Ihr Blick fiel auf einen Strauß Frühlingsblumen, der am Tag zuvor noch nicht dort gelegen hatte. Er war mit einer Schleife zusammengebunden, auf die mit dunkelrotem Garn eine Reihe verschnörkelter Buchstaben gestickt war. Neugierig beugte sich Paulina vor und las die Inschrift auf dem Band.
    «In meinem Herzen wirst du immer leben. Anna.»
    Sie erzitterte. Plötzlich wurde sie von unendlicher Trauer erfasst. All die Empfindungen, zu denen sie bisher nicht fähig gewesen war, stürzten über sie herein. Tränen schossen ihr in die Augen. Sie sank auf den feuchten Boden nieder, begrub ihr Gesicht in den Händen und begann, bitterlich zu weinen.
    «Verzeih mir, Mutter», flüsterte sie unter Schluchzen. «Verzeih mir, dass ich nicht mehr Verständnis für dich hatte.»
    Gott konnte nicht wollen, dass das Leid ihrer Mutter in Vergessenheit geriet. Auch wenn es so schien, als hätte Sophie von Gralitz das Geheimnis um ihren Schicksalsschlag mit ins Grab genommen, so wusste Paulina plötzlich genau, dass sie es eines Tages doch noch erfahren würde.

Kapitel 8
    Straßburg, August 1788
    Auf der Suche nach Therese musste Paulina sich in den langen Fluren der pfalzgräflichen Residenz verlaufen haben, denn plötzlich fand sie sich in einem ihr unbekannten Teil des Gebäudes wieder. Nun war sie schon seit fast einer Woche zu Besuch bei Prinzessin Georges Tochter in Straßburg, und noch immer hatte sie es nicht geschafft, sich im Schloss zurechtzufinden.
    «Es wird seinen Grund haben, dass Sophie Charlotte einer Heirat

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