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Die Seidenbaronin (German Edition)

Die Seidenbaronin (German Edition)

Titel: Die Seidenbaronin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rauen
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Pierre?», fragte er in scharfem Ton.
    «Er wird sicher jeden Augenblick kommen», antwortete Frau von Ostry entschuldigend.
    Der Kaufmann kniff verärgert den Mund zusammen. Er nahm ein Glöckchen in die Hand und klingelte.
    Mehrere Diener mit dampfenden Schüsseln und Platten betraten den Raum. Ein festliches Essen wurde aufgetragen, das jeder höfischen Tafel würdig gewesen wäre. Klappern von Geschirr und Besteck erfüllte alsbald den Raum. Die Herren begannen eine Unterhaltung über Einfuhrzölle, Importwege und Absatzmöglichkeiten von Seidenstrümpfen zu führen.
    Gerade wurden die Suppenteller fortgetragen, als ein verspäteter Gast hereinkam. Noch während er zum Tisch eilte, streifte er seine Handschuhe ab, zog den Hut vom Kopf und warf beides einem Diener zu, der ihm beflissentlich gefolgt war. Er verbeugte sich leicht in die Runde und nahm mit einem verblüfften Seitenblick auf Paulina den letzten freien Platz ein.
    «Mein Sohn Pierre hält es leider nicht so mit der Pünktlichkeit!», bemerkte von Ostry tadelnd, was den jungen Mann aber nicht sonderlich zu beeindrucken schien.
    «Was führt denn Sie hierher, mein schönes Kind?», fragte er stattdessen leise zu Paulina gewandt. «Wenn ich geahnt hätte, was für eine bezaubernde Nachbarin ich heute habe, wäre ich eher gekommen.»
    Paulina sah ihn an. Mit seinem hübschen, ebenmäßigen Gesicht und dem leicht arroganten Blick erinnerte er sie an Maximilian von Birnreuth. Nur seine Augen hatten nicht den warmen Braunton des Regensburger Grafensohns, sondern waren von einem hellen Blau, das ein wenig kalt wirkte.
    «Ihr Vater war so freundlich, mich einzuladen», antwortete sie.
    «Was er wohl für eine Absicht damit verbindet?» Pierre von Ostry beugte sich mit spöttischem Grinsen über sein Essen, das ein eifriger Diener ihm schnellstens aufgetan hatte.
    «Ganz sicher nicht die, auf die Sie anspielen», erwiderte Paulina.
    Der junge Mann ließ seine Gabel sinken und blickte sie von der Seite an. «Auf den Mund gefallen sind Sie jedenfalls nicht, Mademoiselle. Allerdings glaube ich kaum, dass Sie meines Vaters neueste Korrespondentin für Seidenstrümpfe sind.»
    «Seidenstrümpfe interessieren mich nur, wenn sie sich an meinem Bein befinden», sagte Paulina kühl und merkte, dass sie einen belustigten Blick von Catherine erntete.
    Pierre von Ostry musterte sie nun ungeniert von oben bis unten. «Ich kann mir vorstellen, dass Ihnen Seidenstrümpfe ganz vorzüglich stehen. Es ist eine Schande, dass Sie sich so düster kleiden. Sie sind Mennonitin, nicht wahr?»
    «Wie kommen Sie darauf, dass ich Mennonitin sei?»
    «Nun, Mademoiselle, fast jeder, der in dieser Stadt Geschäfte mit Seide macht, ist Mennonit. Wir von Ostrys als Reformierte bilden da die große Ausnahme. Zu welcher Sippe gehören Sie? Von der Leyen, Floh, von Beckerath?»
    «Sie hat nichts mit Seide zu tun, Pierre», mischte sich Catherine ein. «Du hast die Ehre, neben der Baroness von Gralitz zu sitzen.»
    «Oh! Sind Sie etwa die Tochter dieses einsiedlerischen Barons? Da bleibt selbst mir fast die Sprache weg! Unser lieber Vater ist eben immer wieder für eine Überraschung gut. Jetzt würde mich erst recht interessieren, warum er Sie eingeladen hat.»
    Frau von Ostry hatte die letzten Worte ihres Sohnes mit angehört. Sie warf ihm einen warnenden Blick zu. Pierre zog es vor, für die restliche Dauer der Mahlzeit zu schweigen.

    «Ich würde gerne mit Ihnen einen kleinen Spaziergang unternehmen», sagte von Ostry nach dem Essen zu Paulina. Er ließ sich Hut, Stock und Überrock bringen, während eine Magd der jungen Frau ihren Umhang reichte.
    Auf einen Wink des Kaufmanns hin sprang Jean von Ostry herbei.
    «Mein Sohn wird sich um die Herren kümmern. Er ist bereits bestens mit den Abläufen des Unternehmens vertraut und wird mich würdevoll vertreten.»
    Was man von dem Jüngeren wahrscheinlich nicht behaupten kann, dachte Paulina bei sich, als sie auf dem Weg zur Treppe sah, wie Pierre es sich in einem angrenzenden Salon bequem machte und von einem Diener eine Karaffe mit Wein entgegennahm. Von Ostry ging mit starrem Gesicht an der weit geöffneten Tür vorbei und tat so, als bemerke er seinen Zweitgeborenen nicht.
    Paulina und der Kaufmann traten aus dem Haus. Es war ein schöner Frühlingsnachmittag, und die Crefelder Bürger flanierten über die sauberen, gepflasterten Straßen.
    Von Ostry deutete stolz auf das Nachbargebäude. «Das Geschäftshaus der Firma Kronwyler Sohn und von

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