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Die Seidenbaronin (German Edition)

Die Seidenbaronin (German Edition)

Titel: Die Seidenbaronin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rauen
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seiner ernsten Miene war ein Ausdruck hoffnungsvoller Erwartung, und Paulina hatte plötzlich das Gefühl, dass er ihr trotz aller Berechnung eine gewisse väterliche Zuneigung entgegenbrachte.
    «Ich nehme Ihren Antrag an, Monsieur», sagte sie und wischte energisch eine kleine Träne weg, die sich in ihr Auge geschlichen hatte.

Kapitel 17
    Wenige Tage später kam Conrad von Ostry erneut nach Erldyk und hielt bei Jobst von Gralitz für seinen Sohn Pierre um Paulinas Hand an. Als er aus dem Schlafzimmer des Barons kam, wirkte er zutiefst betroffen.
    «Diesem Mann geht es wirklich schlecht», sagte der Kaufmann zu Paulina, die vor der Tür gewartet hatte. «Hören Sie, Mademoiselle, ich werde Ihnen meinen Arzt aus Crefeld schicken. Das kann man ja nicht mit ansehen. Man sollte Ihrem Vater in den Monaten, die ihm noch bleiben, wenigstens etwas Linderung verschaffen.»
    «Er wird den Arzt hochkant hinauswerfen», prophezeite Paulina. «Selbst im größten Fieberwahn hat er sich bis jetzt vehement dagegen gewehrt. Erstaunlicherweise konnte er sich dennoch immer wieder erholen.»
    «Der Sommer wird ihm einen kleinen Aufschub gewähren, aber den nächsten Winter wird er nicht überleben. Nun, ich werde dafür sorgen, dass er zumindest genug Holz für den Kamin hat und es ihm auch sonst an nichts fehlt.»
    «Daraus folgere ich, dass er der Heirat zugestimmt hat.»
    Von Ostry kniff die Lippen zusammen. «Zugestimmt wäre zu viel gesagt. Er meinte etwa sinngemäß, dass Sie, meine Liebe, doch machen sollten, was Sie wollten, das habe schon Ihre Mutter so gehalten. Hoffentlich sei Ihnen klar, dass Sie mit dieser Heirat den endgültigen Untergang der von Gralitz besiegeln würden. Und man solle nicht von ihm verlangen, dass er zur Hochzeit käme – wozu er aber aus meiner Sicht ohnehin nicht in der Lage wäre.»
    «Nun, dann ist ja alles zur Zufriedenheit geklärt», sagte Paulina bitter. «Der Handel ist gewissermaßen unter Dach und Fach.»
    In diesem Augenblick ging die Tür des Schlafzimmers erneut auf. Auf der Schwelle erschien der Baron. Die Wangen in seinem totenbleichen Gesicht waren gerötet, seine Augen glänzten vom Fieber, und er hielt sich nur mühsam auf den Beinen. Wie irr geworden starrte er Paulina und von Ostry an.
    «Da habt ihr zwei ja ein schönes Komplott geschmiedet!», krächzte er. «Ich hoffe, mein Herr, Sie haben es sich gut überlegt, Ihren Sohn mit diesem Weib zu verheiraten. Zu beneiden ist der junge Mann jedenfalls nicht.» Mit zitterndem Arm zeigte er auf Paulina. «Ihre Mutter hat sich gleich nach unserer Hochzeit einen Liebhaber genommen. Dem hat sie auch das Herz gebrochen!»
    Er fing wieder an zu husten und musste sich am Türrahmen festhalten. Johanna, die eilig die Treppe heraufgekommen war, schob sich an Paulina vorbei und nahm den Baron am Arm.
    «Kommen Sie, gnädiger Herr, Sie müssen sich wieder hinlegen.»
    Jobst von Gralitz ließ sich widerstandslos zu seinem Bett führen. Bevor Johanna die Tür hinter sich schloss, warf sie Paulina einen hasserfüllten Blick zu.
    Von Ostry hatte die kleine Szene mit starrer Miene beobachtet.
    «Wie konnten Sie es nur all die Monate in diesem Haus aushalten?», fragte er kopfschüttelnd und ging zur Treppe. «Am Hof von Thurn und Taxis wird ein anderer Umgangston geherrscht haben.»
    Paulina folgte ihm eilig. «Was meine Mutter betrifft … ich meine, diese ungeheuerliche Behauptung, die mein Vater …»
    Von Ostry hatte den Treppenabgang erreicht und blieb stehen. «In Crefeld weiß jeder über Ihre Familie Bescheid. Zu Zeiten Ihrer Mutter war ich zwar noch nicht hier, aber es gibt genug Leute, die die Geschichte kennen und sie mir bereitwillig erzählt haben. Meinem ältesten Sohn hätte ich Sie nie zur Frau gegeben, Mademoiselle. Er braucht eine sanfte Frau, so wie es seine Sybilla ist. Pierre jedoch …» Er begann, die Treppe hinunterzugehen.
    Paulina beeilte sich, an seine Seite zu kommen. «Sie dürfen nicht glauben, dass meine Mutter so war!»
    «Ich glaube gar nichts, meine Liebe! Jahrelang hieß es, Sie seien das Kind irgendeines Mecklenburger Grafen. Und jetzt, wo Sie wieder aufgetaucht sind, kann jeder sehen, dass Sie die Tochter des Barons von Gralitz sind.»
    Sie waren an der Eingangstür angelangt.
    «Für meinen Sohn Pierre sind Sie genau die Richtige», sagte von Ostry. «Eine sanfte Frau wie Sybilla würde an seiner Seite eingehen wie eine Primel. Er würde ihrer schon nach kurzer Zeit überdrüssig werden. Sie hingegen werden

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