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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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umrahmten ein makelloses Gesicht, das von einem der italienischen Maler hätte stammen können, die gerade sehr angesagt waren. Sein sanfter Blick, seine weiße Haut und seine stolze Haltung machten Louise und Antoinette sehr neugierig.
    »Lasst die Frau los, Gonfreville! Sie soll sagen, was sie will.«
    Damit sprang sie von ihrem Pferd und stand nun neben der Mutter. Mit der spontanen Reaktion der Gräfin hatte die Frau wohl nicht gerechnet, weil es ihr zunächst einmal die Sprache verschlug. Dafür ergriff der Junge das Wort und erklärte wortgewandt und erstaunlich unbefangen:
    »Meine Mutter hat mich zu einem vornehmen Herrn erzogen, aber wir haben kein Geld und keinen, der uns unterstützt, und das ganze Dorf macht sich über uns lustig.«
    Er machte ein paar Schritte auf Louise zu. Marguerite und François wunderten sich, warum es nicht weiterging, und waren neugierig aus ihrer Kutsche gestiegen.
    »Meine Mutter hat mir eine solide Bildung und gute Manieren beigebracht. Sie will nicht, dass ich mich mit den einfachen Leuten einlasse, und besteht darauf, dass ich für das Leben am Hofe bestimmt bin.«
    Die Kinder von Louise kamen zu ihr, und Königin Anne steckte den Kopf aus ihrer Sänfte und wollte von ihren Zofen wissen, was sich da draußen abspielte.
    Louise sah ihre Kinder, denen sich Souveraine angeschlossen hatte, liebevoll an. Dann wandte sie sich an den Jungen, der inzwischen etwas mutiger wirkte.
    »Und was ist mit deinem Vater?«, fragte sie ihn. »Wo ist er, und was will er?«

    »Meine Mutter hat mir nie gesagt, wie er heißt, und ich kenne ihn nicht. Der Herr ist nur kurze Zeit im Anjou gewesen. Als er auf seine Ländereien zurückkehrte, trug mich meine Mutter unter ihrem Herzen.«
    »Warum richtet Ihr Euer Gesuch nicht an die Königin?«, fragte Louise nun an die Mutter gewandt.
    »Weil sie nur Bretonen nimmt.«
    Die drei Kinder sahen sich an, wagten Louise, die jetzt zufrieden lächelte, jedoch keine Frage zu stellen. Da meldete sich aber auch schon wieder der Junge zu Wort:
    »Soweit ich weiß, ist mein Vater ein vornehmer Mann aus dem Bergerac. Und das ist, glaube ich, nicht weit weg von Eurer Wahlheimat, Madame Gräfin«, bemerkte der Junge und verneigte sich so tief er konnte vor Louise.
    Louise war ihre Verwunderung anzumerken, und sie musste zugeben, dass er sich sehr gewählt ausdrückte.
    »Richtig«, antwortete sie. »Du scheinst ja einiges über mich zu wissen. Ich bin zwar in Savoyen geboren, aber die Gegend von Angoulême ist tatsächlich meine Wahlheimat.«
    In den Kutschen hinter Louise regte es sich.
    »Was ist denn hier so Wichtiges los, dass wir so lange aufgehalten werden?«, wollte die Königin wissen, die nun auch aus ihrer Sänfte gestiegen war.
    »Weil ich soeben meinen ersten Pagen eingestellt habe, Hoheit. Mir scheint, das dürfte mir der Hof von Amboise wohl zugestehen.«
    Die Königin musterte den sprachlosen Jungen und die verdutzte Miene seiner Mutter und entgegnete hochmütig:
    »Was habt Ihr Euch denn da ausgesucht, meine liebe Louise? Unsere Pagen kommen für gewöhnlich aus den besten Adelsfamilien.«

    Mit einem herablassenden Blick streifte sie die traurige Gestalt, die sich in ihren abgetragenen Umhang gewickelt hatte und befürchtete, man würde sie gleich der Gunst berauben, die schon zum Greifen nah gewesen war.
    Louise und die Königin maßen sich gegenseitig mit Blicken.
    »Mir scheint, dieser junge Mann stammt sehr wohl aus gutem Hause«, sagte Louise und lächelte spöttisch. »Ich versichere Euch, Hoheit, in weniger als sechs Monaten haben wir seinen Vater ausfindig gemacht, und nach weiteren sechs Monaten wird dieser Page Eurem Hof zur Ehre gereichen und das Ansehen unserer übrigen Pagen schmälern.«
    Dann nahm sie ihre Geldbörse aus weißem Satin und reichte sie der Frau.
    »Macht Euch keine Sorgen um Euren Sohn. Ich kümmere mich darum, dass er ein mustergültiger Page wird.«
    Ohne ein weiteres Wort nahm die Königin wieder in ihrer Sänfte Platz, und ihr Geleitzug verabschiedete sich vom Beuvron und setzte sich am Ufer der Loire in Richtung Amboise in Bewegung. Die mächtigen Umrisse des Schlosses konnte man bereits erkennen, obwohl es allmählich dunkel wurde.
    »Wie heißt du eigentlich, Kleiner?«
    »René, Madame.«
     
    Louis XII. war aus Italien zurückgekehrt und verbrachte einige Monate auf dem Schloss. Er schien so zufrieden über die gute Gesundheit seiner Tochter, dass er sich weniger um sie als um den jungen Herzog von Valois

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