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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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war vom kaum geschmolzenen Schnee, hörten Alix und Julio Hufschlag, der sich ihnen von hinten näherte.
    »Es sind zwei Pferde«, meinte Julio und lauschte angestrengt. »Ja, zwei oder vielleicht sogar drei. Wir müssen uns an den Fels drücken, damit sie vorbeikönnen.«
    Dann rief er Bruder André zu, er solle stehen bleiben. Der Abbé antwortete, dass er verstanden hatte, und versuchte, Jason und die Kutsche so nah wie möglich an die Felswand zu dirigieren. Trotzdem blieb so wenig Platz, dass es fast unmöglich war, die anderen Pferde vorbeizulassen, wenn sie nicht angehalten wurden. Wahrscheinlich musste man eins nach dem anderen vorsichtig an dem Wagen vorbeibugsieren, damit ihre Hufe nicht abglitten und sie den Abhang hinunterrutschten. Oftmals stürzten Pferde vor lauter Angst in den Abgrund.

    Die drei Pferde kamen immer näher, wurden aber scheinbar kaum langsamer. Bestimmt würden die Reiter absteigen, wenn sie sahen, dass eine Kutsche den Weg blockierte. Aber sie taten nichts dergleichen, und die Pferde mussten das Tempo beibehalten, das für einen verschneiten Gebirgsweg viel zu hoch war.
    Alix bekam es mit der Angst zu tun und Julio drückte sich gegen den Felsen, während Bruder André versuchte, auch noch Pferd und Wagen zur Seite zu schieben. Dann jagten die Reiter heran.
    »Sie müssen verrückt sein!«, rief André.
    »Sie bringen sich um«, antwortete Julio, dessen Gesicht vor Angst so weiß war, dass man ihn vor dem reifüberzogenen Felsen kaum ausmachen konnte.
    »Ich wette, das ist eine Falle!«, schimpfte der Mönch.
    »Eine Falle!«, wiederholte Alix leise und war jetzt genauso weiß wie Julio. »Aber wer sollte uns denn so etwas antun, und dann auch noch so weit weg von Tours?«
    Sie drückten sich alle an den Felsen und hörten den harten Hufschlag näher kommen. Die Pferde schienen nicht zu rutschen, weil sie mit starker Hand geführt wurden.
    »Macht Euch keine Sorgen, Alix. Diesmal sind sie hinter mir her!«, rief Bruder André. »Es würde mich nicht wundern, wenn Lenoncourt sie geschickt hätte.«
    »Kann er uns denn nie in Frieden lassen?«, ereiferte sich Alix.
    Aber ihr blieb nicht viel Zeit, darüber nachzudenken, warum Lenoncourt wohl über irgendwelche Mittelsmänner Rache nahm, weil die Pferde sie nun eingeholt hatten. Alix drückte sich in eine Felsspalte, und Julio tat es ihr gleich.
    Der arme André war zwischen Jason und dem Wagen eingezwängt. Mit einem Blick hatte er die Strategie der Reiter durchschaut. Sie wollten Jason erschrecken und ihn von der schützenden Felswand weg hin zum Abgrund locken.

    »Julio!«, rief André verzweifelt.
    Julio sah in seine Richtung und erkannte, in welch aussichtsloser Lage sich der Mönch befand. Jason scheute bereits und war drauf und dran, in den Abgrund zu stürzen. Also überwand er seine Angst und rutschte, an den Fels gepresst, ganz langsam in seine Nähe. Als er gerade nach Jasons Longe greifen wollte, hieb ihm einer mit der Peitsche übers Gesicht. Trotzdem setzte er seine Kletterpartie fort und konnte Alix noch zurufen, sie solle sich nicht von der Stelle rühren.
    André versuchte verzweifelt, Jason festzuhalten.
    »Mach den Wagen los!«, rief er Julio zu. »Besser er stürzt in den Abgrund als das Pferd.«
    Julio machte sich sofort daran und hatte Glück, weil er auf Anhieb die Kupplung zwischen Kutsche und Pferd fand. Ein weiterer Peitschenschlag traf ihn an der Schulter, den er aber diesmal wegen seines dicken Mantels kaum spürte.
    Zwei Reiter waren hinter ihm her, der dritte versuchte an André heranzukommen, der noch immer zwischen Jason und dem Wagen eingeklemmt war. Als der notgedrungen einsehen musste, dass er nicht ewig in dieser gefährlichen Lage verharren konnte, verließ er sein Versteck und stürzte sich wie ein Raubtier auf seinen Angreifer. Es gelang ihm, dessen Pferd am Hinterbein zu packen; das arme Tier stolperte, rutschte aus und stürzte samt Reiter über den Rand des Abgrunds.
    Man hörte erst einen Schrei, dann einen zweiten, schließlich nur noch das dumpfe Geräusch, mit dem Pferd und Reiter talwärts donnerten. Julio konnte nicht sehen, wer in den Abgrund gestürzt war, und ihm brach der kalte Angstschweiß aus. Aber mit der Wut verdoppelten sich auch seine Kräfte, und er beobachtete, wie einer der Reiter absteigen musste.
    »Achtung, Julio, pass auf!«, schrie Alix aus ihrem Versteck.

    Alix kam ebenfalls auf die Idee, den anderen Reiter abzudrängen, indem man die Kutsche von der Felswand wegschob.

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