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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Vatikan lebte auch Jean hier im Überfluss.
    Ein junger Mann von etwa achtzehn Jahren saß im Vorzimmer an einem Schreibtisch und schrieb einen Brief.
    »Jacquou, darf ich dir Julio vorstellen? Er ist Waise, und ich habe ihn vor einigen Jahren unter meine Fittiche genommen. Er absolviert seine Lehrzeit an den vatikanischen Webstühlen. Er ist ein guter Arbeiter, wovon du dich bald selbst überzeugen kannst.«
    »Ja, sehr gern«, meinte Jacquou in der Hoffnung, er dürfe die Werkstätten des Vatikans besuchen und die Kunstwerke bewundern, an denen die römischen Weber arbeiteten.
    Jacquou lächelte Julio zu, der ihn freundlich ansah. Der Junge hatte eine dunkle Haut, braune Haare und sogar braune Augen und sah mit seiner weiten Tunika und den dunklen Schuhen überhaupt nicht wie ein Mönch aus. Aber Jacquou kannte sich damit zu schlecht aus, als dass er erraten konnte, was Julio war.

    »Julio will nicht Priester werden«, erklärte ihm Jean, als hätte er seine Gedanken erraten. »Und obwohl ich ihn im christlichen Glauben erzogen habe, ist das sein gutes Recht. Er möchte lieber Weber werden.«
    »Geht das denn nicht beides?«
    »Oh doch«, sagte der junge Mann sehr bescheiden, wobei er seinen Wohltäter nicht aus den Augen ließ. »Aber ich fühle mich nicht gläubig und nicht stark genug für das Prälatengewand.«
    »Glaube nur nicht, dass ich dich für deine Entscheidung tadle, mein Junge«, sagte der Kardinal, dem sein ängstlicher Blick nicht entgangen war. »Ganz im Gegenteil, ich unterstütze sie! Und nun habe ich sogar einen Meister gefunden, der dich verstehen und lehren wird.«
    Er schob den jungen Julio auf Jacquou zu.
    »Dieser junge Mann träumt davon, nach Frankreich zu gehen. Würdest du ihn in deine Werkstatt nehmen?«
    Jacquou war so überrascht, dass er zunächst nichts sagen konnte, dann machte er ein trauriges Gesicht.
    »Leider haben wir bisher nur sehr wenige Aufträge, und die Kosten sind hoch. Deshalb kann ich meine Arbeiter nur sehr schlecht entlohnen.«
    »Mach dir darum keine Gedanken. Hier ist mein Vorschlag: Du nimmst Julio mit zurück ins Val de Loire und beschäftigst ihn in deiner Werkstatt. Im Gegenzug dafür, schließlich nimmst du mir eine große Sorge ab, bekommst du einige große Aufträge aus dem Vatikan. Weil du sie aber nur mit einem oder zwei zusätzlichen Arbeitskräften angemessen ausführen kannst, stelle ich dir hiermit den ersten Arbeiter zur Verfügung. Den zweiten musst du dir selbst suchen.«
    Jacquou war noch immer sprachlos und machte wieder eine besorgte Miene.

    »Keine Angst, ich verlange nicht von dir, dass du ihn für unbestimmte Zeit behältst. Falls du eines Tages nicht mehr genug Arbeit für ihn hast, kommt er hierher zurück. Er ist hier bei mir im Vatikan immer willkommen. Wie lautet deine Antwort?«, fragte Jean mit hochgezogenen Augenbrauen.
    »Sie lautet natürlich ja, Jean. Ich nehme Euer Angebot an. Diesen Vorschlag kann ich wohl kaum ablehnen.«
    »Gleich morgen sollst du ihm bei der Arbeit zusehen, damit du dir ein Bild machen kannst. Julio ist unser bester Weberlehrling.«
    Jean wandte sich an den jungen Mann.
    »Bist du nun zufrieden?«
    »Ach, Monseigneur, ich bin Euch unendlich dankbar!«, sagte Julio. »Ich darf nach Frankreich, ins Val de Loire …«
    »Habt Ihr vielleicht Verwandte in Frankreich, dass Ihr so gern dorthin wollt?«
    »Nein«, antwortete Julio erstaunt und fragte sich, warum man Vorfahren in einem Land haben musste, um es kennenlernen zu wollen.
    »Wahrscheinlich zieht er einfach die jungen Französinnen den jungen Italienerinnen vor«, meinte Jean lachend.
    Julio wurde rot. Der Kardinal verblüffte ihn immer wieder mit seinen freizügigen Äußerungen. Dabei kam er weiß Gott ganz bestimmt nicht auf solche Ideen.
    »Lass uns jetzt allein, Julio. Ich werde später nach dir rufen. Dann können wir alle Einzelheiten besprechen.«
    Julio war nicht besonders groß, hielt sich aber sehr aufrecht. Er wirkte eher zierlich als muskulös, hatte volle Wangen, eine hohe Stirn und einen wachen Blick und strahlte Gesundheit und Tatendrang aus.
    Julio verabschiedete sich mit einer tiefen, ehrerbietigen Verbeugung
und lächelte Jacquou noch einmal zu, als er den Raum verließ.
     
    Als Julio gegangen war, breitete sich Schweigen aus. Der Kardinal strich sich gedankenverloren übers Kinn - offensichtlich suchte er nach der Lösung eines kniffligen Problems.
    »Jetzt sind wir allein, Jacquou«, begann er schließlich, nachdem er lange

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