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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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spiegelte.
    Ihr Blick wanderte über die blühenden Terrassen und kehrte zu dem prächtigen Lichterspiel zurück, das ihr das Tal der Amasse bot. Prunelle lief nach wie vor hinter ihr her und schnappte gerade nach einem Insekt, das sie mit ihrer neugierigen Schnauze aufgestöbert hatte.
    Louise kam an der Chapelle Saint-Hubert vorbei. Bisher hatte sie noch keine Gelegenheit gefunden, in der Kirche zu beten oder sie auch nur zu betreten. Im Morgenlicht kam ihr das Gebäude noch erstaunlicher vor als ohnehin, wie es seine zierlichen steinernen Skulpturen gen Himmel reckte.
    Als sie die Kapelle gerade durch einen der kleinen Seiteneingänge betreten wollte, wäre Louise beinahe mit der Königin zusammengestoßen. Sie war zwar überrascht, sie dort allein anzutreffen, zeigte das aber nicht und sah sie freundlich an.
    Seit ihrer Ankunft in Amboise waren sich die beiden Frauen kaum begegnet und hatten lediglich einige kurze Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht.
    Als sie sich nun so unvermutet gegenüberstanden, musterten sie sich erst einmal schweigend. Annes dunkle Augen strahlten vor beherrschter Freude, deren wahrer Grund Louise nicht verborgen
bleiben konnte. Zu sehr streckte sie ihren gerundeten Bauch vor, während sie noch nach den passenden Worten suchte.
    Dann trat Anne einen Schritt zurück, wohl um das Vergnügen besser auskosten zu können, mit dem sie das überraschte Gesicht ihrer Rivalin betrachtete.
    »Meine liebe Louise«, sagte die Königin schließlich vergnügt, »nachdem uns dieser morgendliche Spaziergang von unserer Einsamkeit befreit hat, möchte ich Euch gern anvertrauen, dass ich soeben voller Hoffnung und Freude zu unserem guten Saint Hubert gebetet habe, er möge mir einen Sohn schenken.«
    Weil Louise sie nur wortlos ansah, und Anne bemerkte, wie sie immer blasser wurde, fuhr sie nicht ohne spöttischen Unterton fort:
    »Einen schönen Erben soll er mir schenken, meine liebe Louise. Einen Dauphin, den wir festlich empfangen wollen, sobald er das Licht der Welt erblickt.«
    Louise spürte, dass ihre Beine beinahe nachgaben und ihr Herz immer schneller schlug. Um sich zu beruhigen, holte sie tief Luft.
    »Sagt man nicht, dass die letzten Frühlingstage immer Mädchen bringen?«
    »Gewiss nicht, meine Liebe. Dieser Frühling wird mir einen schönen Jungen schenken. Also - wünscht mir Glück und begleitet mich doch zur Cour des Vertus.«
    »Zur Cour des Vertus!«, gab Louise fauchend zurück, »der Stelle, an der Euer verstorbener Gatte den mittelalterlichen Bau durch einen neuen ersetzt hat?«
    Mit funkelnden Augen erwiderte sie den freudestrahlenden Blick der Königin und fuhr fort:
    »Der Hof der Tugenden dürfte Euch wohl kaum Glück bringen. Habt Ihr gar keine Angst, Hoheit, dass Euch das Schicksal noch einmal eine Falle stellen könnte?«

    Tatsächlich war der lange, finstere Gang, der von der Cour des Vertus zum Ballhaus führte, Schauplatz des Unglücks gewesen, bei dem sich Charles VIII. eine tödliche Kopfverletzung zugezogen hatte.
    Sofort bereute sie ihre harsche Erwiderung, aber die gute Laune der Königin schien sich durch nichts trüben zu lassen.
    »Hört auf damit! Ihr verderbt mir noch meine gute Stimmung. Ich will hier auf Schloss Amboise nur die besten Vorzeichen sehen. Nein, begleitet mich jetzt nicht«, sagte sie und wandte den Blick von Louise. »Es hat doch keinen Sinn. Wie ich sehe, naht der Lehrer Eurer Kinder. Wahrscheinlich will er Euch über die Fortschritte Eures Sohnes auf dem Pony unterrichten.«
    In der Ferne erkannte Louise die hoch gewachsene Gestalt des Marschalls. Ganz in Schwarz gekleidet kam er auf sie zu. Louise wollte der Rivalin noch schnell etwas entgegnen, aber da kamen auch schon drei Zofen der Königin angelaufen und warteten ängstlich auf ihre Anweisungen.
    »Bis zum nächsten Mal, meine liebe Louise«, rief ihr die Königin vergnügt zu und verabschiedete sich mit einer anmutigen Geste.
    Die Comtesse d’Angoulême empfand Übelkeit. Sie schloss die Augen und versuchte ihr Herz zu zwingen, wieder langsamer zu schlagen. Als sie Marschall de Gié auf sich zukommen sah, riss sie sich zusammen und hörte sich mit scheinbar unbeteiligter Stimme sagen:
    »Ist Euer Unterricht beendet, Marschall?«
    »Ja, die Kinder gehen sich umkleiden«, antwortete der Lehrer und verbeugte sich leicht vor der Gräfin. »Sobald sie fertig sind, bekommen sie eine Stunde Geschichtsunterricht.«
    »Ich bedaure«, antwortete Louise mit einer Stimme, die nach der unerfreulichen

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