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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Haar und den buschigen Augenbrauen, der in der Küche auf und ab lief und nicht recht wusste, was er tun sollte.
    Théodore hatte schlechte Laune und sah noch immer argwöhnisch zu, wie Alix und Juan Suppe und Pastete verschlangen.
    »Was willst du denn noch?«, schimpfte die Frau und sah ihren Mann zornig an. »Glaubst du vielleicht, die Kleine kann einer Fliege was zuleide tun?«
    Nachdem sie ihn so schroff zurechtgewiesen hatte, fiel dem kräftigen Kerl nichts mehr ein, und er verzog sich grummelnd ins Nebenzimmer.
    Als Théodore gegangen war, machte Charlotte einen tiefen Seufzer, kam an den Tisch und tat ganz schön:
    »Ist mein Hühnchen auch gut, mein kleines Fräulein? Mundet es Euch denn?«
    »Ja, es ist ausgezeichnet - genau wie die Pastete.«
    Jetzt musste sich Alix aber nicht mehr einschmeicheln, weil die Bäuerin immer zutraulicher wurde.
    »Ihr müsst mir nicht so viel Geld geben, Fräulein. Ist viel zu viel für ein bisschen Suppe und ein Stück Huhn. Mein Théodore und ich brauchen das nicht unbedingt.«
    »Aber …«
    »Kein aber! Ich will Euch nichts stehlen, aber das müsst Ihr ja nicht meinem Mann sagen. Ich verwalte nämlich unser Geld.«
    Und dann erzählte sie von ihrem erwachsenen Sohn, der mit
seiner Braut zu den Schwiegerleuten gezogen war, weil die den größeren Hof hatten.
    »Hier ist einfach nicht genug Platz. Nur die Kammer da nebenan. Bei denen haben sie ein Zimmer ganz für sich allein! Und ihr Getreidefeld ist auch zehnmal größer als unsres. Da könnt Ihr euch denken, dass sie es da besser haben, noch dazu, wo was Kleines unterwegs ist.«
    »Ja, das verstehe ich sehr gut«, meinte Alix, die ganz gerührt über die plötzliche Großzügigkeit der Bäuerin war und auch ihre Angst vor Landstreichern verstehen konnte.
    »Trotzdem find’ ich es sehr mutig, dass Ihr allein reist. Habt Ihr denn gar keine Angst?«
    »Nein, überhaupt nicht. Das bin ich gewöhnt«, antwortete Alix. »Außerdem habe ich ja jetzt Juan, meinen Kutscher. Da macht sich auch mein Mann keine Sorgen mehr.«
    »Wart Ihr denn vorher ganz allein unterwegs?«
    »Ja. Schon viel früher! Ich bin schon mit zwölf allein durch die Weltgeschichte gezogen.«
    »Ach, arme Kleine! Dann seid Ihr bestimmt ein Waisenkind?«
    Alix nickte. Sollte sie jetzt zum hundertsten Mal ihre Geschichte erzählen? Als würde es sie irgendwie beruhigen, begann sie einfach damit:
    »Mein Vater starb, als ich zwei Jahre alt war, und meine Mutter, als ich acht war. Sie war Stickerin, und wir haben damals in Nantes gewohnt. Drei Freundinnen meiner Mutter, die Königin Anne in ihre Werkstätten nach Amboise bestellt hatte, haben mich in ihrer Kutsche versteckt und mitgenommen, damit ich nicht ins Kloster gesteckt wurde.«
    Als sie Juans Interesse bemerkte, fuhr sie mehr für ihn als für die alte Charlotte, die ihr aber ebenfalls aufmerksam lauschte, fort:

    »Doch als wir im Val de Loire eintrafen, war König Karl tot, und Königin Anne musste ihre Pläne ändern. Die Freundinnen meiner Mutter hatten auf einmal keine Arbeit mehr und konnten sich nicht länger um mich kümmern. Also hat man mich doch in ein Kloster gegeben.«
    »Ach, du arme Kleine«, sagte die Bäuerin mitleidig und konnte es kaum erwarten, die Fortsetzung der Geschichte zu hören.
    »Auf dem Weg nach Amboise hatte ich Jacquou kennengelernt, der Nantes auch verlassen musste, weil er seine Lehre in der Werkstatt von Meister de Coëtivy antreten sollte. Er war zwölf, ich war acht. Ich habe mich schrecklich in ihn verliebt und konnte nur noch an ihn denken. Deshalb bin ich so schnell es ging aus dem Konvent geflohen, um Jacquou zu suchen. Ich bin sogar zweimal weggelaufen.«
    »Dann ist er also Euer Mann?«
    »Ja.«
    »Ach, ihr Armen!«
    Juan war sehr erstaunt über Alix’ kurzen Bericht. Die Geschichte seiner Herrin hörte er zum ersten Mal. Wieso nur hatte er sich eingebildet, sie sei eine junge Frau, der alles im Leben zugeflogen war?
    Er betrachtete sie lange und lächelte ihr zu, als sie ihn ansah. Natürlich hätte es diese Geschichte nicht gebraucht, damit sich die beiden verstanden; aber Alix hatte das Gefühl, ihr neues Bild gefiel dem jungen Spanier noch besser als das, das er sich zunächst von ihr gemacht hatte.
    »Euch muss man wohl erst etwas saubermachen, bevor Ihr schlafen könnt«, sagte Charlotte auf einmal spöttisch. »Schaut Euch nur mal Eure Füße an, und erst die von dem jungen Mann - das ist kein Schlamm, das ist ja Lehm! Das müssen wir wahrscheinlich

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