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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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immer größer. Solange Jacquou an ihrer Seite war, blieb Alix voller Zuversicht und Wagemut. Ihren sanften, friedlichen Mann brauchte sie genauso wie die Luft zum Atmen.
    Aber jetzt wollte sie nicht länger an Jacquou denken, sondern die müßige Zeit auf ihrer Reise lieber zum Lernen fremder Sprachen nutzen. Zum Glück konnte sie mit Julio Italienisch und mit Juan Spanisch sprechen.
    »Wir müssen uns beeilen, Juan«, rief sie ihm durchs Fenster zu. »Ich will in Chartres sein, bevor das Unwetter losbricht.«
    »Wir brauchen wahrscheinlich höchstens noch eine Viertelstunde, Dame Alix. Ich glaube, ich kann die Kathedrale schon sehen.«
    »Dann hast du aber gute Augen. Ich sehe nämlich nichts als einen Himmel, der von Sekunde zu Sekunde schwärzer wird. Ich fürchte, es geht jeden Moment los.«
     
    Tatsächlich erreichten sie Chartres, ehe sich die ersten Blitze entluden. Fliegen und Mücken taumelten durch die Luft und umschwärmten den Wagen. Juan versuchte sie zwar mit der Peitsche zu vertreiben, aber hartnäckig kamen sie immer wieder.
    Im Gasthaus »Zum Goldenen Hahn« bekamen sie für fünfundzwanzig Sous Kost und Logis. Die Herberge war sehr komfortabel, aber um etwas Geld zu sparen, teilte sich Alix ein Zimmer mit zwei anderen Frauen guten Benehmens, die wie sie selbst ohne Begleitung reisten. Das war damals aus Kosten- und aus Sicherheitsgründen sehr üblich. Es kam nämlich gelegentlich vor, dass
sich ein scheinbar honoriger Gast im Laufe der Nacht als großer Gauner herausstellte.
    Der Gastwirt, bei dem Alix abgestiegen war, servierte ihr ein reichhaltiges Mahl, das sie sich mit Juan teilte. Der Kutscher schlief dann aber im Stall, weil er die Pferde nicht allein lassen wollte. Er hatte frisches Stroh und einen Eimer Wasser für sie bestellt und kümmerte sich darum, dass sich auch die Tiere ausruhen konnten.
    Chartres verließen sie am nächsten Tag im Morgengrauen und nahmen die Straße nach Norden, östlich an Paris vorbei, die nach Reims führte. Dieser Tag ließ sich jedoch ganz anders an als der vorhergehende, weil der Donner grollte und Blitze über den Himmel zuckten, lange bevor es Nacht wurde. Jason bekam Angst und steckte den hitzigen Hector damit an.
    »Eigentlich dürfte sich dieser Araber vor einem Gewitter nicht fürchten, weil er das aus Kastilien zur Genüge kennt«, meinte Juan und machte sich keine ernsthaften Sorgen.
    Mittlerweile hatte es heftig zu regnen begonnen, und Alix begriff, dass es dieser sintflutartige Regen und nicht das Gewitter war, was Hector Angst einjagte.
    »Ich fürchte, wir müssen anhalten, Dame Alix. Wenn die Pferde erst stehen dürfen, haben sie nicht mehr ganz so viel Angst.«
    »Komm in den Wagen. Du bist ja schon tropfnass, du armer Juan.«
    Der Regen prasselte unvermindert weiter, bog die Äste der Bäume herunter und weichte den Boden auf, und der Schlamm machte die Wege unpassierbar. Es wollte gar nicht mehr aufhören - eine wahre Sintflut!
    »Komm in die Kutsche, Juan. Du holst dir noch eine Erkältung!«
    »Sofort, Dame Alix«, antwortete der junge Kutscher und sprang
von seinem Bock. »Ich muss erst die Pferde versorgen; die können sich nämlich auch erkälten. Ich lege ihnen eine Decke über.«
    Und während es ohne Pause krachend donnerte und blitzte, sah sie, wie er Jason und Hector ausspannte und umdrehte, damit sie mit dem Kopf zur Kutsche standen.
    »So machen wir das in Südspanien, wenn die Tiere verängstigt sind. Dann können sie den bedrohlichen Himmel, die herunterfallenden Äste und die Steine, die ihnen vor die Hufe rollen, nicht sehen.«
    Juan bückte sich, und als er mit seiner Arbeit fertig war, lief ihm das Wasser in Strömen den Rücken hinunter. Ein trockenes Knacken zeugte davon, dass gerade ein Ast auf das Wagendach gefallen war. Alix bekam es allmählich mit der Angst zu tun. Ein Blitz, der heller war als alle zuvor, entlud sich und schlug, gefolgt von einem ohrenbetäubenden Donnerschlag in die Eiche direkt vor ihnen. Der mächtige Baumstamm leuchtete rot auf, barst mit einem hässlichen Geräusch mittendurch und stürzte quer über die Straße, wo er unwiederbringlich den Weg versperrte.
    Ganz außer Atem hatte sich Juan gerade noch in die Kutsche zu der vor Angst zitternden Alix flüchten können.
    »Hector kennt nur trockene Gewitter«, grummelte er. »Das Pferd ist an Blitz und Donner gewöhnt, aber nicht an diesen sintflutartigen Regen.«
    »Ich fürchte, Jason schätzt so ein Wetter auch nicht besonders«, versuchte Alix

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