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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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mit Ziegeln versorgte.
    Aus einer Laune heraus ging Louise zu ihrem Sohn, drückte ihn an sich und murmelte ihm zärtliche italienische Worte ins Ohr.
    Der Junge zog einen Schmollmund.
    »Heute Abend will ich nicht Italienisch sprechen, Mutter.«
    »Aber warum denn nicht, bambino mio?«, fragte Louise.
    Da machte Marguerite einen Stoßseufzer.
    »Wir haben viel zu viel mit Euch zu besprechen, Mutter. Das geht nur auf Französisch.«
    »Ihr solltet Italienisch aber genauso gut sprechen wie Französisch, meine Kinder.«

    Zärtlich strich sie ihrem Sohn über die Stirn.
    »Wenn du erst einmal in Mailand oder Neapel bist, François, musst du besser Italienisch sprechen als deine Vorgänger. Charles de Valois verstand selbst kaum, was er sagte, und brabbelte wohl nur unverständliches Zeug vor sich hin. Und Louis d’Orléans ist auf Übersetzer angewiesen.«
    Mit der Hand fuhr sie ihrem Sohn zärtlich durchs Haar und wandte sich dann Marguerite zu, die gut gelaunt und in aller Ruhe zu ihr gekommen war. Davon war Prunelle aufgewacht; empört verzog sich die kleine Hündin auf das Bett von François und kuschelte sich zwischen seine Füße.
    Als geborene Savoyardin hatte Louise als Kind ganz selbstverständlich auch die Sprache des Nachbarlandes gelernt und beherrschte sie perfekt. Deshalb barg das Italienische keine Geheimnisse für sie, und weil sie wusste, dass diese Kenntnis ein weiterer Trumpf für ihre Kinder war, wollte sie ihnen ihr gesamtes umfangreiches Vokabular weitergeben.
    »Gut, einverstanden, aber das gilt nur für heute Abend. Morgen unterhalten wir uns wieder auf Italienisch«, erklärte sie. »Was wollt ihr denn so Wichtiges wissen, dass wir es nur auf Französisch besprechen können?«
    »Wann gehen wir nach Amboise zurück, Mutter?«, fragte François.
    »Wenn die Pest vorbei ist. Offenbar nimmt die Ansteckungsgefahr in den Nachbarregionen bereits ab, aber das Risiko ist noch immer viel zu groß.«
    »Ist denn das Kind, das Königin Anne erwartet, auch in Gefahr?«, fragte seine Schwester ängstlich.
    »Darum machst du dir also Sorgen. Oh nein, meine Kinder, nein! Dies Kind kommt gar nicht erst zur Welt«, prophezeite sie düster.

    Dann drückte sie ihren Sohn an sich und ließ ihren Blick schweifen. Ohne François loszulassen, wandte sie sich an Marguerite und sagte:
    »François wird der nächste König. Das weißt du doch.«
    »Ja, ich weiß«, flüsterte das Mädchen und schmiegte sich enger an seine Mutter.
    François lächelte zufrieden zwischen Mutter und Schwester, und Marguerite hatte wieder Prunelle zu sich geholt, die sich die Umarmungen ihrer Herrin gefallen ließ.
    An diesem Abend war die Vertrautheit und Harmonie des unzertrennlichen Trios vollends wiederhergestellt, und Louise genoss den wonnigen Moment in vollen Zügen.
    Da stieß plötzlich jemand mit lautem Krachen die beiden schweren Türflügel auf, so dass Prunelle erschrocken aufsprang und Hapaguai knurrte. Der Lärm hatte sie überrascht, und Louise und die Kinder erschraken heftig.
    Mit weit aufgerissenen Augen starrten sie Marschall de Gié an, der in der Tür erschienen war - groß und stark, mit undurchdringlicher Miene, stechendem Blick, die Hände in den Hüften und breitbeinig stand er da vor ihnen.
    Er hatte sein schwarzes Samtwams, das er sonst immer trug, gegen ein helles, in der Taille gegürtetes bauschiges Hemd ausgetauscht. Unter dem Hemd trug er zwar noch seine kurzen Hosen und Wadenstrümpfe, aber sein Aufzug wirkte, gelinde gesagt, sehr ungezwungen.
    Er machte ein paar Schritte ins Zimmer und ließ seine beiden Hellebardiere im Türrahmen eingezwängt stehen. Die Wachen, die ihm auf den Fersen gefolgt waren, schickte er mit einer ungeduldigen Handbewegung weg.
    Louise ließ ihre Kinder los und versuchte ihre Brust zu verbergen, die nur zum Teil von einem dünnen Nachthemd bedeckt war.
De Gié betrachtete den weißen Busen der jungen Frau, an dem noch immer der kleine Kopf von François ruhte. Dann sah er ihr in die Augen und sagte kühl:
    »Führt man einem zukünftigen Herrscher etwa ein solches Spektakel vor? Wie wollt Ihr denn den Charakter dieses Kindes stärken, Madame, wenn Ihr ihm jetzt noch erlaubt, an Eurer Mutterbrust zu träumen?«
    Marguerites Blick ging hilflos zwischen ihrer Mutter und dem Lehrer hin und her, ihre Lippen öffneten sich zum Protest, aber ihre Mutter bedeutete ihr zu schweigen. Obwohl sie sich noch längst nicht von ihrem Schrecken erholt hatte, erwiderte Louise prompt:
    »Darf ich

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