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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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zusammengespart hatte. Die Übrigen, die keinen einzigen Heller besaßen und denen alle Türen verschlossen blieben, hausten in Scheunen oder Ställen, hofften auf das Ende der Seuche und beteten, dass sie das Schicksal verschonte und sie wenigstens nicht verhungern mussten.
    Château de Romorantin hatte also nur ein kleines, aber bestens eingespieltes Gefolge aufgenommen. Unter diesen tragischen Umständen musste sich sogar Königin Anne einschränken. Sie hatte nur ihre Günstlinge dabei, ihre liebsten Hofdamen, die Leute für die täglich anfallenden Arbeiten und einige wenige Pagen, auf die sie absolut nicht verzichten konnte.
    Wenn Louise und Anne sich auch nicht leidenschaftlich liebten, bemühten sie sich doch um gutes Einvernehmen; schließlich verging kein Tag, an dem sich die beiden Frauen nicht über den Weg liefen und ein paar Worte wechseln mussten, weil sie praktisch mit Marschall de Gié und den Kindern unter einem Dach lebten.
    Nachdem ihr anfänglicher Ärger verflogen war, hatte sich die Comtesse d’Angoulême dazu entschlossen, sich nicht um die kleinen alltäglichen Streitereien zu kümmern. Da sie nun einmal nichts an der Situation ändern konnte, beglückwünschte sie sich dazu, dass sie durch das enge Zusammenleben ein sehr vertrautes Verhältnis zur Königin entwickeln konnte, was ihr für ihre langfristigen Pläne sehr gelegen kam.
    Tatsächlich schien sich Louise hier wohler zu fühlen als die Königin. Château de Romorantin gefiel ihr einfach sehr. Der Bau aus zum Teil holzverkleideten rosa Ziegeln wirkte sehr einnehmend. Die Königin lebte im Hauptwohntrakt, der mit seinen Rundbogenfenstern auf der Seite zum Wald lag.

    Louise bewohnte zusammen mit Antoinette, Jeanne, deren Tochter und ihren Kindern den Flügel aus glasierten Ziegeln mit offenem Gesims. Von ihren Fenstern aus konnte man das Fachwerk des Moulin des Garçonnets sehen, der auf Pfeilern in einem Seitenarm der Sauldre stand und einen derart friedlichen Anblick bot, dass sie sich gar nicht daran sattsehen konnte.
    Die Pest schien die Sologne zu verschonen, und die beiden Frauen gewöhnten sich allmählich an ihren gemeinsamen Alltag. Die Königin nahm zu, und ihr Bauch wurde immer runder.
    Obwohl sie eigentlich jedem Streit aus dem Weg gehen wollten, gab es doch immer wieder böse Worte. Und sobald die eine eine zweideutige Bemerkung machte, gab die andere schroff zurück. Immerhin bemühten sie sich darum, sich vor den Dienstboten zu mäßigen.
    Nachdem man im Sommer zum Zeitvertreib eigentlich nur ausreiten konnte, begegneten sich die beiden Frauen auch oft mit ihren Zelterpferden im Wald von Sologne.
    Der kleine François verbrachte ebenfalls viele Stunden auf seinem Pferd, und es bereitete ihm immer mehr Vergnügen, in Begleitung seiner Schwester Marguerite auf den langen geraden Alleen die geheimnisvolle Sologne mit ihrem Moos und Heidekraut zu erforschen.
    Vorübergehend wurden die Latein- und Grammatikstunden der Kinder zugunsten des Reitens etwas gekürzt. Abends verschwanden die beiden dann erschöpft und begeistert in ihren nebeneinanderliegenden Zimmern und erzählten sich noch lange von ihren neuesten Heldentaten.
    Louise bemühte sich zwar, ihre Nervosität zu verbergen, sie legte sich aber eigentlich nur wirklich in Gesellschaft ihrer Kinder.
    An diesem Abend hatte sie die beiden mit zu sich auf ihr Zimmer
geholt. Und während Marguerite und François fröhlich über die Erlebnisse des vergangenen Tages diskutierten und Wetten abschlossen, wer am nächsten Tag bei welchem Ausritt gewinnen würde, musste Louise ständig an den dicken Bauch ihrer Rivalin denken. Wenn es doch ein Junge wurde, war es aus und vorbei mit ihren großartigen Träumen von Ruhm und Ehre. Dann würde ihr François, ihr kleiner Cäsar, niemals König von Frankreich werden.
    Prunelle hatte sich in Marguerites Armen zusammengerollt, und Hapaguai schlief in seiner Lieblingshaltung, mit lang ausgestreckten Vorderpfoten, auf dem Wildschweinfell, das das Zimmermädchen Catherine zu diesem Zweck neben die große Truhe von Louise gelegt hatte.
    Dame Andrée, die nicht aufhören wollte, sich um das Wohlergehen ihres kleinen »Säuglings« zu sorgen, hatte sich nun doch einmal frei genommen. Louise hatte zwar darauf bestehen müssen, dann aber konnte die tüchtige Frau doch nicht dem Vergnügen widerstehen, ihre Familie zu treffen, die ganz in der Nähe der Sologne lebte. Ihr Bruder besaß eine Ziegelei in Senneterre, die die ganze Gegend um Orléans

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