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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Angst, die Banditen könnten wieder auftauchen.
    Ihre Magenschmerzen hatten aufgehört. Sie sah sich um, bewegte vorsichtig ihren Kopf und stellte fest, dass sie nicht mehr gefesselt und geknebelt war.
    Alix wurde etwas mutiger und musterte ihre traurige Erscheinung. Die blaue Schürze, die sie über ihrem Kleid getragen und auf die sie sich eben noch erbrochen hatte, war verschwunden. Sie dachte nach. Jemand, der nicht Juan war, lenkte ihre Kutsche,
und weil derjenige nicht befürchtete, sie könnte fliehen, wenn sie wieder zu sich kam, konnte es sich dabei wohl nicht um einen der beiden Angreifer handeln.
    Also bewegte sie sich vorsichtig zum Fenster und steckte den Kopf hinaus. Sie sah aber nur einen weiten braunen Mantel, der wie eine Mönchskutte aussah. Ein Ärmel flog jedes Mal durch die Luft, wenn der Kutscher die Peitsche bewegte.
    Eine Mönchskutte! Welcher Mönch konnte das sein? Alix drehte sich um und entdeckte Juan, der noch immer reglos unter der Sitzbank lag. Sie bückte sich und sah neben ihm eine Tasche. Als sie sie öffnete, wurde ihr alles klar - es war eine Apothekertasche.

11
    Als der Tagesablauf auf Schloss Amboise ganz allmählich Formen angenommen hatte, wurde er plötzlich von einem unvorhersehbaren Ereignis gestört, das die Menschen auf dem Land allerdings bereits irgendwie geahnt hatten. Die ständige Schwüle, Invasionen von Mücken- und Fliegenschwärmen und die andauernden Unwetter machten ihnen große Sorge.
    Aus der Bretagne kommend breitete sich die Pest an der Loire entlang Richtung Westen aus und erreichte bald schon Tours. Die Dorfbewohner von Amboise bekamen es mit der Angst, und sie fürchteten, angesteckt zu werden.
    Louis XII., der sich wieder in Italien aufhielt, war von seinem treuen André de La Vigne unterrichtet worden, und bereitete sich auf die Heimkehr nach Frankreich vor.
    Er machte sich Sorgen um die Gesundheit seiner Gattin und um das ungeborene Kind. Deshalb ordnete er an, sie solle Amboise, das viel zu ausgesetzt am Loireufer lag, auf der Stelle verlassen und mit der Familie d’Angoulême vorübergehend auf Schloss Romorantin umziehen, das von der Sologne umgeben war und ihm viel sicherer schien.
    Königin Anne war nicht auf die Katastrophe vorbereitet und konnte die steigende Zahl der Toten im Dorf und in ihrem Hofstaat kaum ertragen, weshalb der hastige Aufbruch ihr die gute Laune nahm. Außerdem musste sie viele vertraute persönliche Dinge zurücklassen. Nicht einmal ihren geliebten Betstuhl, der sie sonst überallhin begleitete, durfte sie mitnehmen.

    Heimtückisch begann die Pest ihren Angriff auf das Schloss Amboise, und die Reisevorbereitungen fanden in größter Eile und unbeschreiblichem Durcheinander statt, weil jeder so schnell wie möglich an einen sicheren Ort wollte und Schloss Romorantin nur begrenzt Platz bot.
    Nach nur einer Woche gab es zwanzigtausend Opfer zu beklagen. Die vielen betroffenen Häuser mit dem roten Kreuz auf der Tür, dem Symbol für den Tod, durften lange Zeit nicht betreten werden.
    Die Residenz Romorantin, eine Enklave in der Sologne, musste Louise gefallen. Von den kleinen, aber freundlich hellen Zimmern, die sehr hübsch aneinandergereiht waren, hatte man einen schönen Blick auf das spätsommerliche Laub. Unter Kastanienbäumen, Eichen und Pinien gelangte man zu Lichtungen und hie und da einem Fischteich, über dem in der Morgenstille die Vögel zwitscherten.
    Die Auffahrtsallee zum Schloss war von großen Heidekrautbüschen gesäumt, die sich mit hohen, silbernen Birkenstämmen abwechselten. Mit dem Ausbruch der Pest hatten die Stürme aufgehört. Der Sommer war heiß und lag brütend auf dem Astwerk, das kein Windhauch in Bewegung versetzte. Die Wäldchen scharten sich um die Lichtungen, auf denen es nur noch wenige schattige Bereiche gab.
    Der fehlende Komfort auf dem Schloss störte Louise nicht, wohl aber die Enge, die ihr keine Freiheit mehr ließ. Wenn sie ungestört sein wollte, blieb ihr nur die Möglichkeit, sich auf ihrem Zimmer oder in dem der Kinder einzuschließen.
    Weil das Schloss so klein war, gab es viel zu wenig Platz für den Hofstaat der Königin, weshalb zahlreiche Hofdamen, Diener, Lakaien und weitere Dienstboten es vorgezogen hatten, Amboise zu verlassen, um der Pest zu entkommen, die in der gesamten Loiregegend wütete.

    Die meisten von ihnen gingen nach Hause zu ihren Familien. Wer keine Verwandten hatte, zog durch die Nachbarregionen und schlug sich mit dem wenigen Geld durch, das man

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