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Die Seidenstickerin

Die Seidenstickerin

Titel: Die Seidenstickerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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Pech, wenn er bei dir bleibt. Dann enterbe ich ihn, und er bekommt keinen Heller.«
    »Na und! Was macht das schon aus?«, verhöhnte sie ihn.
    »Sehr viel!«
    »Nein! Nein und nochmals nein, Meister Coëtivy! Das ändert rein gar nichts, weil Ihr ihn nicht anerkannt habt. Ihr habt ihm nur seine Ausbildung ermöglicht, damit er dann nach seinen Fähigkeiten arbeiten kann. Und das wird er auch tun. Und zwar ohne Euch – Euch brauchen wir dafür nicht mehr.«
    »Du vergisst das Erbe.«
    »Euer Erbe! Na und? Was sollen wir denn mit Eurem Erbe anfangen?«
    »So muss Jacquou lange Jahre hart arbeiten, bis er sich eine eigene Werkstatt leisten kann.« Er lachte heiser. »Wenn du nicht wärst, könnte ich ihm die Werkstatt in Tours oder die in Paris oder auch die in Enghien geben.«
    »Vielleicht auch mit so einem unnachgiebigen Meister wie Euch im Hintergrund! Das ist doch wohl nicht Euer Ernst, Meister Coëtivy? Allein ist er viel freier.«
    »Das glaubst vielleicht du, du dumme Göre, weil du nur dein Eheglück im Sinn hast, weil du nur an dich und deine Pläne denkst, du kleiner, ehrgeiziger Emporkömmling. Und dabei vergisst du vollkommen Jacquou und seine Ziele; er hat mir aber immer wieder versichert, dass er sich nichts sehnlicher wünscht, als ein großer Meister zu werden. Und dazu habe ich ihn erzogen, seit er ein kleiner Junge ist. Du machst ihm nur schöne Augen und zerstörst alles mit deiner falschen Zunge. Nein, Alix! Du willst nicht sein Glück. Ich will es, und das weißt du auch.«
    Das junge Mädchen war auf einmal ganz blass. Coëtivys Worte hatten sie verwirrt. Sie hatte das Gefühl, ihr Peiniger würde die Zukunft vorhersagen. Und wenn er Recht hatte? Was, wenn ihm Jacquou wirklich gesagt hatte, dass es nur eines gab, was ihm wichtig war – nämlich ein großer Meister zu werden? Mit dem armen Waisenmädchen Alix im Schlepptau kam er seinem Ziel bestimmt nicht in großen Schritten näher.
    »Gib es doch zu!«, redete Coëtivy weiter auf sie ein, als er merkte, dass er ihren wunden Punkt getroffen hatte. »Ich sage es noch einmal: Du bringst diesem jungen Mann nur Unglück.«
    »Nein!«, rief sie verzweifelt.
    »Wenn du weiter so stur bleibst, muss er alles aufgeben. Und dann wird er auf lauter übel wollende, neidische und rachsüchtige Leute treffen, mächtige Leute, die ihm den Weg versperren werden, weil ich dann nicht mehr da bin, um ihm zu helfen.«
    »Ihr könnt Euer Geld, Eure Werkstätten und Eure Berühmtheit behalten«, sagte Alix tonlos. »Jacquou schafft das alles auch ohne Euch.«
    »Wenn Jacquou bei dir bleibt, soll er sehen, wie er zurechtkommt.«
    »Genau das werden wir auch tun.«
    »Soll er doch vor lauter Entbehrungen, Ungewissheit und Kummer mit der Arbeit krepieren. Und sag ihm, dass er keinen Heller von mir erbt, wenn ich sterbe.«
    »Was seid Ihr nur für ein hasserfüllter Mensch!«
    »Nein, das bin ich nicht. Ich verteidige nur meine Ziele – genau wie du.«
    »Eure Vorschläge kommen für mich beide nicht in Frage, Meister Coëtivy. Jacquou und ich sind und bleiben verheiratet, und wir kommen auch ohne Eure Hilfe zurecht.«
    »Dann stehst du jetzt hier am Tor zur Hölle«, sagte er und lachte höhnisch, musste aber feststellen, dass Alix genauso verächtlich lachte. Da starrte er sie wie ein Geisteskranker an und verlor den Verstand, so wie damals, als Alix Dame Bertrande die Wahrheit über Jacquou sagen wollte.
    Er packte sie grob und drückte sie an sich. Sie spürte seinen Atem auf ihrem Gesicht. Dann kam er immer näher mit seinem Mund und drückte ihn auf ihre Lippen, während er mit einer Hand ihren Busen betastete und ihr mit der anderen unter den Rock griff.
    Alix keuchte und bekam kaum noch Luft und versuchte ihn wegzustoßen, weil sie schließlich nicht dumm war. Bestimmt wollte er sie erst missbrauchen und dann Jacquou berichten, dass seine viel zu junge und viel zu hübsche Frau einfach nur eine Hure sei, die sich von jedem Dahergelaufenen küssen und besteigen ließ.
    Coëtivy hatte jetzt zwar keine Hand frei, wohl aber Alix, die ihm eine kräftige Ohrfeige verpasste.
    Sofort ließ er von ihr ab; sein Gesicht war hochrot, und seine Augen blickten verstört wie manchmal, wenn er mit einer schwierigen Situation nicht zurande kam. Langsam kam er wieder zu sich und murmelte verlegen irgendwelche Entschuldigungen. Auch wenn Pierre de Coëtivy ein ziemlicher Hahnrei war, hatte er doch nie ein Mädchen vergewaltigt und wollte das auch jetzt nicht.
    Irgendwie war ihm

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