Die Seidenstickerin
verabschiedete, egal ob sie Herzogin oder Zimmermädchen war.
»Jetzt geh schon, du musst dich nicht beklagen! Der Wirt ist ein gut aussehender, stattlicher Mann, anständig und großzügig, wie mir scheint, und du hast nichts zu verlieren, wenn du ihm treu bleibst.«
Guillemette machte eine kleine Verbeugung und knallte dann die Tür hinter sich zu. Geräuschlos wie eine vorsichtige streunende Katze trat nun Constance zu ihm.
»Hat Euch das Mädchen wirklich gefallen, Monsieur Charles?«, schnurrte sie dicht neben ihm und tat ihm schön.
»Findet Ihr sie etwa hässlich?«
Constance zog eine beleidigte Schnute, versteckte aber nicht länger ihren reizenden nackten Körper, der den kundigen Blicken des Grafen bereits bei ihrer Ankunft nicht entgangen war, als sie sich mit den Füßen in den Holzschuhen ausgezogen hatte.
Sie schwang ihre runden Hüften, streckte die Arme in die Luft und sagte herausfordernd zu dem Grafen:
»Bin ich etwa nicht viel hübscher?«
Dann verwandelte sich die vorsichtige in eine geschmeidige und geschickte Katze, die mit einem Satz in das Badewasser sprang.
»Nun, Monsieur Charles, worauf wartet Ihr noch? Ihr seid auf einmal so ängstlich. Habt Ihr etwa vergessen, dass ich Euch auch gerade erst ohne Kleider gesehen habe? Euer stattliches Aussehen gefällt mir sehr. Und ich hatte ausreichend Zeit, es zu begutachten.«
»Dann seid Ihr also nur gekommen, weil Euch mein Körper zusagt?«
Er lachte und sah zu, wie sie mit ihren weißen Armen im Wasser herumplantschte. Als sie genüsslich untertauchte, entdeckte er in ihren Augen einen Schimmer, der auf sonderbare Weise zu der Glut im Kamin passte.
Nun wurde die geschmeidige Katze einschmeichelnd.
»Das Wasser wird kalt, wenn Ihr noch länger zögert«, schnurrte sie.
»Was wird Alix sagen, wenn sie aufwacht und Ihr nicht da seid?«, fragte Charles und zog endlich seinen Umhang aus.
Er warf ihn einfach auf den Boden, kam zu der Wanne und setzte sich etwas schwerfällig auf ihren Rand.
»Dann schläft sie wieder ein und denkt an ihren Jacquou«, sagte Constance und machte ihm Platz in dem warmen Wasser.
Er glitt in die Wanne und setzte sich gegenüber von Constance. Ganz kurz begegneten sich ihre Füße, und Charles genoss diese wunderbare Berührung, die offenbar viele weitere versprach.
»Alix ist eine große Schlafmütze. Sie schläft doppelt so lang wie ich. Und wenn sie wirklich einmal ausnahmsweise aufwacht und nicht mehr einschlafen kann, dann denkt sie einfach nach.«
»Sie denkt nach! Du liebe Güte! Woran denkt sie denn dann?«
»Oh! An ihren Jacquou, in den sie schrecklich verliebt ist.«
»Und was ist mit dir? Bist du auch verliebt?«, fragte er und nahm sich plötzlich die Freiheit, sie zu duzen und zu streicheln.
»Nein, noch nicht«, antwortete sie und seifte sich ein.
»Hast du denn keine Lust, verliebt zu sein?«
Sie lachte vergnügt und schlug mit den Beinen, um ihrem Gegenüber Wasser ins Gesicht zu spritzen.
Doch dann stand sie plötzlich auf und wollte aus der Wanne. Charles fing sie aber ein und warf sie ins Wasser zurück. In einem Strudel aus Seifenschaum fand sie sich in seinen Armen wieder. Er drückte ihr einen Kuss auf den Mund, aber sie weigerte sich, ihn zu erwidern. Mit einer unmissverständlichen Bewegung stieß sie ihn von sich.
»Bitte, Monsieur Charles, lasst mich los. Ihr wisst sehr gut, dass ich Jungfrau bleiben muss, egal welchen Mann mir das Schicksal bestimmt. Deshalb wird es auch bei diesem ebenso harmlosen wie unterhaltsamen Badevergnügen bleiben.«
8
Louise de Savoie betrachtete gedankenversunken die Mauern des alten Schlosses. Es war noch gar nicht so lange her, dass sie als junges Mädchen hierhergekommen war, weil ihre Cousine Anne de Beaujeu sie mit dem Grafen d’Angoulême verheiraten wollte.
Dabei empfand sie aber weder Groll noch Bitterkeit. Louise hatte ihre Jugend zwar in guter Erinnerung, verspürte jedoch trotz der kleinen Freuden, die ihr friedliches Leben aufheiterten, auch einen Hauch von Melancholie.
Louise lehnte sich an die steinerne Brüstung und genoss zu dieser späten Stunde den Anblick üppig blühender Stockrosen. Im Licht der Abenddämmerung leuchteten sie so purpurrot wie der Rubin an ihrem Hals. Das Schmuckstück hatte ihr Charles d’Angoulême zur Geburt von François geschenkt, und sie hatte es vor dem Schicksal des übrigen Schmucks bewahrt, der für die Reparatur des Schlossdachs verkauft werden musste.
Die Balustrade war noch warm von den
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