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Die Seidenstickerin

Die Seidenstickerin

Titel: Die Seidenstickerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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hohe Lehnsessel, die mit grauem Samt gepolstert waren, standen rechts und links neben dem großen Bett aus Nussbaumholz mit den dazu passenden Bettvorhängen.
    An diesem Abend hatte Louise besonders viel Lust auf eine Nacht mit ihrem Mann. Sie saß auf dem weichen Federbett, hatte das Kinn auf die angezogenen Beine gestützt und sah verträumt zu, wie sich Charles Gehrock und Kniehosen auszog.
    »Warum habt Ihr heute Abend mich ausgesucht, Charles? Antoinette war so enttäuscht!«
    »Weil ich will, dass Ihr diese letzte Erinnerung an mich habt, wenn ich nicht wiederkomme, mein Herzchen.«
    Louise streckte ihre Beine aus und sah ihren Mann erschrocken an.
    »Warum solltet Ihr denn nicht wiederkommen?«, fragte sie beunruhigt.
    »Ihr wisst doch, wie unsicher die Straßen heutzutage sind.«
    »Aber, Charles, es ist doch nicht das erste und auch nicht das letzte Mal, dass Ihr auf Reisen geht.«
    »Gewiss, meine Liebe. Dann hatte ich eben einfach große Lust auf Euch, und vielleicht seid Ihr ja dann schwanger, wenn ich wiederkomme.«
    Er hatte seine Hose ausgezogen und stand nackt vor Louise.
    »Darf ich Euch dieses Hemd ausziehen, das mich daran hindert, Eure zierliche Taille und Eure schmalen Hüften zu bewundern?«
    »Charles«, hatte Louise dann gehaucht, als sie sich von dem kräftigen Körper ihres Gatten umschlungen fand, »Ihr erdrückt mich gleich.«
    »Aber mein Liebling, wenn ich Euch erdrücke, dann nur weil ich Euch liebe.«
    Oh Gott! Warum musste sie nur immer Antoinette und Jeanne vor sich sehen, wenn sie so in die starken Arme ihres Mannes geschmiegt war? Das verdarb ihr unweigerlich das ganze Vergnügen daran, und Louise hatte eigentlich nur einen berechtigten, wenn auch vielleicht nicht bewussten Wunsch, nämlich dass diese Umarmung ein Ende haben sollte.
    Sie hatte gespürt, wie er in sie eindrang, dabei aber irgendwie das Gefühl gehabt, dass diese Nacht nicht dazu geeignet war, dass er ihr ein Kind machte. Vielleicht wenn er wieder zurückkam! Ein drittes Kind hätte sie schon sehr gern gehabt.
    Weil sie sich bemühte, sich gehen und von dem Rhythmus mitreißen zu lassen, den er ihr vorzugeben versuchte, gelang es ihr, sich ein wenig zu entspannen. Da Charles aber an raffinierte Liebesspiele gewöhnt war, die Louise noch kaum kannte, gab er sich trotz guten Willens oft mit seinem eigenen Vergnügen zufrieden und schlief dann bald ein.
    Wahrscheinlich hätte Louise mehr Geduld und mehr Einfühlungsvermögen aufbringen sollen. Aber schließlich waren da ja noch Jeanne, um die amouröse Unerfahrenheit der jungen Gattin auszugleichen, und Antoinette, die sich auf raffinierte alte Spielchen verließ, die noch aus der Zeit stammten, als sie und Charles sich kennen gelernt hatten.
    Wie hätte sie sich dagegen behaupten sollen? Mit ihren neunzehn Jahren war Louise einfach noch nicht bewusst, welch unschlagbarer Trumpf ihre Jugend war.

9
     
    Diesmal wollte Alix auf keinen Fall noch einmal denselben Fehler machen, der zum Scheitern ihres Plans geführt hatte, weshalb sie damals nach Nantes zu Meister Yann zurückgebracht worden war. Deshalb ging sie erst nach Einbruch der Nacht zu Meister Coëtivys Werkstatt.
    Eine kleine Vertiefung zwischen den Rahmen der kleinen Holztüre, die auf die Rückseite des Gebäudes führte, und der Mauer diente ihr als willkommenes Versteck.
    Seit sie Nantes verlassen hatte, überlegte Alix ganz genau, wie sie es am besten anstellen könnte, dass ihr niemand auf die Schliche kam. Sie wollte sich als die Tochter eines Stickers ausgeben, die Entwürfe dabeihätte, nach denen man weben könnte. Sie hielt auch tatsächlich ein paar kleine Kartons an sich gedrückt, die sie aus der Werkstatt von Meister Yann mitgenommen hatte – sie waren aus der Mode gekommen und wurden längst nicht mehr benutzt.
    Kardinal Villiers, der sie ins Herz geschlossen hatte, so wie er sich auch bereits um Jacquous Wohlergehen bemühte, hatte sie ein wenig beruhigen können; deshalb wartete sie nun ab, wie sich die Dinge entwickelten und sagte sich inzwischen, dass sie im schlimmsten Fall immer noch den Kardinal um Hilfe bitten konnte.
    Dazu musste er allerdings lange genug in Amboise bleiben. Aus reiner Herzensgüte hatte Jean de Villiers eine Botschaft an seinen Freund, Papst Alexander VI., geschickt und ihn gebeten, ihm so schnell wie möglich die Zustimmung zur Heirat von zwei jungen Leuten zu schicken, ohne dass Meister Coëtivy etwas dagegen unternehmen könnte. Aus dem Schreiben ging allerdings nur

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