Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sekte der Engel: Roman (German Edition)

Die Sekte der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Die Sekte der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
Vom Netzwerk:
und allen, die sich unserer Initiative zur Befreiung von Dottor Bellanca angeschlossen haben, zu danken. Der Druck, den der Bürgermeister und wir auf den Präfekten ausgeübt haben, hat das gewünschte Ergebnis gezeitigt. Auf das Wohl von Dottor Bellanca!»
    Alle tranken. Der Bürgermeister verspürte wenig Neigung, die Wahrheit zu sagen, nämlich dass der Präfekt in dieser Angelegenheit mitnichten eingeschritten war.
    «Wollen wir noch eine Runde machen?», fragte Don Serafino Labianca.
    «Gerne!», antwortete Don Liborio. «Auf wen wollen wir denn trinken?»
    «Auf die dämliche Visage von Capitano Montagnet!»
    Allgemeines Gelächter. Kurz darauf trat Don Anselmo zu Dottor Bellanca, legte ihm einen Arm um die Schultern und zog ihn ein wenig beiseite.
    «Ich wollte Sie etwas fragen.»
    «Ich stehe zu Ihrer Verfügung.»
    Bevor er zu sprechen begann, schob Don Anselmo den Arzt noch etwas weiter von den anderen weg. Er wollte nicht gehört werden.
    «Kann ein achtzigjähriger Mann eine junge Frau schwängern?»
    «Offenbar hat es dergleichen Fälle gegeben. Allerdings sehr selten. Warum fragen Sie?»
    «Weil die Tochter meines Feldhüters, Totina …»
    «Ich bin bereits im Bilde, Don Anselmo. Ihre Mutter hat sie zur Untersuchung gebracht.»
    «Der einzige Mann, mit dem Totina zu tun gehabt haben könnte, ist der Mann ihrer Tante Clarizza, aber der ist achtzig.»
    «Sprechen Sie von Turiddru Cannizzaro?»
    «Genau dem.»
    «Kennen Sie Cannizzaro?»
    «Nicht persönlich.»
    «Cannizzaro ist mein Patient. Er leidet an Schleimhautentzündung, ist aber im Übrigen ein kräftiger, gesunder Mann.»
    «Dann wollen Sie mir also sagen, dass er es gewesen sein könnte!»
    «Aber, Don Anselmo, wie kommen Sie denn darauf? Das habe ich nicht gesagt!»
    «Sie möchten sich bloß nicht kompromittieren», sagte Don Anselmo enttäuscht.
    Er ging zum Avvocato Sciortino, ergriff seinen Arm und zog ihn beiseite.
    «Ich möchte, dass Sie mir eine Anzeige vorbereiten. Ich komme sie dann unterschreiben.»
    «Zu Diensten, Don Anselmo. Wen wollen Sie anzeigen?»
    «Capitano Montagnet, wegen Amtsmissbrauchs.»
    «O nein, Don Anselmo. Der Präfekt hat uns zwar recht gegeben, aber das hieße dann doch, über die Rille hinauszupinkeln.»
    «Bei Ihnen mag es ja vorkommen, dass Sie über die Rille hinauspinkeln, so wie Ihre Hände zittern! Und wenn Ihnen schon die Hände derart zittern, will ich mir den Schwanz gar nicht erst vorstellen!»
    Avvocato Sciortino zog es vor, ihm den Rücken zuzudrehen und sich zu entfernen. Gezänk passte nicht zu diesem Tag.
    Signora Albasia Chiarapane kam aus Salsetto an. Ein Weib um die fünfzig, einen Meter achtzig groß, mit blonden Haaren, einer Baritonstimme und einer vagen Ähnlichkeit mit einem Straußenvogel, barsch und gebieterisch im Auftreten. Sogar Teresi war von ihr ein bisschen eingeschüchtert. Ihren Sohn Luigino umarmte sie nicht einmal, fragte nicht, was ihm passiert war, sondern fiel sofort über ihn her:
    «Was ist in dich gefahren? Verschwindest tagelang, ohne mir Nachricht zu geben? Benimmt man sich so gegen seine Mutter?»
    «Mama …»
    «Du bist genau wie dein Vater! Beide immerzu mit dem Kopf in den Wolken, und ich muss mich um alles kümmern!»
    «Mama …»
    «Was hast du mit deiner Lippe gemacht?»
    «Mama …»
    «Der Signore, den du nach Salsetto geschickt hast, sagte, du hättest die Influenza. Es sieht so aus, als ob der Anfall vorbei ist. Zieh dich an, wir fahren sofort.»
    «Mama …»
    «Signora, Ihr Sohn hatte eine Gehirnerschütterung, drei ausgeschlagene Zähne, drei gebrochene Rippen und ich weiß nicht wie viele …»
    «Hab ich’s nicht gesagt, dass er den Kopf immer in den Wolken hat? Du bist unter eine Kutsche gelaufen, was?»
    Luigino seufzte. Er schloss die Augen und verkroch sich im Bett. Der Anwalt packte den wütenden Straußenvogel am Arm und zog ihn mit sich bis zu seinem Arbeitszimmer.
    «Wer sind Sie eigentlich?», fragte Signora Albasia.
    «Ich bin Avvocato Teresi, mein Neffe Stefano und ich haben Ihren Sohn gefunden. Er wurde bestialisch verprügelt, danach hat man ihn für tot gehalten, in einen Sack gesteckt und wie ein Stück Vieh auf die Straße geworfen.»
    Der Anwalt erzählte ihr die Geschichte, absichtlich ohne sie zu beschönigen, mit allen grausamen Einzelheiten, er wollte die Frau wütend machen.
    «Hat Luigino den Angreifer erkannt?»
    «Die Angreifer, Signora. Es waren zwei, ein Mafioso und Marchese Cammarata.»
    «Hören Sie, das ist wirklich

Weitere Kostenlose Bücher