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Die Sekte der Engel: Roman (German Edition)

Die Sekte der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Die Sekte der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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gibt es keine Sünde, wenn jemand mit Gewalt gezwungen wurde, eine Sünde zu begehen. Ich hoffe, ich konnte mich verständlich machen.»
    «Vollkommen.»
    Also hatte Rosalia die Absolution erhalten. Aber warum war sie dann so verzweifelt gewesen? Dem Capitano kam eine Idee.
    «Noch eine Frage, Hochwürden. Wie lange ist Rosalia in der Kirche geblieben, erinnern Sie sich daran?»
    «Nun, sagen wir, höchstens zwanzig Minuten.»
    Nein, irgendetwas stimmte da nicht. Signora Giallonardo hatte ihm gesagt, Rosalia sei zwei Stunden später nach Hause zurückgekommen. Angenommen, sie war nur eine halbe Stunde in der Kirche gewesen, wo hatte sie dann die anderen anderthalb Stunden verbracht? Und vor allem: Wem war sie begegnet?
    Er kehrte zur Polizeistation zurück, und der wachhabende Carabiniere teilte ihm mit, ein Herr und eine Dame erwarteten ihn. Er habe die beiden im Büro des Capitano Platz nehmen lassen. Montagnet trat ein, die beiden erhoben sich.
    «Guten Tag, ich bin Avvocato Teresi», sagte der Mann.
    «Und ich bin Signora Albasia Chiarapane.»
    «Guten Tag.»
    Als er sich setzte, bemerkte er, dass er die Anzeige des Krankenhausarztes auf dem Schreibtisch liegengelassen hatte. Er nahm sie und steckte sie in eine Schublade. Dass Teresi genug Zeit gehabt hatte, sie auswendig zu lernen, konnte er nicht wissen.
    «Sprechen Sie.»
    Der Anwalt und die Signora wechselten einen Blick. Die Frau ergriff das Wort.
    «Der Avvocato und ich sind hier, um Anzeige wegen versuchten Mordes an meinem Sohn Luigi zu erstatten.»
    «Hat sich die Tat hier im Ort ereignet?»
    «Ja.»
    «Ist es eine Anzeige gegen Unbekannt?»
    Diesmal sprach Teresi.
    «Nein. Wir erstatten Anzeige gegen Marchese Filadelfo Cammarata und einen bekannten führenden Mafioso der Stadt, der als zù Carmeniddru bekannt ist, dessen Nachnamen wir aber nicht kennen.»
    «Ich kenne ihn», sagte der Capitano. «Er heißt Carmine Pregadio. Wo hält Ihr Sohn sich jetzt auf?»
    «Bei mir zu Haus», sagte Teresi. «Wir haben ihn auf der Straße gefunden, sie hatten ihn in einen Sack gesteckt, offenbar hielten sie ihn für tot.»
    «Als erstes möchte ich seine Zeugenaussage aufnehmen. Kann er hierherkommen?»
    «Dottor Palumbo, der ihn behandelt, hat ihm verboten aufzustehen. Doch wenn Sie zu mir nach Hause kommen wollen …»
    «Gehen wir», sagte Montagnet und erhob sich.
    Nach einer guten Stunde verließ der Anwalt zusammen mit dem Capitano sein Haus, um ihn in die Praxis von Dottor Palumbo zu begleiten, da Montagnet den Arzt als Zeugen vernehmen wollte. Eine Weile gingen sie schweigend, dann platzte Teresi plötzlich mit einem Satz heraus, den er sich eigens zurechtgelegt hatte, um Montagnets Neugierde zu erregen.
    «Das ist doch wirklich seltsam!»
    «Was?», fragte der Capitano.
    «Auch die Tochter von Barone Lo Mascolo ist seit zwei Monaten schwanger.»
    «Wirklich? Und woher wissen Sie das?»
    Er schien jedoch nicht besonders interessiert.
    «Nun ja, er kam in mein Haus gestürmt und hat meinen Neffen Stefano beschuldigt, seine Tochter verführt zu haben.»
    «Hat er ihn bedroht?»
    «Erschießen wollte er ihn!», antwortete Teresi lachend.
    «Nötigung mit Waffengewalt. Wollen Sie ihn anzeigen?»
    «Nein. Er ließ sich überzeugen, dass mein Neffe es nicht war. Aber finden Sie es nicht seltsam, dass zwei unverheiratete Mädchen desselben Städtchens beide seit zwei Monaten schwanger sind?»
    «Nun, was das betrifft, so gibt es gleich vier schwangere Frauen im Ort, die den Namen des, sagen wir, Schuldigen nicht nennen wollen», sagte der Capitano.
    Teresi war wie vom Donner gerührt. Mitten auf dem Platz erstarrte er zu einer Salzsäule. Er konnte nicht wissen, dass Dottor Presti nach einer halben Stunde Verhör nebst Androhung einer zehnjährigen Haftstrafe zusammengebrochen war und dem Capitano alles berichtet hatte, was er von Dottor Bellanca wusste.
    «Wie … wie haben Sie das denn herausgefunden …»
    «Wir sind Carabinieri, oder?»
    Teresi ließ den Capitano mit Palumbo allein und machte sich auf den Weg zu seinem Haus, wo Luiginos Mutter auf ihn wartete. Unterwegs wurde er von Don Anselmo angehalten.
    «Avvocato, eine Bitte.»
    «Zu Diensten, Don Anselmo.»
    «Sie müssen für mich eine Anzeige vorbereiten.»
    «Ich bitte um Entschuldigung, Don Anselmo, aber ist ihr Anwalt nicht der Kollege Sciortino?»
    «Ich habe mich ja auch zunächst an ihn gewandt. Aber er will nichts davon wissen.»
    «Wen wollen Sie denn anzeigen?»
    «Capitano Montagnet wegen

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