Die Sekte der Engel: Roman (German Edition)
anwesende Professor Malatesta erklärt, er würde gegen eine Aufnahme stimmen. Jetzt frage ich den Professore: Sind Sie noch immer dieser Meinung?»
«Aber sicher bin ich noch immer dieser Meinung! Und dies umso entschiedener nach dem, was der Avvocato getan hat, als die Prozession vorüberzog!»
«Wer war übrigens dieser Mann?», fragte Don Liborio.
«Das wissen Sie nicht?», fragte Don Serafino. «Sie sind wahrscheinlich der einzige in diesem Raum, der das nicht weiß. Das ist zù Peppe Timpa, der, sagen wir, vorläufige Stellvertreter von zù Carmineddru.»
«Ich möchte fortfahren», hub der Notar wieder an. «Wenn die Dinge so liegen, steht fest, dass die Abstimmung, bei der sich die angekündigte schwarze Kugel von Professor Malatesta sozusagen schon in der Urne befindet, ungültig sein wird, denn die Aufnahme muss ja einstimmig erfolgen. Abstimmen würde also nur bedeuten, Zeit zu verlieren.»
«Wie verfahren wir denn nun?», fragte der Vorsitzende.
«Wenn Sie mir einen Vorschlag erlauben …»
«Bitte sehr, Notaio.»
«Das Neue, das sich anderntags ereignet hat, nämlich die angekündigte Wahlentscheidung, welche von der Satzung nicht ausdrücklich verboten wird, also zulässig ist, könnte uns helfen. Sie könnten die Mitglieder fragen, wie viele von ihnen die Absicht haben, mit Nein zu stimmen, ohne dass sie Gründe dafür angeben müssen.»
«Wollen die Signori, die beabsichtigen, mit Nein zu stimmen, bitte die Hand heben?», sagte der Vorsitzende.
Rund zwanzig Hände wurden gehoben. Der Vorsitzende wurde blass und verstummte. Abgesehen von fünf oder sechs glühenden Katholiken waren alle anderen dann offensichtlich Leute, die sich der öffentlichen Schmähung von zù Peppi Tinca, oder wie zum Teufel er hieß, nicht anschließen wollten.
Der Notar sprach für den Vorsitzenden.
«Wie Sie sehen, Presidente, wäre es zwecklos gewesen abzustimmen. Mein Vorschlag lautet daher, dass der Avvocato, wenn er unbedingt will, einen dritten und letzten Versuch macht.»
Das Schweigen, das eingetreten war, wurde von der fröhlichen Stimme von Don Stapino unterbrochen:
«Casimiro, bring die Spielkarten her!»
Am Montagabend um sieben Uhr fand die Gemeinderatssitzung statt, bei der über den Vorschlag des Bürgermeisters diskutiert werden sollte, ein schriftliches Gesuch an den Präfekten zu richten, damit er den Anwalt Teresi zum Cavaliere ernannte.
«Ich bitte ums Wort für eine persönliche Äußerung», sagte der Anwalt Mangiameli.
«Sprechen Sie», forderte der Vorsitzende Burruano ihn auf.
«Ich spreche als praktizierender und gläubiger Katholik. Ursprünglich hatte ich die feste Absicht, den Vorschlag des Bürgermeisters zu unterstützen, weil ich zu der Überzeugung gelangt war, dass das Vorgehen des Kollegen Teresi gegen die Pfarrer, die in so schändlicher Weise ihre Mission verraten haben, von einem aufrichtigen Wunsch nach Gerechtigkeit beseelt war. Doch nach dem, was gestern Morgen während der Prozession geschehen ist, habe ich mich eines Besseren belehren müssen. Teresi hat die heilige Feierlichkeit dieses Augenblicks beleidigt! Er hat es gewagt, vor dem Allerheiligsten zu schreien! Ein deutliches Zeichen, dass er nicht die geringste Achtung vor unserer heiligen Religion hat!»
«Und nicht mal vor unserer heiligen Mafia!», brummte jemand halblaut, den keiner ausfindig machen konnte.
«Darum», schloss der Anwalt Mangiameli, «werde ich mit Nein stimmen. Und niemand wird mich davon abbringen können!»
«Ich möchte etwas sagen!», sagte Pasqualino Marchica, Händler mit Getreide und Ackerbohnen.
«Bitte sehr.»
«Bei allem Respekt vor unserem Herrn Bürgermeister, mir ist auch nicht danach, Ja zu sagen. Avvocato Teresi, dessen Meinungen ich respektiere, ist einer, der immer gleich drauflosgeht, ohne zu überlegen. Er verfolgt das Gute, ohne mit dem Schaden zu rechnen, den er andren zufügen kann.»
«Wahre Worte!», bemerkte jemand aus dem Publikum.
«Ich erklär’s euch an einem einzigen Beispiel. Als er entdeckt hat, was diese schweinischen Priester treiben, hat er den Nachttopf voll Scheiße genommen, aber statt ihn in der Jauchegrube auszuleeren, hat er ihn der ganzen Stadt über den Kopf gegossen! Er hat uns alle mit Scheiße beschmissen! Die Pfarrer, die das sicher verdient haben, aber auch die, die das nicht verdient haben! Er hat das Leben von vier Mädchen ruiniert, die …»
«Fünf», sagte jemand.
«… von fünf Mädchen, die …»
«Es sind sieben», tönte es
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