Die Seraphim
zu deuten doch dieser Mann, der sicherlich mehrfacher Millionär sein durfte, verzog nie eine Miene. Er wirkte immer höflich distanziert. Seine Sekretärin hatte es nicht einfach.
„ Natürlich.“
„ In fünf Minuten.“, endete er und verschwand.
Seline blickte kurz auf den Bildschirm. Es würde kein Sinn machen, sich jetzt kurz einzuloggen. Denn würde sie erst einmal das volle Email-Postfach sehen wäre es schwer, direkt zum Chef zu gehen ohne nicht ein Blick auf die vielen Emails zu werfen.
Also entschied sie lieber gleich dem Chef zu folgen.
Sie schritt den mit einem grauen Teppichboden ausgelegten Flur entlang, vorbei an den zahlreichen Malereien von irgendeinem Maler der modernen Kunst, den Seline nicht kannte und dessen Name sie jedes Mal vergaß.
Rechts und links befanden sich immer Büros der gleichen Größe wie dem von Seline. Sie ähnelten sich alle, lediglich unterschiedliche Pflanzen der Mitarbeiter sorgten für eine gewisse Individualität.
Der Flur mündete in ein offenen, freundlich eingerichteten Pause Bereich. Die sogenannten Coffee Corner befanden sich auf jedem Stockwerk und stellten den Treffpunkt der Kollegen dar. Hier konnte man bei einem gemütlichen Kaffee kleinere Besprechungen abhalten oder einfach nur die Zeitung morgens lesen. Ein wenig Pause war jedem Finanzberater in gewissem Rahmen gegönnt. Seline fand sich hier nicht oft ein, mochte aber das freundliche, offene Ambiente. Die Stühle waren in einem sanften Rotton, die Wände blau und eine große Fensterfront sorgte für viel Licht. Neben den riesigen Kaffee-Vollautomaten befanden sich in Regalen ordentlich gestapelt Tassen und Besteck.
Am Ende des nächsten Flures befand sich das Vorzimmer zum Chefbüro. Die Sekretärin Frau Clarsen lächelte Seline freundlich an, als diese nach einem Klopfen eintrat.
„ Hallo Seline. Schön sie wieder zu sehen.“
„ Danke. Herr Ratke wollte mich sprechen.“
„ Ja, gehen sie doch einfach durch.“
„ Ok.“
Sie schritt an dem Schreibtisch von Frau Clarsen vorbei zu einer großen Tür und klopfte kurz an. Es erklang ein leises „Herein“, worauf sie die Tür öffnete und eintrat.
Herr Ratke saß an einem riesigen, mahagonifarbenen Schreibtisch, im Hintergrund die Glasfront mit dem Blick auf angrenzende Bürogebäude. Das Büro war typisch für ein Chefbüro ausgestattet. Kühl, modern, prunkvoll. Doch Seline verschwendete keine Zeit, die Einrichtung zu mustern. Die kannte sie allzu gut.
„ Setzen sie sich.“
Sie tat wie geheißen und saß ihm in dem schweren Stuhl gegenüber.
„ Nun Seline, wie Sie wissen habe ich es sehr bedauert, dass Sie so lange krank geschrieben waren. Immerhin sind Sie eine unserer besten Beraterinnen und die Kunden waren teilweise sehr verärgert, dass sie von anderen Beratern vertreten wurden.“
„ Glauben Sie mir, ich hätte lieber gearbeitet als krank geschrieben mit Schmerzen auf dem Sofa zu sitzen.“, erwiderte sie trocken. Dass sie nur eine Woche auf dem Sofa lag und die restliche Zeit sich mit Vampiren herum getrieben hatte und langsam aber sicher zu einer Kriegerin ausgebildet wurde, verschwieg sie.
„ Natürlich, natürlich.“
„ Weshalb wollten Sie mit mir sprechen Herr Ratke? Ich habe sicherlich viele Emails zu beantworten und würde sehr gerne anfangen zu arbeiten.“
Er nickte und erhob sich.
„ Nun, ich bekam gestern einen Anruf eines sehr mächtigen Mannes, der über viel Kapital verfügt und bekannt ist in unseren Kreisen. Jedenfalls ich kenne ihn sehr gut. Er war lange Zeit bei der Konkurrenz und ist nun zu uns gewechselt. Er befürchtet, dass er bisher nicht gut beraten wurde und möchte sein komplettes Vermögen von uns geprüft bekommen.“
„ Welche Art von Vermögen?“
„ Immobilien, Schmuck, Gold, ich habe keine Ahnung wie viele verschiedene Reichtümer er hat. Das wird einiges an Zeit in Anspruch nehmen.“
„ Sicher.“
„ Und er hat darum gebeten, nein darauf bestanden, dass Sie diesen Job erledigen werden.“
„ Ok, sehr gerne. Aber er wird sich vermutlich gedulden müssen bis ich wieder auf dem neusten Stand meiner Kundschaft bin.“
„ Ihre Kunden wurden vorerst abgegeben Seline.“
„ Was?“
Ärger stieg auf. Sie hatte einen großen Kundenstamm, sehr viele reiche Männer und Frauen nahmen ihre Beratung regelmäßig in Anspruch. Sie sah nicht ein, diesen Kundenstamm einfach so an andere Kollegen abzugeben.
„ Der Kunde möchte, dass sie als seine persönliche Finanzberaterin ständig
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