Die Sextherapie: Roman (German Edition)
runzelte die Stirn. Das war keine Aufforderung gewesen, sich zu setzen. Außerdem war sie noch nicht bereit, sich mit einem Serienehebrecher anzufreunden. Er wollte gerade weitersprechen, als wie aus dem Nichts Verity erschien und sich neben ihn auf einen Stuhl plumpsen ließ. Verity lehnte Pärchenbildung streng ab und schaffte es stets, sich in Situationen wie diese hineinzudrängen, bevor sie zu einer wilden Sexorgie ausarteten.
Wills banales Geplauder war für Shelley ein eindeutiger Hinweis darauf, dass er dringend mit ihr reden wollte, allerdings nicht in Veritys Gegenwart. Offen gestanden wäre ihr auch lieber gewesen, wenn Verity sich getrollt hätte. Es gab da nämlich noch ein paar Einzelheiten in Wills Geschichte, die sie für ihren Artikel klären wollte, insbesondere was die Episode mit Debs in der Badewanne betraf. Doch in Anwesenheit der gestrengen Therapeutin konnte sie ihn schlecht danach fragen.
Während Shelley ihren Tee trank, überlegte sie, was Aidan wohl tun würde, wenn sie versuchte, ihm einen Zeh in den enthaarten Hintern zu stecken. Vielleicht würde sie sich einen blauen Brief einhandeln. Oder würde er über ihren Knöchel kommen?
Das erinnerte sie an ihre erste richtige Verabredung mit Tom. Er war mit ihr nach Bristol gefahren, um sich einen, wie er es nannte, »intellektuellen Film« anzusehen. Wie sich herausstellte, war es Casino mit Robert de Niro und Joe Pesci. Shelley gefiel der Film zwar, aber sie zweifelte, ob er sich als Auftakt für einen romantischen Abend mit einem neuen Freund eignete. Tom war jedenfalls begeistert, und abgesehen von dem verlegenen Moment, als er gerade in dem Augenblick den Arm um sie legte, als die von Joe Pesci gespielte Figur Sharon Stone zwingt, ihm einen zu blasen, war es ganz in Ordnung. Es fühlte sich sogar recht angenehm und entspannt an. Eine kleine Andeutung dessen, was nach dem Film alles geschehen konnte. Eine Vorfreude, die Nervenkitzel auslöste.
Tom begleitete sie auf der Busfahrt nach Hause, obwohl er in der entgegengesetzten Richtung wohnte. Und als sie ausstieg, folgte er ihr, auch wenn es praktischer für ihn gewesen wäre, bis zur Redland Station weiterzufahren und dort auf den nächsten Bus zu warten. Sie standen auf dem Gehweg. Die Nacht war warm und voller banger Erwartung.
»Ich fand es heute Abend wirklich schön«, sagte Shelley.
»Ja, ich auch«, antwortete Tom und betrachtete seine Füße.
Shelley fühlte sich seltsam. Sie spürte ein warmes Prickeln im Unterleib, das nicht von ihrer Periode herrühren konnte. Möglicherweise war es das Gefühl, das ihre Eltern bei ihrem Vortrag über Blümchen und Bienchen gemeint hatten. Natürlich hatten sie sich viel zu viel Zeit damit gelassen, sodass Shelley die wichtigsten Punkte schon kannte. Außerdem war sie bereits in einem Alter gewesen, in dem sie vor Verlegenheit am liebsten schreiend aus dem Zimmer geflohen wäre. Doch sie hatten es ihr erzählt, und nun fiel es ihr wieder ein. Dieses Gefühl sei ganz normal, wenn man jemanden ganz besonders mochte.
»Kann ich vielleicht mit reinkommen?«, nuschelte er. Ach, deshalb war er so nervös.
»Nein«, sagte sie und schüttelte traurig den Kopf. Als er aufblickte, malte sich kurz Ärger in seinen Augen, sodass sie es mit der Angst zu tun bekam. Würde er sich auch so verhalten wie die anderen? Aber er nickte nur. »Nein, natürlich nicht. Ich verstehe. Bis bald also.«
Er machte kehrt und ging davon.
»Hey!«, rief Shelley. Er blieb stehen und wirbelte herum.
«Wo bleibt mein Gutenachtkuss?«
Grinsend lief er zu ihr zurück. Sie küssten sich leidenschaftlich, als ob sie beide bereit für das erste Mal gewesen wären. Es war angenehm, dachte Shelley später. Doch im fraglichen Moment hatte sie sich nur gefragt, ob sie auch alles richtig machte. Sie löste sich von ihm und umarmte ihn.
»Danke, dass du so nett zu mir bist«, sagte sie. Er zuckte die Achseln. Shelley vermutete, dass seine Nettigkeit ihren Grund nur im Mangel an Gelegenheit hatte. Allerdings sind Jungs Pragmatiker. Wenn man ein Mädchen lange genug bearbeitet, kommt man irgendwann zum Ziel. Das glauben sie wenigstens.
Und dann hatte Shelley etwas Impulsives getan. »Meine Eltern fahren am Samstag mit meiner Schwester zum Einkaufen«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Sie werden den ganzen Tag nicht zu Hause sein. Möchtest du vorbeikommen?«
Er nickte wie ein Wackeldackel auf der Hutablage.
»Bis Samstag also«, meinte Shelley und schlenderte mit wiegenden
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