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Die Shakespeare-Morde

Die Shakespeare-Morde

Titel: Die Shakespeare-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Lee Carrell
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Augenblick, auf den sie gewartet hatte, endlich
     gekommen.
    Früher am Abend hatte
     Heinrich, der Fürst von Wales, seine königlichen Eltern und den
     gesamten Hof zum Festmahl geladen, in einem Pavillon aus grünen
     Zweigen, der eigens für diesen Anlass auf einem Hügel im Park
     von Woodstock Palace errichtet worden war. Als die Sterne durch das Blätterdach
     funkelten, wurden die Tische abgetragen, König und Königin zogen
     sich zurück, und die jüngeren Höflinge begannen auf dem
     Rasen mit dem Tanz.
    Eine Reihe von Damen wiegte
     sich im Takt, und ihre Halskrausen wippten wie hauchdünne Flügel,
     als sie um den Fürsten herumtanzten. In ihrer Mitte fiel ein
     Handschuh zu Boden. Er war ein Kleinod von unglaublicher Schönheit,
     elfenbeinblasses Glaceleder mit Spitze gesäumt, die Finger unerhört
     lang und schmal, die breiten Stulpen mit Goldfäden, Perlen und
     Rubinen bestickt.
    Die dunkelhaarige Frau stand
     im Schatten der Bäume und beobachtete gespannt das Geschehen. Wie sie
     angeordnet hatte, war ein junger Mann herbeigeeilt - ein von ihr ausgewählter
     Neuankömmling, der sich beweisen wollte -, um den Preis aufzuheben.
     Sie sah, wie er das Monogramm erkannte, ein filigranes, mit Juwelen
     besticktes H, und seine Hand erstarrte auf halbem Weg. Einen Moment lang fürchtete
     sie, der Mut würde ihn verlassen. Schließlich gehörte der
     Handschuh Frances Howard, der Gräfin von Essex, und niemand legte
     sich leichtfertig mit den Howards an.
    Im Hinblick auf diese
     Gelegenheit hatte sie dafür gesorgt, dass selbst diesem jungen
     Edelmann, der neu am Hof war, die Gerüchte um den Fürsten und
     die kecke flachsblonde Gräfin zu Ohren gekommen waren. Und heute
     hatte er selbst mit ansehen können, wie gierig die Augen des Fürsten
     an Frances klebten.
    Des Edelmanns Mut hielt vor.
     Er hob den Handschuh auf, doch er gab ihn nicht der Dame zurück.
     Stattdessen bot er ihn, den Federhut in der Hand und die Augen fest auf
     den Boden gerichtet, dem Fürsten dar.
    Um sie herum stockte die
     Musik. Die Unterhaltungen brachen ab, und Stille breitete sich aus.
     Entgegen dem harten Drill der Etikette blickte der Höfling auf. Der Fürst
     starrte zu ihm hinunter, als hätte er ihm den Mist vom Boden eines
     Viehstalls angeboten. Dann wandte er sich ab und richtete den königlichen
     Blick auf die Gräfin. Sie sank in einen kleinen Knicks, auf ihren
     Wangen glühten zwei rote Flecken. »Den fasse ich nicht an«,
     sagte der Fürst mit kühler Abscheu. »Den hat ein anderer
     ausgeleiert.« Mit diesen Worten drehte er sich auf dem Absatz um und
     schritt von dannen, während seine Freunde eilig hinterherliefen.
    »Was habt Ihr getan?«,
     stöhnte der Höfling.
    »Euch gut bezahlt«,
     antwortete die Frau und schlüpfte im Schutz des fürstlichen
     Gefolges davon.
    Es war die perfekte Rache
     gewesen. Ihre kleine Tochter war vom Großonkel und vom Vater der Gräfin
     ihres Namens beraubt worden. Im Gegenzug sorgte sie dafür, dass der
     Name der Howards durch den Schmutz gezogen wurde.
    Am Ende war es leichter
     gewesen, als sie erwartet hatte. Sie musste nur die Wahrheit verbreiten. Für
     den Rest hatte Frances Howard Gräfin von Essex selbst gesorgt.
     Verheiratet mit einem Grafen, den sie verabscheute, drängte sie auf
     Annullierung der Ehe, und wurde seitdem von ihrer Familie dem Fürsten
     zum Spielen präsentiert. Ein ungeheuerliches Angebot, denn ihr
     verhasster Ehemann war lange Zeit einer der besten Freunde des Fürsten
     gewesen. Doch Frances’ Erfolg war Zeugnis ihrer reinen Schönheit
     und ihres bezwingenden Charmes. Allmählich trennten sich Essex’
     und des Fürsten Wege. Während andere mit Unbehagen die heißer
     werdende Vorliebe des Fürsten
     beobachteten, hatte die dunkelhaarige Dame Frances beobachtet. Und was sie
     sah, stellte sich als nützlich heraus.
    Nach außen tat das Mädchen
     seine Pflicht. Doch im Verborgenen flirtete sie mit einem Dritten - mit
     jenem Mann, den der sittenstrenge Fürst von allen am meisten hasste:
     seines Vaters schöner junger Liebhaber Robert Carr.   
    Langsam, unaufhaltsam hatte
     die Frau eine Spur von Beweisen ausgelegt, die schließlich des Fürsten
     Verdacht erregten. Eben an diesem Morgen hatte sie bewerkstelligt, dass Fürst
     Heinrich nach seinem täglichen Ausritt an einem Ort vorbeikam, wo er
     selbst mit ansehen konnte, wie Carr aus den Gemächern der Gräfin
     schlüpfte.
    Den ganzen Tag war er übler
     Laune

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