Die Shakespeare-Morde
eigentlich los ist.«
»Er hat etwas gefunden.«
»Die Goldmine«,
flüsterte Mrs Jiménez. »Meine Urgroßmutter hat
immer geglaubt, dass er eine gefunden hat.«
»Es gibt keine Goldmine«,
sagte Mr Jiménez scharf. Er sah von seiner Frau zu mir. »Nicht
da oben. Gold, ja. Aber nicht genug, dass sich der Abbau lohnt. Zwei oder
drei große Mannschaften waren oben, die den alten Geschichten
geglaubt haben, und haben es ausprobiert. Doch die haben ihr Geld mit
weniger glänzendem Metall gemacht.«
Der Goldabbau war eine zerstörerische
Angelegenheit. Dynamit und Tunnel, riesige Stollen, die in den Berg
gegraben wurden. Bitte, betete ich, ohne zu wissen zu wem, bitte, lass
nicht zu, dass sie alles zerstört haben. Laut sagte ich: »Keine
Mine, auch wenn er vielleicht so getan hat.«
Ich hielt die Brosche an der
Kette hoch und öffnete das Medaillon. In möglichst kurzen Worten
erzählte ich ihnen die Geschichte von Pater William Shelton, der 1626
in die Wildnis Neuspaniens geschickt worden war, wo er mit einer Kompanie
spanischer Soldaten irgendwo südwestlich von Santa Fe verschwand.
Mr Jiménez rieb sich
das Kinn. »Zu Pferd ist Santa Fe ziemlich weit von hier. Erst recht,
wenn man bedenkt, dass das Land dazwischen den Weißen ziemlich
unbekannt war und voll von Indianern, die allen Grund hatten, die Spanier
zu hassen.«
»Jem Granville hat die
Spuren von Sheltons Truppe gefunden«, sagte ich. »Er hat an
der Stelle einen Claim abgesteckt.«
Mrs Jiménez warf ihrem
Mann einen Blick zu, dann wandte sie sich an mich. »Wir haben vier
seiner Claims hier auf unserem Land. Meine Urgroßmutter hat ein
…«, sie zupfte an ihrem Küchenhandtuch, »…
eine Pension drüben in Tombstone geführt. Granville hat sich bei
ihr eingemietet. Er war ein Prospektor, aber er war anders als die
anderen. Eben ein Engländer, hat meine Mutter immer gesagt, als würde das ›algún
lust« erklären - einen gewissen Glanz, der um ihn war. Dann lächelte
Mama. Ich habe mir Granville immer mit einer Art Heiligenschein
vorgestellt. Später habe ich erfahren, dass meine Urgroßmutter
aus Frankreich kam. Ich schätze, sie hat andere Europäer als
verwandte, zivilisierte Seelen angesehen, die wie sie unter den rohen
Amerikanern gestrandet waren.«
Sie strich das Handtuch
glatt.
»Großmutter hat
immer gesagt, ihr Engländer hätte eine Goldmine gefunden.
Irgendwann ist er in die Hügel geritten - in die Hügel hier -
und nie zurückgekommen. Das ist lange her, damals während der
Apachenkriege. War nichts Ungewöhnliches, dass jemand einfach nicht
zurückkam. Nach seinem Verschwinden erbte meine Urgroßmutter
seine Sachen. Hauptsächlich Bücher und ein paar Claims. Später,
als die Indianer weg waren, hat sie geheiratet und ist hier raus auf die
Ranch ihres Mannes gezogen. So ist die Bibel bei uns gelandet.«
»Bitte - ich will sie
mir nur ansehen.« In der Dunkelheit vor dem Morgengrauen schien die
ganze Welt enger zusammenzurücken. Ich sprach leiser. »Ich
glaube, er hat in der Bibel eine Botschaft versteckt, die den Ort angibt,
wo er Sheltons Trupp gefunden hat.«
»Warum?«, fragte
Mr Jiménez.
»Weil Shelton etwas
dabeihatte«, sagte Matthew. »Eine andere Art von Gold.«
Die Jiménez’
sahen ihn verständnislos an.
»Ein Buch«, erklärte
ich. »Ein verschollenes Stück von Shakespeare.«
Einen Moment lang sagte
keiner ein Wort. Dann sprach Matthew. »Wenn wir recht haben - wenn
wir das Stück auf Ihrem Grund und Boden finden -, kann es ein Vermögen
für Sie bedeuten. Ich weiß nicht, wie viel es wert ist. Aber
bestimmt ein paar Millionen.«
Mr Jiménez schnaubte.
»Für ein Buch?«
»Für ein
Manuskript«, wollte ich erklären, doch dann beließ ich es
dabei. »Ja, für ein Buch. Aber sein Wert macht es auch gefährlich.
Irgendjemand da draußen ist bereit, dafür zu töten. Letzte
Nacht wurde Athenaide ermordet.«
Mrs Jiménez
bekreuzigte sich. Neben ihr griff Mr Jiménez an seinen Pistolengürtel,
und beim Anblick seiner Waffe bekam ich Gänsehaut. »Heute
Morgen haben Sie etwas anderes gesagt.«
»Ich weiß. Es tut
mir leid.«
»Kennen Sie den Mörder?«
»Er heißt Ben
Pearl. Ich glaube nicht, dass er weiß, wo wir sind, aber beschwören
kann ich es nicht.«
»Das gefällt mir
nicht, Nola«, sagte Mr Jiménez. »Genauso gut können
die beiden hier Señora
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