Die Shakespeare-Morde
vorbei war und sie
endlich von Will abließe. Denn davon ging er aus: dass am Ende er
die Trophäe behalten würde.
In diesem Augenblick wusste
sie, was zu tun war. Sie würde gewinnen, koste es, was es wolle. Im
Kampf um Will Sheltons Herz würde sie Shakespeare besiegen, die
Howards und Gott.
Mit einer schnellen
Handbewegung zog sie den Vorhang zurück, der den Eingang der geheimen
Kapelle verbarg, und trat in die Kammer.
Will sprang auf die Füße,
als er Schritte hörte, und seine Hand glitt zum Schwert, doch als er
sie erkannte, leuchteten seine Augen. »Mylady«, sagte er mit
einer Verbeugung.
»Ihr seid leichtsinnig«,
antwortete sie. »Es hätte jeder sein können.«
»Die Kapelle ist wohl
verborgen.«
»Ich habe Euch gefunden«,
gab sie mit hochgezogener Braue zurück.
»Vor Euch habe ich mich
nicht versteckt«, sagte er.
Sie gestattete ihm, ihre
Finger mit einem Kuss zu berühren, dann beugte sie sich zu ihm.
»Unten wartet ein Maler auf Euch«, murmelte sie. »Und später,
falls er nicht zu lange bleibt, werdet Ihr im Garten noch jemanden finden,
der auf Euch wartet.« Mit einem vielversprechenden Lächeln
rauschte sie davon und ließ ihn allein mit dem betörenden
Veilchenduft und seiner Begierde.
ZWEITER AKT
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14
Mein Bleistift rollte vom
Tisch auf das Korkparkett. Ich duckte mich zufällig im gleichen
Moment, als Sinclair mit einem der Wachmänner und zwei Herren in
dunklen Anzügen im Schlepptau hereinkam. Die Herren im Anzug zeigten
dem Bibliothekar einen Ausweis vor. »Federal Bureau of Investigation«,
sagte der eine mit gedämpfter Stimme. Mehr konnte ich nicht
verstehen. Waren sie meinetwegen hier?
Ich wurde mucksmäuschenstill
und spähte über die Schulter nach Sinclairs Bügelfalten.
Der Bibliothekar kam hinter seinem Schalter hervor. »Hier entlang,
bitte«, sagte er, und die kleine Gruppe machte kehrt und marschierte
zum anderen Ende des Lesesaals, hinauf auf die Galerie mit dem
Zettelkatalog und den Computern.
Ich verrenkte mir den Hals,
um Ben anzusehen. »Der britische Polizist«, sagte ich
stimmlos.
»Gehen Sie«,
sagte Ben leise, ohne den Blick von seinem Buch zu nehmen.
»Aber ich habe erst die
Hälfte …«
»Ich kümmere mich
darum.«
»Ich brauche den ganzen
-«
»Jetzt.«
Ich zog meinen Block vom
Tisch und schrieb Buchladen Mass. Ave. ggüber - Shakespeare Abt. Dann
schob ich Ben die Nachricht hin, stand auf, ging schnell zum Ausgang und
wurde mit einem Summen der Tür hinausgelassen.
In der Lobby saß der
zweite Wachmann in der Sonne, die durchs Fenster fiel, und las den
›Boston Herald‹. Blinzelnd sah er zu mir auf, als ich mit
weichen Knien auf ihn zukam. Ich hielt den Bleistift hoch, um ihm zu
zeigen, dass ich nicht mehr dabeihatte, und er winkte mich lässig
vorbei.
Mit hastigen Schritten ging
ich in den Raum mit den Schließfächern, packte meine Tasche und
steuerte auf den Ausgang zu. Feuchte Hitze empfing mich, als ich die Tür
ins Freie aufdrückte. Hinter mir hörte ich das Summen der Tür
zum Lesesaal. Als ich mich erschrocken umsah, rempelte ich gegen einen
Besucher, der gerade die Treppe zur Bibliothek heraufkam.
Zwei Hände packten mich
an den Schultern und hielten mich fest. »Kate Stanley!«, rief
eine helle Tenorstimme. Unter der Red-Sox-Kappe erkannte ich das
dunkelblonde Haar, die blauen Augen und den kräftigen Körperbau
von Matthew Morris. Harvards zweiter Shakespeare-Professor. »Was um
Himmels willen tust du hier?«
»Ich wollte gerade
gehen.« Herrgott noch mal. Ich hatte keine Zeit für Smalltalk.
Erst recht nicht mit ihm.
Ich versuchte mich
loszumachen, doch er ließ nicht locker. »Seit drei Jahren hab
ich nichts von dir gehört, und du willst tschüs sagen, ohne
hallo gesagt zu haben? Das ist aber nicht sehr nett.«
»Ich dachte, du wärst
in Washington. An der Folger«, erklärte ich mit hörbarer
Irritation.
Er trug Jeans und ein rotes
T-Shirt. Vielleicht weil er aus einer von Bostons ältesten Familien
stammte, strengte er sich besonders an, dem Klischee eines in Tweed gehüllten
Ivy-League-Professors zu widersprechen. »Da war ich auch, bis heute
Morgen in aller Herrgottsfrühe das Telefon geklingelt hat.
Anscheinend haben wir hier einen waschechten Shakespeare-Notfall, und ich
wurde als ortsansässiger Experte dazugerufen.«
Ein
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