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Die Shakespeare-Morde

Die Shakespeare-Morde

Titel: Die Shakespeare-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Lee Carrell
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vorbei war und sie
     endlich von Will abließe. Denn davon ging er aus: dass am Ende er
     die Trophäe behalten würde.
    In diesem Augenblick wusste
     sie, was zu tun war. Sie würde gewinnen, koste es, was es wolle. Im
     Kampf um Will Sheltons Herz würde sie Shakespeare besiegen, die
     Howards und Gott.
    Mit einer schnellen
     Handbewegung zog sie den Vorhang zurück, der den Eingang der geheimen
     Kapelle verbarg, und trat in die Kammer.
    Will sprang auf die Füße,
     als er Schritte hörte, und seine Hand glitt zum Schwert, doch als er
     sie erkannte, leuchteten seine Augen. »Mylady«, sagte er mit
     einer Verbeugung.
    »Ihr seid leichtsinnig«,
     antwortete sie. »Es hätte jeder sein können.«
    »Die Kapelle ist wohl
     verborgen.«
    »Ich habe Euch gefunden«,
     gab sie mit hochgezogener Braue zurück.
    »Vor Euch habe ich mich
     nicht versteckt«, sagte er.
    Sie gestattete ihm, ihre
     Finger mit einem Kuss zu berühren, dann beugte sie sich zu ihm.
     »Unten wartet ein Maler auf Euch«, murmelte sie. »Und später,
     falls er nicht zu lange bleibt, werdet Ihr im Garten noch jemanden finden,
     der auf Euch wartet.« Mit einem vielversprechenden Lächeln
     rauschte sie davon und ließ ihn allein mit dem betörenden
     Veilchenduft und seiner Begierde.

 
    ZWEITER AKT
    _________________________

 
    14
    Mein Bleistift rollte vom
     Tisch auf das Korkparkett. Ich duckte mich zufällig im gleichen
     Moment, als Sinclair mit einem der Wachmänner und zwei Herren in
     dunklen Anzügen im Schlepptau hereinkam. Die Herren im Anzug zeigten
     dem Bibliothekar einen Ausweis vor. »Federal Bureau of Investigation«,
     sagte der eine mit gedämpfter Stimme. Mehr konnte ich nicht
     verstehen. Waren sie meinetwegen hier?
    Ich wurde mucksmäuschenstill
     und spähte über die Schulter nach Sinclairs Bügelfalten.
     Der Bibliothekar kam hinter seinem Schalter hervor. »Hier entlang,
     bitte«, sagte er, und die kleine Gruppe machte kehrt und marschierte
     zum anderen Ende des Lesesaals, hinauf auf die Galerie mit dem
     Zettelkatalog und den Computern.
    Ich verrenkte mir den Hals,
     um Ben anzusehen. »Der britische Polizist«, sagte ich
     stimmlos.
    »Gehen Sie«,
     sagte Ben leise, ohne den Blick von seinem Buch zu nehmen.
    »Aber ich habe erst die
     Hälfte …«
    »Ich kümmere mich
     darum.«
    »Ich brauche den ganzen
     -«
    »Jetzt.«
    Ich zog meinen Block vom
     Tisch und schrieb Buchladen Mass. Ave. ggüber - Shakespeare Abt. Dann
     schob ich Ben die Nachricht hin, stand auf, ging schnell zum Ausgang und
     wurde mit einem Summen der Tür hinausgelassen.
    In der Lobby saß der
     zweite Wachmann in der Sonne, die durchs Fenster fiel, und las den
     ›Boston Herald‹. Blinzelnd sah er zu mir auf, als ich mit
     weichen Knien auf ihn zukam. Ich hielt den Bleistift hoch, um ihm zu
     zeigen, dass ich nicht mehr dabeihatte, und er winkte mich lässig
     vorbei.          
    Mit hastigen Schritten ging
     ich in den Raum mit den Schließfächern, packte meine Tasche und
     steuerte auf den Ausgang zu. Feuchte Hitze empfing mich, als ich die Tür
     ins Freie aufdrückte. Hinter mir hörte ich das Summen der Tür
     zum Lesesaal. Als ich mich erschrocken umsah, rempelte ich gegen einen
     Besucher, der gerade die Treppe zur Bibliothek heraufkam.
    Zwei Hände packten mich
     an den Schultern und hielten mich fest. »Kate Stanley!«, rief
     eine helle Tenorstimme. Unter der Red-Sox-Kappe erkannte ich das
     dunkelblonde Haar, die blauen Augen und den kräftigen Körperbau
     von Matthew Morris. Harvards zweiter Shakespeare-Professor. »Was um
     Himmels willen tust du hier?«
    »Ich wollte gerade
     gehen.« Herrgott noch mal. Ich hatte keine Zeit für Smalltalk.
     Erst recht nicht mit ihm.
    Ich versuchte mich
     loszumachen, doch er ließ nicht locker. »Seit drei Jahren hab
     ich nichts von dir gehört, und du willst tschüs sagen, ohne
     hallo gesagt zu haben? Das ist aber nicht sehr nett.«
    »Ich dachte, du wärst
     in Washington. An der Folger«, erklärte ich mit hörbarer
     Irritation.
    Er trug Jeans und ein rotes
     T-Shirt. Vielleicht weil er aus einer von Bostons ältesten Familien
     stammte, strengte er sich besonders an, dem Klischee eines in Tweed gehüllten
     Ivy-League-Professors zu widersprechen. »Da war ich auch, bis heute
     Morgen in aller Herrgottsfrühe das Telefon geklingelt hat.
     Anscheinend haben wir hier einen waschechten Shakespeare-Notfall, und ich
     wurde als ortsansässiger Experte dazugerufen.«
    Ein

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