Die Sherbrooke Braut
Mädchen hier, die mit Tony verheiratet ist. Und nun kommt auch noch die liebe Juliette. Was für ein heilloses Wirrwarr. Sicher weißt du nicht, was du tun sollst. Es ist jedoch alles deine Schuld. Du wirst eine Regelung finden müssen, um die Dinge wieder in Ordnung zu bringen.«
Und wie genau sollte er, bitte schön, vorgehen, fragte Douglas sich.
Tante Mildred lehnte sich zurück und starrte finster auf ihren Kalbsbraten.
Die verwitwete Countess of Northcliffe antwortete darauf mit glasklarer Stimme: »Ich bin da durchaus deiner Meinung, liebe Mildred. Die ganze Angelegenheit ist zum Verzweifeln. Doch ist es nicht Douglas’ Schuld. Tony und dieses Mädchen sind dafür verantwortlich. Tony hat Melissande genommen und hat Douglas mit diesem - diesem...«
»Mutter«, unterbrach sie Douglas, beugte sich vor und sprach mit leiser, drohender Stimme, »zähme deine Worte. Ich bin der Herr im Haus, und ich bestimme, was getan und was nicht getan wird.«
»Ah«, bemerkte Sinjun und griente ihren Bruder an, »das ist hier die Frage, stimmt’s?«
Douglas kapitulierte. Er hatte über niemanden Autoritätsgewalt, nicht einmal über seine fünfzehnjährige Schwester. Die Witwe fuhr nach einigen Augenblicken in etwas gemäßigterem Ton fort: »Lady Melissande, möchten Sie noch ein wenig Apfelkuchen? Er ist sehr schmackhaft, eine Spezialität unserer Köchin.«
Melissande schüttelte den Kopf und erkundigte sich mit gedämpfter Stimme bei ihrem Mann: »Wer ist diese Juliette?«
»Ah, mein Schatz, Juliette kommt an Schönheit gleich nach dir. Aber nach dir, das schwöre ich.«
»Ich würde sie gerne kennenlernen«, bemerkte Melissande. »Sie scheint reizend zu sein.«
Gott im Himmel, dachte Douglas, das hatte ihm gerade noch gefehlt, zwei hochkarätige Diamanten in seinem Haus, in deren Umkreis jeder Mann in rasende Begierde verfiel und die Fähigkeit verlor, vernünftig zu denken und zusammenhängend zu reden.
»Nun«, meinte Tante Mildred, »ihre Ankunft ist nicht mehr aufzuhalten, es sei denn, ein Wegelagerer raubte sie.«
»Aha, das wäre eine Überlegung wert«, erklärte Tony und grinste in Richtung Douglas, der sich eben an Alexandra gewandt hatte. »Was meinst du, Tysen? Du hast noch nichts gesagt. Würdest du gerne dieser Juliette den Hof machen?«
»Aber nein«, erwiderte Sinjun. »Tysen ist in Melinda Beatrice verliebt. Aber er hat es bald überwunden.« Dann machte Sinjun ein Kreuz.
Tysen schien drauf und dran, seiner Schwester eine Ohrfeige zu verpassen. Doch er hielt sich zurück und antwortete mit dem Ernst eines Henkers: »Ich fahre umgehend nach Oxford zurück, um meine theologischen Studien zu beenden. Diese Juliette klingt in der Tat reizend, aber ich kann nicht bleiben. Es tut mir leid, Tony.«
Damit war das Gespräch beendet.
Douglas blickte zu Alexandra hinüber.
Sie hatte sich geschickt rausgehalten, merkte er jetzt. Sie war stumm und verschlossen geblieben. Oh, sie saß zwar noch auf ihrem Stuhl, aber das Feuer in ihr war gelöscht. Sie wirkte blaß, abweisend und niedergedrückt.
Douglas ertrug es nicht. Er schleuderte seine Serviette auf den Teller und schob den Stuhl nach hinten. »Alexandra, begleiten Sie mich in die Bibliothek, seien Sie so freundlich.« Douglas hatte seine Lektion gelernt. Anstatt einfach aus dem Speisesaal zu gehen, in der Annahme, daß sie ihm automatisch folgen würde, blieb er wartend hinter ihrem Stuhl stehen. Sie blickte leise seufzend zu ihm hoch. Nur keine weiteren Szenen mehr, dachte sie. Mit einem Mal war ihr bewußt, wie alle bei Tisch, einschließlich Hollis und die beiden Lakaien, den Atem anhielten und darauf warteten, was sie als nächstes nun Haarsträubendes anstellen würde.
»Selbstverständlich, Mylord«, gab sie zurück und erlaubte Harry, ihren Stuhl wegzuziehen. Sie legte sogar ihre Hand auf Douglas dargebotenen Arm.
»Entschuldigt uns«, erklärte Douglas. »Bitte, fahr fort, Tony, bemüh dich um etwas Konversation. Und ruiniere meinen Ruf nicht noch mehr, als er es ohnehin schon ist.«
»Ich werde eine Anekdote aus unserer vergeudeten Jugend erzählen«, begann Tony mit einem Blick auf Alexandra.
»O ja, tu das«, freute sich Sinjun. »Ich kann mich erinnern, daß Douglas und Ryder alles auf den Kopf gestellt haben.«
Ehe Douglas und Alexandra das Zimmer verließen, bemerkte die alte Gräfin mit schneidender Stimme: »Armer Douglas. Was soll er bloß mit so einer anfangen? Das war sehr ungezogen von dir, Tony, ihn mit so einer zu
Weitere Kostenlose Bücher