Die Shopping-Prinzessinnen
ich gar nichts gehört hätte, platzte ich mit einer Neuigkeit heraus, die keine war. »Eilnachricht!«, sagte ich: »Denim ist tot!«
Das war natürlich bloß der Angstreflex einer halbtoten Modekorrespondentin, dem ich gleich noch eine ganze Kette von angeblich neuen Erkenntnissen aus der Welthauptstadt der Mode folgen ließ.
Spring hörte geduldig zu, und ich dachte schon, ich hätte sie mit meinen Ausweichmanövern getäuscht, aber das war nicht der Fall.
»Imogene!«, meinte sie. »Das ist eine ernste Situation. Wir brauchen etwas ganz Großes, um den Bericht über die Fashion Week zu ersetzen, sonst sind wir verloren.«
Alle starrten mich an. Evie wedelte mit den Händen und flüsterte aufgeregt: »Na, was sagt sie? Was hat sie gesagt?«
Ich winkte ab. Pst! , machte ich.
»Es hat sich herumgesprochen«, erklärte mir Spring gnadenlos. »Paris ist ab sofort tote Hose. Stonewashed Jeans.«
Ich fing an zu stottern. Ich hatte doch gerade gesagt, dass Jeans tot waren! »Na ja, man kann nicht alles glauben, was so in den Zeitungen steht. Ich meine -«
»Ich rede nicht über die Zeitungen, Süße, ich rede über die Konkurrenz.« Ich hörte über den ganzen Atlantik ihr Feuerzeug klicken, dann folgte ein tiefer Lungenzug. »Ich rede von dieser Person, deren Namen
ich nie wieder hören möchte!« In Spring-Sprache hieß das: Winter Tan, unsere dämonische Feindin. »Du weißt ja aus erster Hand, dass sie nichts unversucht lassen werden, um uns zu demütigen.«
»Ja, aber -«
»Ich werde nicht zulassen, dass es ihnen gelingt, und deshalb -«
Evie zwickte mich. »Sag doch! Was sagt sie? Lässt sie dich in Paris bleiben?«
»Pst!«, wiederholte ich, »kannst du mich vielleicht mal in Ruhe lassen?«
»Was meinst du, Schätzchen?«
»Ach, nichts«, antwortete ich verlegen. »Ich musste nur gerade mein Hündchen beruhigen.« Ich fühlte mich wie eine Idiotin.
Doch Spring ließ sich gar nicht beirren. »Ich muss alle meine Leute hier in New York haben. Mick haben wir gestern Abend gerade noch aus dem Flugzeug geholt.«
»Und was ist mit der neuen Filiale? Hautelaw Paris?«
»Tja, schade. Aber das Timing stimmt einfach nicht. Das muss bis nächstes Jahr warten. Tut mir leid, Schätzchen, du musst sofort zurückkommen.«
Denken, denken, denken, Imogene! Es musste mir sofort was einfallen.
»Aber ich kann doch berichten -«
»Schätzchen, was willst du berichten? Alle berühmten Leute sind längst aufgebrochen! Was gibt es denn da zu berichten?«
In einem Anfall von Verzweiflung trat ich die Flucht nach vorn an. Ich drückte das Kreuz durch und sagte: »Hör mal, Spring. Da gibt es etwas, das ich dir noch nicht erzählt habe. Es sollte eine Überraschung sein. Ich habe an etwas ganz Neuem gearbeitet, etwas ganz anderem …«
Ach, herrje! Hatte ich dem lieben Gott nicht gerade versprochen, ich würde nie wieder lügen? Ich spürte, wie ich rot wurde.
»Das klingt interessant«, sagte Spring …
A lso, ich will mir die Peinlichkeit ersparen, hier im Einzelnen aufzuzählen, was ich Spring alles auftischte. Es war wohl die mega-unverschämteste Lügengeschichte, die man sich vorstellen kann. Aber was soll ein Mädchen wie moi in so einer Lage denn tun?
Als ich schließlich auflegte, hatte mir Spring eine Galgenfrist bis Freitagnachmittag eingeräumt. Wenn ich bis dahin nichts hatte …
»Na, endlich!«, meinte Evie, nachdem ich das Handy weggelegt hatte und auf einen Küchenstuhl gesunken war. »Was war denn los?«
»Sie gibt mir noch vier Tage Zeit!«
»Das ist ja fantastisch! In vier Tagen kann alles ganz anders aussehen! Alles Mögliche kann passieren.«
Wenn sie recht hatte, musste ich jetzt aber wirklich loslegen!
Kapitel 5
Ich hasse Paris. Teil eins
Datum: 6. Juli
Alles, was ich an Paris hasse:
1. Die Sprachbarriere (ach, nee!),
2. die Hundehaufen (schau an!),
3. der Café crème am Morgen ist immer zu klein
4. - oder zu groß, aber was ich am meisten hasse, ist,
5. dass ich aus Paris wegmuss, wenn ich bis morgen Abend keine große Story mehr finde!
D er Ausdruck »wie bestellt und nicht abgeholt« traf leider sehr auf mich zu. Ich hatte mich gestylt wie ein Filmstar und wusste nicht, wo ich mit all meinem Chic hinsollte. Im Verlauf der letzten Tage war ich aus dem siebten Himmel der Modewochen-Ekstase in den siebten Kreis der Teenager-Hölle gerast. Ich fühlte mich wie eine Kandidatin, die gerade achtkantig aus der American-Idol-
Show rausgekickt worden ist. Warum nur,
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