Die Shopping-Prinzessinnen
dass eine neue Weisheit mich heimsucht: Im Zweifelsfall immer einen Schmollmund machen!
O bwohl sie damit gedroht hatte, unsere Pläne zu sabotieren, wusste Brooke eigentlich gar nichts. Worüber regte ich mich denn auf? Was wir für heute geplant hatten, war doch so simpel, dass gar nichts schiefgehen konnte! Sobald wir das Shooting hinter uns hatten, war ich auf dem nächsten Level! Und kein Mensch wusste, was los war.
Außerdem war ich überzeugt, dass der Streik bald vorüber und kein Mensch mehr darüber reden
würde. Vielleicht vergaß ja Brooke auch die Sache mit Monsieur X? Paris war eine große Stadt, da würde sich das Geheimnis schon nicht so schnell rumsprechen. Vielleicht war ja schon längst eine andere große Story im Umlauf.
Nach einem schnellen petit déjeuner mit Red Bull und Sushi (da sieht man, wie’s einem geht, wenn man sich mit Models umgibt), ging’s los.
Caprice war echt super. Sie tauchte mit ihren gedächtnisbehinderten Freundinnen Ferebee und Minty lange vor der Zeit auf, die wir verabredet hatten. Evie hatte zwei Ständer mit herrlichen Röcken, Kleidern und Jacken parat, und ich hatte sämtliche Batterien, Memory Sticks, Kameras und den Camcorder noch mal überprüft. Pünktlich um Viertel vor zehn saßen wir alle im Bus und wollten gerade zur Avenue Montaigne aufbrechen, als mir einfiel, dass ich die juwelenbesetzten Handtaschen oben in der Wohnung vergessen hatte.
Ich sagte Evie, dass ich mit dem Auto nachkommen würde, winkte noch einmal zum Abschied und sauste nach oben. Einmal dort angekommen, schaute ich schnell noch in meine E-Mails. Die Models mussten sich ja noch anziehen, die Haare
richten und schminken. Wozu sollte ich mich also abhetzen?
Tatsächlich hatte ich etliches in meiner Mailbox. Doch nur die eine, die nicht da war, fiel mir so richtig auf. Dreimal dürft ihr raten, welche das war! Aber obwohl ich mir noch immer nicht so ganz sicher war, hatte ich mich allmählich an den Gedanken gewöhnt, dass Paolo vielleicht doch mehr mit meiner Vergangenheit als mit meiner Zukunft zu tun hatte.
Eine E-Mail allerdings konnte ich nicht ignorieren. Sie stammte von Cissy und war mit einem roten Ausrufezeichen als DRINGEND markiert. Es war die einzige, die ich tatsächlich aufmachte.
An: Imogene
Von: Cissy
Thema: Imogenius
Ich bin ja nicht gern ein Spielverderber, aber ich habe in der letzten Zeit Ärger gehabt. Etliche Mädchen haben geschrieben und behauptet, unsere Imogenius SoftWear hätte Macken. Leider ist seit gestern unser Familienurlaub ausgebrochen. Ich habe deshalb allen Leuten deine E-Mail-Adresse gegeben, falls noch Probleme auftauchen. Jetzt erst einmal tschüs!
Ich nahm die Pont Alexandre III (wenn Pegasus von dort oben auf mich herabschaut, kriege ich immer eine Gänsehaut!), dann flitzte ich den Cours Albert
1er zur Rue François 1er hinunter. Es war Sonntag, und da die meisten Einwohner schon in den Ferien waren, waren die Straßen leer. Das heißt, bis zur Avenue Montaigne kam ich gut voran. Doch dann blieb ich im Stau stecken. Ein Hupkonzert wütender Taxifahrer erfüllte die Luft. Erst dachte ich, es wäre ein Unfall, aber als ich mich mit meinem kleinen Smart vorsichtig durch den Verkehr schob, vorbei an neugierigen Passanten und fast leeren Tourbussen, stellte ich fest, dass der Mittelpunkt der Aufregung das Modehaus Christian Dior war – oder besser gesagt: der Bürgersteig vor dem Eingang.
Wann genau ich diesen Knoten im Magen zuerst gespürt habe, weiß ich nicht mehr genau. Der erste kleine Sendewagen beunruhigte mich jedenfalls nicht so besonders (es war bloß eine lokale Radiostation). Man konnte ja damit rechnen, dass die streikenden Models ein bisschen Aufmerksamkeit kriegten. Aber als ich am zweiten, dritten und vierten News Truck vorbeikam, wurde mir richtig flau im Magen. Das war ja das Fernsehen! Und das waren keine lokalen Sender, das war CNN! Und als ich schließlich unseren Bus sah, der von einer riesigen Menschenmenge eingekeilt war, begannen meine Eingeweide olympiareife Purzelbäume zu schlagen.
Die Massen waren im Aufruhr. Die Leute jubelten und applaudierten, während die Kameras greller blitzten als das Silvesterfeuerwerk in New York. Ich fand einen winzigen Parkplatz neben einem Zwölf-Meter-News-Truck, schnappte mir ein paar von den
falschen Handtaschen, die auf dem Beifahrersitz lagen, und bahnte mir einen Weg durch die brodelnde Menge. Aus der Entfernung hörte ich einen dünnen Sprechchor: »Rückt endlich
Weitere Kostenlose Bücher